DFP-Literaturstudium Assistierter Suizid: Handlungsempfehlungen für den klinischen Alltag
verfasst von:
Ao. Univ.-Prof. Dr. Barbara Friesenecker, Christian Roden, Andreas Valentin, Sonja Fruhwald, Helga Dier, Dietmar Weixler, Alois Birklbauer
Das korrekte Vorgehen bei der Totenbeschau nach einem vollzogenen assistierten Suizid (AS) sorgte in Österreich nach Inkrafttreten des Sterbeverfügungsgesetzes am 01.01.2022 für Verwirrung. Da die Gesetzgebung zur Totenbeschau in den Bundesländern unterschiedlich geregelt ist, wird das Hinzuziehen der Polizei, die darauffolgende Meldung bei der Staatsanwaltschaft und eine evtl. notwendige gerichtliche Obduktion unterschiedlich gehandhabt. Da der AS in den meisten „Todesart-Dokumentationen“ noch keine eigene Entität mit einer nachfolgend klar definierten Handlungsanweisung ist, ist vor allem in Bundesländern, wo gesetzlich zwischen einer natürlichen und unnatürlichen Todesart unterschieden wird, die Verständigung der Polizei bei einem AS gefordert, obwohl der AS nicht illegal (=straffrei gestellt), aber eben eine unnatürliche Todesart ist. Es wird von den politischen Akteur:innen eine bundesländerübergreifende einheitliche Regelung in Österreich angestrebt. Um die korrekte Dokumentation eines AS zu verbessern, müssen Arbeitgeber:innen medizinischer Einrichtungen aller Art jedenfalls dringlich für ihre Todesfalldokumentation die Dokumentation eines stattgehabten „AS als eigene Todesart“ einräumen.
Hinweise
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Hinweis des Verlags
Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.
Vorbemerkung
Aufgrund mehrfacher Nachfragen und intensiver Diskussionen auf den jüngsten Fachkongressen und Fortbildungsveranstaltungen haben sich die Autor:innen eines DFP-Literaturstudiums, das unter dem Titel „Assistierter Suizid: Handlungsempfehlungen für den klinischen Alltag“ im vergangenen Jahr in den ANÄSTHESIE NACHRICHTEN publiziert wurde [1], entschlossen, ein Amendment mit einer Erweiterung des Textes zur Totenbeschau zu verfassen.
Einleitung
In den mittlerweile 2,5 Jahren praktischer Erfahrung mit dem Sterbeverfügungsgesetz hat sich durch die unterschiedliche Handhabung in den österreichischen Bundesländern wiederholt die Frage ergeben, ob totenbeschauende Ärzt:innen nach einem assistierten Suizid (AS) jedenfalls immer die Polizei verständigen müssen, verbunden mit einer Meldung an die Staatsanwaltschaft und allenfalls einer nachfolgenden gerichtlichen Obduktion – selbst, wenn kein Verdacht auf eine illegale Handlung vorliegt. Der Grund für verschiedene Ansichten liegt letztlich darin, dass die landesgesetzlichen Vorschriften zum Bestattungswesen deutlich älter sind als die Regelung des AS und vielfach nicht auf den Verdacht auf eine illegale Handlung abstellen, sondern allein auf das Vorliegen einer unnatürlichen Todesursache.
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Die Autor:innen wollen daher den entsprechenden Absatz „Totenbeschau nach AS“ im DFP-Fortbildungspapier folgend anpassen.
Amendment
Mit dem Ableben des:der Patient:in muss eine Todesfeststellung – im Krankhaus durch die zuständigen Fachärzt:innen, in anderen Einrichtungen durch Amtsärzt:innen – durchgeführt und eine Meldung des:der Totenbeschauärzt:in ans Sterbeverfügungsregister geschickt werden, dass Patient:in im Rahmen eines AS verstorben ist. Unabhängig von der Meldepflicht an das Sterbeverfügungsregister verpflichten verschiedene Landesgesetze die Totenbeschauärzt:innen bei einer „unnatürlichen Todesursache“ auch zu einer Anzeige an die Kriminalpolizei oder Staatsanwaltschaft. Dies kann einen Besuch der Kriminalpolizei zur Folge haben, allenfalls auch mit einer zusätzlichen von der Kriminalpolizei bzw. der Staatsanwaltschaft angeordneten Leichenbeschau. Hierzu sind die Regelungen nicht in allen Bundesländern einheitlich. Das Problem ist den politischen Akteur:innen bekannt. Es werden Überlegungen angestellt, um einerseits Doppelgleisigkeiten zu vermeiden, andererseits auch die Hinterbliebenen nicht zu sehr zu belasten.
Hinweise für die Praxis
Es ist den Autor:innen wichtig, im Rahmen dieses Amendments nochmals darauf hinzuweisen, dass Arbeitgeber:innen (medizinische Einrichtungen aller Art, Notarztsysteme etc. …) für ihre Todesfalldokumentation eine Rubrik schaffen müssen, welche die Dokumentation eines stattgehabten AS als eigene Todesart ermöglicht.
Die Autor:innen wollen weiters daran erinnern, dass vom betreuenden medizinischen Team freiwillig eine Meldung ans ASCIRS erfolgen sollte („assisted suicide critical incident reporting system“ der Österreichischen Palliativgesellschaft; www.ascirs.at). Dabei ist inhaltlich zwischen einem vollendeten, abgebrochenen und angefragten AS zu unterscheiden. Die:der totenbeschauende Ärzt:in muss die Meldung ans Sterbeverfügungsregister machen.
B. Friesenecker, C. Roden, A. Valentin, S. Fruhwald, H. Dier, D. Weixler und A. Birklbauer geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
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