Apotheker haben sich im Verlauf der Geschichte immer wieder als Erfinder betätigt. So gab es bereits im 19. Jahrhundert Ansätze zur Überwindung von Kommunikationshürden auf dem Weg von der ärztlichen Verschreibung zur Apotheke und schließlich zum Patienten.
Julius Neubronner schickt eine seiner fotografierenden Tauben auf die Reise.
Archiv Österreichische Apothekerkammer (5)
Julius Neubronner wurde die Leidenschaft für Pharmazie und Brieftauben quasi in die Wiege gelegt. Bereits sein Vater, Wilhelm Neubronner, ein Apotheker aus dem hessischen Kronberg im Taunus, hatte eine Methode entwickelt, um die Zeit zwischen der ärztlichen Verschreibung und dem Zubereiten der Arzneimittel in seiner Apotheke zu verkürzen.
Er trainierte Brieftauben und stationierte sie bei den Ärzten der Nachbarorte. Diese Tauben brachten dann sehr schnell Rezepte, die an ihren Beinen befestigt wurden, zur Apotheke und Arzneimittel in kleinen Rucksäcken zurück in die Ordinationen. Schon bald wurden die fliegenden Boten von den Einheimischen „Giftadler“ genannt.
Zwei Objektive erhöhten die Chance auf brauchbare Aufnahmen.
Fotos aus der Vogelperspektive
Auch sein Sohn schlug die Apotheker-Laufbahn ein und setzte Tauben ein, um Rezepte, Medikamente und Ausgangsstoffe schneller befördern zu können. Aber Julius Neubronner kam durch Zufall noch eine viel ungewöhnlichere Idee. Als eine seiner Tauben im Nebel die Orientierung verlor und für vier Wochen verschwand, rätselte er, wo die Taube wohl überall gewesen sein könnte. Der neugierige Apotheker beschloss, seine Tauben mit einem winzigen Fotoapparat auszustatten.
Eine Taube konnte die leichte Kamera tragen.
Bauplan der Brieftauben-Kamera als Teil der Patentschrift aus 1907.
In akribischer Kleinarbeit entwickelte er eine sehr leichte Miniaturkamera mit Selbstauslösefunktion und befestigte sie an Brust und Flügelansätzen seiner Tauben. Dadurch konnte er im wahrsten Sinn des Wortes Bilder aus der Vogelperspektive schießen lassen und die Wege seiner Vögel nachverfolgen. Durch diese Erfindung wurde Julius Neubronner zum Pionier der Luftbildfotografie.
Der kommerzielle Erfolg blieb aus
1908 erhielt er das Patent für seine Brieftaubenfotografie und stellte sie unter anderem auf der ersten Internationalen Luftschifffahrtausstellung vor. Seine Erfindung brachte Neubronner Anerkennung, Preise und Bekanntheit ein, ein dauerhafter kommerzieller Erfolg wurde sie jedoch nicht. Im Ersten Weltkrieg und danach gab es Versuche, sie zur militärischen Luftaufklärung und Spionage einzusetzen. Der Durchbruch blieb jedoch auch in diesem Kontext aus – wohl auch aufgrund der großen Fortschritte in der motorisch angetriebenen Luftfahrt zu dieser Zeit.
Als Luftbildaufnahme mit Hilfe einer Brieftauben-Kamera.