Open Access 21.03.2022 | Originalien
Das Mikrobiom bei juveniler idiopathischer Arthritis, Teil 2
Erschienen in: Pädiatrie & Pädologie | Ausgabe 2/2022
Zusammenfassung
Die Entstehung der juvenilen idiopathischen Arthritis (JIA), der häufigsten rheumatischen Erkrankung im Kindesalter, wird durch genetische Prädisposition, umweltbezogene Faktoren und immunologische Mechanismen beeinflusst. Eine entscheidende Rolle wird der humanen Mikrobiota zugeschrieben, die sich in den Epithelzellen des Darms, der Haut und des Respirationstrakts befindet. Für die Entwicklung und Funktion einer gesunden Immunabwehr ist ein komplexes Zusammenspiel zwischen Immunsystem und Mikrobiota essenziell. Durch eine Störung des Gleichgewichts kommt es zur sogenannten Dysbiose, einer pathologisch veränderten Zusammensetzung des Mikrobioms, die durch überschießende Immunreaktionen zu Entzündungsprozessen führt und damit die Entstehung immunmediierter Erkrankungen begünstigt. Ein pathologisch verändertes Mikrobiom rechtzeitig zu erkennen und das physiologische Gleichgewicht wiederherzustellen, könnte in der Prävention und in der Therapie mikrobiomassoziierter Erkrankungen neue Möglichkeiten eröffnen.
Das menschliche Mikrobiom scheint eine entscheidende Rolle bei der Entstehung immunmediierter Erkrankungen, einschließlich juveniler idiopathischer Arthritis (JIA), zu spielen. Die Zusammensetzung des Mikrobioms unterscheidet sich im Rahmen dieser Erkrankungen von jener von gesunden Personen. Es konnte nachgewiesen werden, dass das Mikrobiom sowohl die Entwicklung des Immunsystems als auch die Integrität der Darmschleimhaut und die Differenzierung der T‑Zellen beeinflusst. Dies könnte zu einer Dysregulation des Immunsystems und in weiterer Folge zur Entstehung der JIA beitragen. Die Möglichkeit die Zusammensetzung des Mikrobioms zu beeinflussen und gegebenenfalls zu verändern, würde neue Perspektiven für zukünftige Behandlungsmaßnahmen eröffnen [18].
Neben der Aufnahme wichtiger Nährstoffe aus der Nahrung ist die Immunfunktion eine weitere wesentliche Aufgabe des Verdauungstrakts. In der Darmwand befinden sich zahlreiche Lymphfollikel, die aufgrund der großen Oberfläche des Darms einen erheblichen Anteil am menschlichen Immunsystem ausmachen [20]. Die Entstehung des Immunsystems wird durch das Mikrobiom auf unterschiedliche Arten beeinflusst [18].
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Einerseits bewirkt das Mikrobiom die Entwicklung der Darmschleimhaut, die eine wichtige Barriere darstellt. Fehlfunktionen dieser Barriere können durch ein Ungleichgewicht in der Zusammensetzung der Mikroorganismen oder durch Freisetzung entzündlicher Trigger entstehen. Dies führt zu einer gesteigerten Permeabilität der Barriere, die in der Verbreitung bakterieller Komponenten resultiert und zu einer systemischen Entzündung führen kann [18]. Dies kann bei allen Subtypen der JIA beobachtet werden [11].
Andererseits ist das Mikrobiom essenziell für die physiologische Entstehung und Reifung des darmassoziierten lymphatischen Gewebes. Dieses wiederum ist unabdingbar für die Entwicklung eines funktionierenden Immunsystems [18]. Die intestinale Mikrobiota moduliert lokale und systemische Immunreaktionen und spielt eine entscheidende Rolle in der Immunhomöostase. Sowohl das angeborene als auch das erworbene Immunsystem werden durch die Zusammensetzung des Mikrobioms geprägt und geformt [7].
Darüber hinaus scheint das Mikrobiom Einfluss auf die Differenzierung der T‑Zellen, insbesondere regulatorischer T‑Zellen, sowie T‑Helferzellen 1 und 17 zu haben. T‑Zellen wird eine bedeutende Rolle in der Entwicklung der Autoimmunität zugeschrieben. Ein Ungleichgewicht zwischen den einzelnen Subtypen dieser T‑Zellen, das durch vermehrte Induktion von T‑Helferzellen entstehen kann, resultiert in einer Autoimmunreaktion [18]. Rogier et al. zeigten auf, dass ein solches Ungleichgewicht möglicherweise durch Aktivierung von Toll-like-Rezeptoren (TLR) getriggert wird, wobei dem Mikrobiom dabei eine zentrale Funktion zugeschrieben wird. TLR auf der Oberfläche von antigenpräsentierenden Zellen (APC) verstärken das antigenspezifische Signal und bewirken so eine vermehrte Freisetzung von T‑Helferzellen [13].
Die Interaktion zwischen Wirt und Mikrobiom verschafft beiden Seiten Vorteile. Während der Wirt den Mikroorganismen eine Nische und die Versorgung mit Nährstoffen bietet, reguliert das Mikrobiom zahlreiche essenzielle physiologische Prozesse. Das Immunsystem muss in der Lage sein, potenzielle Pathogene zu eliminieren und gleichzeitig unverzichtbare Kommensalen zu tolerieren. Diese Balance zwischen Abwehr und Toleranz zu finden, ist eine schwierige und gleichzeitig unverzichtbare Aufgabe des Immunsystems [18].
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Die Interaktion zwischen Mikrobiom und Immunsystem scheint erheblich zur Entstehung der JIA beizutragen. Zahlreiche Studien weisen die Rolle eines veränderten Mikrobioms auf die Entwicklung des kindlichen Rheumas nach [18].
Malin et al. untersuchten die Aktivität bakterieller Enzyme im Stuhl von Patientinnen und Patienten mit JIA und verglichen diese mit jener bei gesunden Kindern. Es zeigte sich eine deutlich höhere Ureaseaktivität im Stuhl der erkrankten Kinder, die vermutlich auf den höheren Anteil anaerober Bakterien zurückzuführen ist [10].
Eine Analyse der Zusammensetzung des fäkalen Mikrobioms bei Kindern, die bereits an JIA erkrankten, zeigte einen höheren Anteil an Bacteroides sowie einen geringeren Anteil an Firmicutes [16]. Die Zunahme an Bacteroides wurde nur bei pädiatrischen Patientinnen und Patienten, nicht jedoch bei Erwachsenen nachgewiesen. Das könnte darauf hinweisen, dass dieser Bakterienstamm, dessen Einfluss auf die Entwicklung des Immunsystems bereits im Rahmen anderer pädiatrischer Autoimmunerkrankungen gezeigt wurde, eine entscheidende Rolle in der Pathogenese der JIA spielt [17]. Ausschlaggebend für die Entstehung immunmediierter Erkrankungen scheinen jedoch nicht nur eine Zu- oder Abnahme von Bacteroides oder Firmicutes, sondern vor allem das Verhältnis der beiden zueinander zu sein [16].
Die physiologische Zusammensetzung des Mikrobioms wird im Lauf des Krankheitsprozesses gestört. Es wird angenommen, dass diese Veränderungen durch chronische Entzündungen und Katabolismus hervorgerufen werden. Es stellt sich jedoch die Frage, ob die mikrobielle Dysbiose Ursache, Folge oder Nebeneffekt der JIA ist [16]. Wie bereits andernorts erwähnt, wird die Zusammensetzung des Mikrobioms mit der Entstehung von Entzündungsprozessen in Zusammenhang gebracht. Ausschlaggebend ist hier vor allem die verminderte Vielfalt des Mikrobioms, wie sie im Rahmen der JIA beobachtet werden kann. Es konnte jedoch kein signifikanter Unterschied zwischen aktivem und inaktivem Krankheitsstadium festgestellt werden [7].
Des Weiteren kann eine Dysbiose des Mikrobioms durch regelmäßige Antibiotikagabe hervorgerufen werden [2]. Arvonen et al. untersuchten den Zusammenhang zwischen der Einnahme von Antibiotika und der konsekutiven Entwicklung einer JIA. Es zeigte sich, dass vor allem häufige Antibiotikaeinnahmen in der Kindheit zu einer Störung des sich entwickelnden und daher besonders vulnerablen Mikrobioms führen [3]. Langzeitauswirkungen betreffen sowohl die Zusammensetzung des Mikrobioms als auch dessen immunologische Funktionen [2]. Infolge des gestörten Gleichgewichts besteht ein deutlich höheres Risiko, an JIA zu erkranken. Dies wurde vor allem nach Einnahme von Lincosamiden und Cephalosporinen, die gegen grampositive Erreger eingesetzt werden, beobachtet [3].
Studienergebnisse von Horton et al. belegen ebenfalls einen eindeutigen Zusammenhang zwischen erhöhter Antibiotikaexposition und der Entstehung einer JIA. Interessanterweise wurde dies nur für antibiotische Behandlungen, nicht jedoch nach antiviraler oder antimykotischer Therapie nachgewiesen [8].
Gelenkentzündungen könnten aufgrund einer pathologisch veränderten Mikrobiota auftreten [12]. Im Rahmen der JIA kann es zu abnormen, mikrobenspezifischen, systemischen Immunantworten kommen. Das Vorhandensein einer bestimmten bakteriellen Spezies kann bereits in geringer Anzahl zu überschießenden Reaktionen des körpereigenen Immunsystems führen und infolgedessen eine systemische Entzündungsreaktion hervorrufen. Dies wird auf immunologische Targets zurückgeführt, die bei pädiatrischen Patientinnen und Patienten anders als bei Erwachsenen zu sein scheinen [2].
Stoll et al. wiesen eine direkte Proportionalität zwischen Serum-IgA gegen Bacteroides fragilis und fäkalen Bacteroides bei Kindern mit Enthesitis-assoziierter Arthritis nach. Bei der gesunden Kontrollgruppe hingegen zeigte sich diese Kausalität nicht, was darauf schließen lässt, dass erkrankte Kinder eine pathologische Immunantwort gegen bestimmte Mikroorganismen aufweisen [15]. Gesteigerte Immunreaktionen sind jedoch nicht auf das Krankheitsbild der Enthesitis-assoziierten Arthritis reduziert. Erhöhte Antikörpertiter wurden auch bei anderen Subtypen der JIA nachgewiesen [9].
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Die intestinale Schleimhaut verhindert überschießende Reaktionen des Immunsystems, indem den Darmbakterien der Zugang zu lymphatischen Geweben verwehrt wird. Auf diese Weise stellt die intestinale Mikrobiota eine funktionierende Barriere innerhalb der Darmschleimhaut sicher [4]. Es besteht eine klare Evidenz dafür, dass diese Funktion bei Kindern mit JIA gestört ist. Durch Undichtheit der Darmschleimhaut kommt es zu einer gesteigerten Permeabilität, die zur Entwicklung systemischer Entzündungen beiträgt [16].
Möglicherweise handelt es sich bei den Funktionsstörungen der mukosalen Immunität um ein weit verbreitetes Phänomen bei Kindern mit JIA. Der direkte Zusammenhang mit der menschlichen Mikrobiota wurde bislang nicht eindeutig nachgewiesen [2]. Aktuellen Studien zufolge konnten subklinische intestinale Entzündungsprozesse bei Kindern mit Spondylarthritis nachgewiesen werden. Die Veränderungen des intestinalen Mikrobioms sind vergleichbar mit jenen bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen [14]. Es ist daher wahrscheinlich, dass sowohl Veränderungen des intestinalen Immunsystems als auch der intestinalen Mikrobiota eine entscheidende Rolle in der Pathogenese entzündlicher Erkrankungen, insbesondere der JIA, spielen [16].
Die Zusammensetzung des intestinalen Mikrobioms wird durch die Aufnahme verschiedener Nährstoffe beeinflusst und kann so durch wechselnde Ernährungsgewohnheiten verändert werden. Je nachdem ob vermehrt ballaststoffreiche Nahrungsmittel konsumiert oder überwiegend tierische Eiweiße, Einfachzucker oder Fette aufgenommen werden, variiert die Zusammensetzung der intestinalen Mikrobiota. Die größte Veränderung tritt bei Kleinkindern mit Beginn der Beikost auf. Nach dem Abstillen stabilisiert sich die Zusammensetzung des Mikrobioms und weist Ähnlichkeit mit dem Mikrobiom eines Erwachsenen auf. In dieser vulnerablen Phase wird der Grundstein für ein gesundes Leben in Bezug auf eine ausgewogene Ernährung und eine physiologische Darmflora gelegt [7].
In den vergangenen Jahren wurde der Einfluss verschiedener Ernährungsgewohnheiten auf die Zusammensetzung der intestinalen Mikrobiota im Rahmen zahlreicher Studien belegt [5, 6, 19]. De Filippo et al. wiesen erstmals nach, dass sich das Mikrobiom afrikanischer Kinder deutlich von jenem europäischer Kinder unterscheidet. Analysiert wurde das intestinale Mikrobiom gesunder Kinder im Alter zwischen einem und sechs Jahren. Die afrikanischen Kinder stammten aus einem ländlichen Ort in Burkina Faso und ernährten sich überwiegend vegetarisch, vor allem von Hirse, Gemüse und Hülsenfrüchten, während die aus Italien stammenden europäischen Kinder eine typisch westliche Ernährungsform aufwiesen. Das Mikrobiom der afrikanischen Kinder zeigte eine deutlich höhere Biodiversität und beinhaltete auch jene Bakterien, die in der Lage sind, Zellulose zu verdauen, wie Prevotella, Xylanibacter, Butyrivibrio und Treponema. Diese Bakterien ermöglichen eine maximale Energiegewinnung aus unverdaulichen Nahrungsbestandteilen und liefern dem Darm nützliche Bestandteile. Trotz prekärer hygienischer Bedingungen und der Gefahr, sich mit zahlreichen Krankheiten zu infizieren, wies das Mikrobiom der afrikanischen Kinder einen geringeren Anteil an pathogenen Bakterien wie Escherichia coli oder Shigella auf, die bei den italienischen Kindern jedoch nachgewiesen wurden [5].
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Die Zusammensetzung des intestinalen Mikrobioms variiert je nach Ernährungsgewohnheiten. Fett- und proteinreiche Ernährung wird mit einem vermehrten Vorkommen von Bacteroides in Zusammenhang gebracht, während Prevotella bei kohlenhydrat- und zuckerreicher Ernährung dominieren. Eine erhöhte Anzahl an Bacteroides kann vor allem in Industriestaaten beobachtet werden, während Prevotella als Marker für ländliche, traditionelle Kulturen angesehen werden [1].
Ein moderner Lebensstil, insbesondere der Verzehr von Nahrungsmitteln mit hohem Fett- und Zuckeranteil und industriell verarbeiteten Lebensmitteln, verändert die Zusammensetzung des menschlichen Mikrobioms und dessen metabolische Funktionen. Der Verlust begünstigender Symbionten zugunsten schädigender Mikroorganismen prädisponiert für nicht übertragbare Krankheiten. Eine Veränderung des intestinalen Mikrobioms kann vor allem im Rahmen von rheumatischen Erkrankungen beobachtet werden, da Darmbakterien eine entscheidende Rolle in der Pathogenese dieser Krankheiten spielen. Künstliche Ernährung wird mit einem erhöhten Risiko für Autoimmunerkrankungen in Zusammenhang gebracht, während Stillen protektiv zu wirken scheint [7].
Die Möglichkeit, die Zusammensetzung des intestinalen Mikrobioms durch Ernährungsgewohnheiten zu beeinflussen, lässt hoffen, dass durch diätische Interventionen ein positiver Effekt erzielt werden kann. Bislang zeigten diese Interventionen bei Kindern eine bessere Wirkung als bei Erwachsenen und versprechen damit weittragende Erfolge in der Therapie des kindlichen Rheumas. Das höhere Ansprechen bei jungen Patientinnen und Patienten ist möglicherweise auf banale Gründe zurückzuführen, wie konsequentere Einhaltung der Therapievorgaben und kürzere Erkrankungsdauer. Des Weiteren spielt die Vulnerabilität des sich entwickelnden Mikrobioms eine entscheidende Rolle, da in dieser Phase langanhaltende Veränderungen erzielt werden können. Beobachtungen zufolge können Ereignisse, die in den ersten Lebenstagen auftreten, zu Veränderungen des Mikrobioms führen, die das zukünftige Krankheitsrisiko des Kindes beeinflussen. Möglicherweise bietet die Kindheit damit eine einzigartige Möglichkeit, den Verlauf der Krankheit zu verändern, da bei Kindern eine weitaus höhere Wahrscheinlichkeit besteht, dass das Mikrobiom durch diätische Interventionen therapeutisch positiv beeinflusst werden kann [14].
Neuesten Forschungsergebnissen zufolge kann eine Störung der intestinalen Mikrobiota zur Entwicklung einer JIA beitragen [7]. Nach heutigem Wissensstand zeigt sich zum Zeitpunkt der Diagnosestellung und noch vor Therapiebeginn eine veränderte Zusammensetzung des Mikrobioms. Kinder mit JIA weisen eine Fülle an Bacteroides auf, während Firmicutes in geringem Ausmaß vorhanden sind. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass bei Patientinnen und Patienten mit JIA ein modifiziertes Mikrobiom vorherrschend ist [16]. Ähnliche Konstellationen finden sich auch im Rahmen anderer Autoimmunerkrankungen, wie Diabetes mellitus Typ 1 und chronisch entzündlichen Darmkrankheiten [2]. Offen bleibt die Frage, ob nur umfassende oder auch bereits geringe Veränderungen des Mikrobioms die Entstehung einer JIA beeinflussen können und ob eher die Abwesenheit protektiver oder die Anwesenheit schädigender Kommensalen entscheidend ist [18].
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Verglichen mit einer gesunden Vergleichspopulation kann bei Kindern mit JIA im Allgemeinen eine verminderte Diversität der Mikrobiota beobachtet werden. Damit ist zwischen der Dysbiose und dem Ausbruch des kindlichen Rheumas ein eindeutiger Zusammenhang zu erkennen [7]. Es besteht eine zunehmende Evidenz für diese Kausalität, doch die Forschung steht diesbezüglich noch ganz am Anfang. Untersuchungen der Zusammensetzung des Mikrobioms und mögliche Veränderungen im Rahmen der JIA sind rein deskriptiv. Damit ist das funktionelle Potenzial der humanen Mikrobiota bislang nur hypothetisch. Zukünftige Forschungen sollten nicht nur der Klärung dieser Fragen nachgehen, sondern auch den möglicherweise günstigen Effekt immunmodulatorischer Funktionen in die Untersuchungen einbeziehen [7].
Das Auftreten ähnlicher mikrobieller Veränderungen im Rahmen verschiedener Autoimmunerkrankungen deutet darauf hin, dass ungewöhnliche Immunreaktionen an der Pathogenese beteiligt sind. Verschiedenste Umweltfaktoren, Diät und der unüberlegte Einsatz von Antibiotika scheinen einen erheblichen Einfluss auf die Modifizierung des Mikrobioms zu haben [16]. Möglicherweise wirken sich diese Faktoren vor allem in einem kritischen Zeitfenster, nämlich während der Entwicklung des Immunsystems, negativ auf die Entstehung des Mikrobioms und in weiterer Folge auf das Auftreten verschiedener Autoimmunerkrankungen aus [2].
Des Weiteren beeinflusst eine gesunde mukosale Flora die Barrierefunktion und verhindert überschießende Reaktionen des lymphatischen Gewebes. Bei Kindern mit JIA wurde eine Undichtheit der intestinalen Barriere festgestellt. Insbesondere bei Patientinnen und Patienten mit gastrointestinalen Symptomen zeigten sich eine antigeninduzierte Aktivierung der intestinalen Schleimhaut und geringere Level antiinflammatorischer Mediatoren [16].
Die Ergebnisse der Studien stimmen nicht immer zur Gänze überein, was mit der Heterogenität der untersuchten Populationen in Hinblick auf die Größe der Kohorte, den Krankheitsverlauf, bisherige Therapien und die verschiedenen Subtypen der JIA begründet werden kann. Des Weiteren kann die individuelle Vielfalt die Unterschiede in der Zusammensetzung des intestinalen Mikrobioms und dessen Einfluss auf Entzündungsprozesse erklären [7].
Die Zusammensetzung des Mikrobioms im Rahmen der JIA weist Ähnlichkeiten mit jener Zusammensetzung auf, die bereits bei anderen Autoimmunerkrankungen nachgewiesen wurde. Die beobachteten Veränderungen können möglicherweise mit der Entstehung der JIA in Zusammenhang gebracht werden, da sie sowohl die erhöhte Permeabilität der Schleimhäute als auch eine veränderte mukosale Immunität erklären könnten. Allerdings sind weitere Studien notwendig, um diese Ergebnisse zu bestätigen und die zugrundeliegenden biologischen Mechanismen zu analysieren [16]. Die bisherigen Ergebnisse sind erst der Anfang der Erforschung des Potenzials einer mikrobiombasierten Therapie in der Behandlung kindlichen Rheumas. Es gibt vielversprechende Ansätze, die das Ziel verfolgen, den Krankheitsverlauf zu verändern und optimalerweise sogar zu verbessern [14].
Indessen muss die Vielfalt der gesunden kindlichen Mikrobiota noch konkreter erforscht werden. Außerdem müssen abweichende Zusammensetzungen im Rahmen verschiedener Erkrankungen verstanden und sichere, effektive Mittel mit nachhaltigem Effekt gefunden werden, um von einer Therapie profitieren zu können [14]. Durch das Auffinden der Faktoren, die die Entwicklung des Mikrobioms beeinflussen, und das Verstehen der Mechanismen, die zu Entzündungsprozessen führen, können möglicherweise Werkzeuge zur Prävention und Behandlung der JIA entwickelt werden [2]. Ein besseres Verständnis der Interaktion zwischen Wirt und Mikrobiom könnte dazu beitragen, alternative Möglichkeiten zur Behandlung oder möglicherweise sogar zur Prävention einer JIA zu finden [18].
Einen möglichen Ansatz zur Wiederherstellung eines gesunden intestinalen Mikrobioms bietet eine Stuhltransplantation, die bei refraktären Infektionen mit Clostridium difficile und bei Colitis ulcerosa bereits sehr effektiv zu sein scheint. Alternativ könnte die mikrobielle Gemeinschaft durch den Einsatz von Probiotika oder Diätmaßnahmen von antiinflammatorischen Kommensalen abgelöst werden. Des Weiteren besteht die Möglichkeit, gezielt Kombinationen von verschiedenen Mikroorganismen zu kultivieren, die in der Lage sind, die intestinale Homöostase wiederherzustellen [18].
T. Köll und J. Brunner geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Für diesen Beitrag wurden von den Autoren keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien.
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