19.08.2020 | originalarbeit
Die Formierung einer medizinischen Disziplin: Psychiatrie in Österreich im 19. Jahrhundert
Erschienen in: neuropsychiatrie | Ausgabe 3/2020
Einloggen, um Zugang zu erhaltenZusammenfassung
2020 jährt sich die Errichtung der ersten psychiatrischen Lehrstühle und Universitätskliniken in Österreich in Wien und Graz 1870 zum 150. Mal. Dieser Höhepunkt in der Entwicklung der medizinischen Disziplin Psychiatrie ist der Anlass, die schrittweise Entwicklung zu diesem Höhepunkt und ihre Beziehung zur Entwicklung der Institutionen der Versorgung psychisch Kranker vor allem am Beispiel von Wien zu skizzieren. Dabei können vier Perioden der Entwicklung unterschieden werden: (1) Die Errichtung von ‚Anstalten‘, die vorerst ärztlich von anderen Abteilungen allgemeiner Krankenhäuser und von nicht qualifiziertem ‚Wartpersonal‘ betreut wurden (Spätes 18. Jahrhundert bis über die Wende zum 19. Jahrhundert). (2) Dann die Verselbständigung dieser ‚Anstalten‘ und die Entstehung von ‚Irrenärzten‘, die begonnen haben, ihre Tätigkeit zu reflektieren und ihre Erfahrungen auch auf akademischem Boden weiterzugeben, auch in der Form eines ersten österreichischen Lehrbuches (Erste Hälfte des 19. Jahrhunderts). (3) Seit den 1850er-Jahren eine Mehrzahl von psychiatrischen Habilitationen, zum Teil mit forensischem beziehungsweise hirnanatomischem Schwerpunkt und schrittweise Etablierung eines akademischen psychiatrischen Unterrichtes, wieder unterstützt von einem neuen Lehrbuch, auch im Zusammenhang mit einer neuen ‚Irrenanstalt‘ und die Gründung eines wissenschaftlichen Vereines für Psychiatrie und forensische Psychologie 1868, von dem (4) die Initiative zur Errichtung eines Lehrstuhles und einer universitätsklinischen Abteilung für Psychiatrie in der Irrenanstalt 1870 ausgegangen ist.
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