EHA: FLT3-ITD-positive AML: Inhibitor der zweiten Generation wirksam

Bei der akuten myeloischen Leukämie (AML) mit FLT3(„fms-related receptor tyrosine kinase 3“)-ITD(„internal tandem duplication“)-Mutation hat sich in der Phase-III-Studie QuANTUM-First eine neue Kombinationstherapie mit dem Typ-II-FLT3-Inhibitor Quizartinib als wirksam erwiesen. Ein neuer Standardkandidat? Die 5-Jahres-Überlebensraten von AML-Erkrankten stimmen trotz moderner Therapien noch nicht optimistisch.1 Als Standard-Induktionstherapie bei neu diagnostizierter AML wird das 3+7-Schema angewendet, das die 3-tägige Gabe eines Anthrazyklins und die 7-tägige Gabe von Cytarabin umfasst.2 Ist allerdings eine FLT3-ITD oder FLT3-TKD(„tyrosine kinase domain“)-Mutation nachweisbar, wird die Induktionstherapie mit dem Typ-1-FLT3-Multikinase-Inhibitor Midostaurin kombiniert, gefolgt von einer Chemokonsolidierung und einer Erhaltungstherapie. Nun stellte Harry P. Erba vom Duke Cancer Institute in Durham, NC/USA, auf der Jahrestagung der European Hematology Association (EHA) 2022 mit Quizartinib, einem selektiven Typ-II-FLT3-Inhibitor der zweiten Generation, eine Alternative zu Midostaurin für die Therapie von FLT3-ITD-mutierter AML vor.3 Denn die Rezidivraten blieben trotz Midostaurin-Therapie hoch,4 erklärte Erba. Zudem werde die Erhaltungstherapie lediglich für ein Jahr gegeben, und das nicht nach einer allogenen Stammzelltransplantation (alloSZT). Selektive Hemmung des mutierten FLT3 Circa 20–30% der AML-Patientinnen und -Patienten tragen eine ITD-Mutation in ihrem FLT3-Gen.1 Diese Mutation sei assoziiert mit einer schlechten Prognose, hohen Rezidivraten und einem ungünstigen Gesamtüberleben (OS), weniger klar sei die Prognose für die FLT3-TKD-mutierte AML, sagte Erba. Das FLT3-Gen kodiert für eine Rezeptortyrosinkinase, deren negative Regulierungsfunktion gestört ist, wenn eine ITD-Mutation vorliegt. Folglich ist FLT3 dauerhaft aktiv und stimuliert unkontrolliert proliferations- und überlebensfördernde Signalwege. Quizartinib bindet selektiv an FLT3 und inhibiert somit die Proliferation der Krebszellen und verursacht folglich deren Apoptose. Das QuANTUM-First-Regime Die Effektivität und die Sicherheit von Quizartinib wurde jetzt in der internationalen Phase-III-Studie QuANTUM-First bei 18- bis 75-Jährigen mit FLT3-ITD-mutierter AML evaluiert.3 539 Patientinnen und Patienten erhielten zunächst bis zu zwei Zyklen der Standard-Induktionstherapie randomisiert entweder plus Quizartinib (40 mg, Tag 8–21) oder Placebo. Danach folgte eine Konsolidierungsbehandlung für bis zu vier Zyklen, bestehend aus einer Hochdosis-Cytarabin-Therapie und/oder einer alloSZT plus entweder Quizartinib (40 mg) oder Placebo. Letztlich schloss sich noch eine Erhaltungstherapie für bis zu 36 Zyklen aus einer täglichen Quizartinib-Monotherapie (60 mg) oder Placebo an. Im primären Endpunkt der Studie zeigte sich laut Erba eine klinisch relevante und statistisch signifikante OS-Verlängerung um 16,8 Monate unter der Zugabe von Quizartinib (31,9 vs. 15,1 Monate; Hazard Ratio [HR]: 0,776; 95%-Konfidenzintervall [95%-KI] 0,615–0,979; p=0,0324). Darüber hinaus hätte sich das rückfallfreie Überleben unter Quizartinib klinisch bedeutsam verbessert (39,3 vs. 13,6 Monate unter Placebo), sagte Erba. Daneben waren zwar die Raten für eine komplette Remission (CR) vergleichbar (54,9 vs. 55,4%), dafür sei aber die Dauer der CR dreimal länger unter Quizartinib gewesen, erklärte Erba (im Median 38,6 vs. 12,4 Monate). Zudem ergab sich in einer Post-hoc-Analyse eine reduzierte kumulative Rezidivinzidenz nach 24 Monaten von 31,2% in der Quizartinib-Gruppe gegenüber 43,3% im Placebo-Arm. Das indiziere, dass das QuANTUM-First-Regime eher in der Lage sein könnte, einen Rückfall zu vermeiden als die Vergleichstherapie, schlussfolgerte Erba. Infektionen vorbeugen! Die therapieassoziierten Nebenwirkungen (TEAE) vom Grad ≥3 seien vergleichbar in beiden Studiengruppen gewesen, allerdings seien in der Quizartinib-Gruppe häufiger Grad-3-Neutropenien aufgetreten (18,1 vs. 8,6%). Eine Verlängerung des frequenzkorrigierten QT-Intervalls vom Grad ≥3 kam bei 2,3% der Behandelten unter Quizartinib vor, gegenüber 0,7% in der Placebo-Gruppe. Die meisten Fälle seien aber mild bis moderat und handhabbar gewesen. 11,3% der TEAE in der Quizartinib-Gruppe endeten tödlich, im Gegensatz zu 9,7% in der Placebo-Gruppe – hauptsächlich aufgrund von Infektionen. Deshalb hält Erba die prophylaktische Gabe von Antibiotika und Antimykotika für wichtig. Neuer Standard? Es sei in dieser Studie kein direkter Vergleich von Midostaurin mit Quizartinib möglich gewesen, da Midostaurin erst nach dem Studienstart in den USA zugelassen worden sei, erklärte Erba. Trotzdem glaube er, dass diese Daten das Potenzial hätten, den Behandlungsstandard für Personen mit neu diagnostizierter FLT3-ITD+ AML zu verändern. Basierend auf: 1Zhou F et al. Drug Des Devel Ther. 2019;13:1117-1125 2Röllig C et al. Onkopedia-Leitlinie Akute Myeloische Leukämie (AML); https://www.onkopedia.com/ (Stand: März 2022) 3Erba HP et al. EHA2022;Abstr S100 4Stone RM et al. N Engl J Med. 2017;377:454-464 Quelle: springermedizin.de

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