Eosinophile Ösophagitis: Schlucken mit Hindernissen

Expertenkonsens. Zu den zunehmend verbreiteten chronischen Allergien gehört die eosinophile Ösophagitis, die sich bei Erwachsenen vor allem durch Schluckbeschwerden und Speiseimpaktion zeigt. Das neue Positionspapier der Österreichischen Gesellschaft für Gastroenterologie und Hepatologie (ÖGGH) enthält die wichtigsten evidenzbasierten Empfehlungen zum Management dieser Erkrankung. Naeblys / Getty Images / iStock × Eosinophile Ösophagitis (EoE) beschreibt eine chronische immunvermittelte Erkrankung der Speiseröhre mit eosinophiler Infiltration der (Sub-)Mukosa. Endoskopisch finden sich Ödeme, Ringe, Exsudate, Furchen und Strikturen, welche die Lebensqualität massiv beeinträchtigen. Die Prävalenz der EoE wird in Österreich auf 1:2.500 Personen geschätzt. Ungeachtet dessen müssen Patientinnen und Patienten immer noch etwa vier Jahre auf ihren Befund warten. Die vorgeschlagenen Empfehlungen der ÖGGH zur Diagnose und Therapie der EoE sowie ösophagealer Bolusimpaktierungen sollen das ändern. EoE richtig diagnostizieren Hauptsymptom vieler Erwachsener ist die Dysphagie bei fester Nahrung. Allerdings können sich Betroffene auch mit unspezifischen Beschwerden wie PPI-refraktärem Brennen, schmerzhaftem Gefühl nach dem Schlucken oder nichtkardialen Brustschmerzen präsentieren. Das Österreichische Netzwerk für EoE empfiehlt bei erwachsenen Patientinnen und Patienten mit ösophagealen Symptomen in erster Linie eine Ösophagogastroduodenoskopie (EGD) durchzuführen. Atopische Diathese, IgE-mediierte Nahrungsmittelallergien oder andere Zeichen einer Typ-2-Inflammation erhöhen das Risiko für EoE, die als eine der Endstrecken des atopischen Marsches gilt. Darüber hinaus ist es bei Erstdiagnose empfehlenswert, sich nach einer vorangehenden oder laufenden allergenspezifischen Immuntherapie zu erkundigen, da diese eine EoE induzieren oder verschlechtern kann. Zur endgültigen Diagnose wird auch bei makroskopisch unauffälliger Speiseröhre eine histologische Bestätigung gefordert. Diese soll mindestens sechs Biopsien aus der distalen plus mittleren/proximalen Speiseröhre – wenn möglich aus sichtbaren Läsionen – beinhalten. Bei der Indexendoskopie sind zusätzliche Biopsien, mindestens acht des Magens und vier des Zwölffingerdarms, zum Ausschluss einer eosinophilen Gastritis bzw. Duodenitis indiziert. Die Biopsie ist positiv, wenn in der Gewebeprobe ≥ 15 Eosinophile pro hochauflösendem Gesichtsfeld (eos/hpf) vorhanden sind. Bei klinischem EoE-Verdacht und weniger als 15 eos/hpf sollen die Proben von einer/einem Expertin oder Experten für Gastroenterologie (GI)-Pathologie erneut beurteilt werden. Die Bewertung endoskopischer Auffälligkeiten orientiert sich am Endoscopic Reference Score (EREFS). Nicht empfohlen werden Allergietests mit einem Haut-Prick-Test, einem Atopie-Patch-Test, Antigenspezifischen IgE-Antikörpern sowie Blut- oder Urintests. adaptiert nach Schlager H et al. 2024 × Induktionstherapie Bei allen Patientinnen und Patienten mit EoE-Diagnose ist eine Induktionstherapie mit dem Ziel einer klinischen und histologischen Remission angezeigt. Therapeutische Optionen beinhalten orodispersible Kortikosteroide (STC), hochdosierte PPI, Dupilumab oder eine Eliminationsdiät. Nach spätestens zwölf Wochen ist eine endoskopische Nachuntersuchung mit Biopsien erforderlich, um das histologische Ansprechen nachzuweisen (< 15 eos/hpf ). Generell gelten STC als Erstlinientherapie der Wahl. Bei Patientinnen und Patienten mit gleichzeitiger gastroösophagealer Refluxkrankheit (GERD) oder anderen Indikationen für eine Säuresuppression soll ein Therapieversuch mit PPI in Betracht gezogen werden. Der monoklonale Antikörper Dupilumab kommt dann infrage, wenn Patientinnen und Patienten nicht auf STC ansprechen, diese nicht vertragen bzw. als Erstlinientherapie bei Betroffenen mit anderen klinisch relevanten entzündlichen Typ-2-Erkrankungen oder wenn Kontraindikationen für Kortikosteroide vorliegen. Kombinationstherapien stellen in ausgewählten Fällen mit teilweisem Ansprechen auf die erste Therapie eine Option dar, werden bei der Mehrzahl der Patientinnen und Patienten jedoch nicht befürwortet (siehe Abb.). Nichtmedikamentös kann Betroffenen eine Eliminationsdiät (FED) unter Aufsicht eines Ernährungsberaters angeboten werden. Aufgrund geringerer Einschränkungen und Verbesserung der Lebensqualität wird eine 1FED (Tiermilch) oder ein schrittweiser Ansatz mit 2FED (Tiermilch und Weizen/Gluten) bevorzugt. Die ehemals bevorzugte 6FED ist praktisch schwer umsetzbar. Zudem zeigte sich in einer rezenten Studie kein signifikanter Unterschied zwischen 6FED und 1FED hinsichtlich histologischer Remission nach sechs Wochen. Erhaltungstherapie Behandlungsunterbrechungen haben in aller Regel erneute Entzündungsanzeichen und Rückfälle zur Folge. Aus diesem Grund ist, um Langzeitkomplikationen wie Fibrose zu vermeiden, die Lebensqualität zu verbessern und das Risiko einer Speiseröhrenstauung zu verringern, eine Erhaltungstherapie unerlässlich. Nach jeder größeren Änderung der Behandlung sowie regelmäßig alle 1-2 Jahre im Verlauf soll ferner eine klinische und histologische Neubewertung erfolgen, um die Aufrechterhaltung der Remission sicherzustellen. Patientinnen und Patienten mit Kortikoid-refraktärer Erkrankung sollen in Institutionen untersucht und behandelt werden, die Erfahrung mit der Therapie von EoE haben. Der Einschluss in klinische Studien wäre wünschenswert. Dilatation Patienten mit klinischer relevanter Fibrostenose und der Notwendigkeit einer Dilatation profitieren von einer Kombination aus STC, PPI, Dupilumab oder Eliminationsdiät mit einer entzündungshemmenden Behandlung. Hält die Dysphagie trotz histologischer Remission und Fehlen einer sichtbaren Striktur weiter an, kann eine empirische Bougierung mit einem Zieldiameter von ≥ 16 mm bei der Symptomkontrolle helfen. Vorgehen bei Bolusobstruktion Patientinnen und Patienten mit steckengebliebener Nahrung in der Speiseröhre sollen kein Erbrechen auslösen, sondern eine Notaufnahme zur Beseitigung des Bolus aufsuchen. Je nach Fachwissen der Ärztin/ des Arztes kann dafür eine Pushoder Pull-Technik mit oder ohne endoskopische Geräte verwendet werden. Vor einer EGD ist eine radiologische Untersuchung oder die Einnahme von Medikamenten nicht angebracht. Bei Patientinnen und Patienten, die sich während der Indexendoskopie mit einer Bolusobstruktion präsentieren, sollen gleich ausreichend Biopsien der Speiseröhre entnommen werden, um eine EoE zu diagnostizieren oder auszuschließen. Für jene mit spontaner Auflösung oder Betroffene, bei denen während der Indexendoskopie keine ausreichende Probenentnahme möglich war, wiederholt man die Endoskopie ohne PPI oder STC nach 2–3 Wochen. Grundsätzlich soll jeder Patient, der sich mit einer Bolusobstruktion in der Notaufnahme vorstellt, innerhalb der nächsten vier Wochen einen Termin in einer gastroenterologischen Ambulanz erhalten. Fazit Die Inzidenz der EoE und damit einhergehende Bolusimpaktierungen nehmen weiterhin zu. Das neue Positionspapier der ÖGGH nimmt sich dieser Problematik an und gibt konkrete Empfehlungen zur standardisierten Diagnose und Therapie dieser immunvermittelten Erkrankung. Das neue Positionspapier der ÖGGH: zum Nachlesen: Schlager H et al. Diagnosis and management of eosinophilic esophagitis and esophageal food impaction in adults. Wien Klin Wochenschr. 2024;136 (Suppl 10): S479–S499. https://doi.org/10.1007/ s00508-024-02401-w MAT-AT-2400910 – 1.0 – 11/2024

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