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Ärzte Woche

29.08.2024 | Geschichte der Medizin

Star-Chirurg und Wegbereiter

verfasst von: Michael Krassnitzer

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Ob zu seinen medizinischen Erfolgen oder zur Musik als seine große Leidenschaft – zu Theodor Billroth existiert reichhaltige Literatur. Anlässlich seines 130. Todesjahres ehrte die Gesellschaft der Ärzte in Wien ihren ehemaligen Präsidenten und beleuchtete seine bisher weniger bekannten Verdienste abseits der medizinischen Pioniertaten.

Die erste Ösophagektomie, die erste Kehlkopfexstirpation, eine der ersten erfolgreichen Magenresektionen: Theodor Billroth war ein zu seiner Zeit europaweit bekannter Starchirurg. Er war auch Präsident der Gesellschaft der Ärzte in Wien (1888-1894), deren Sitz heute seinen Namen trägt. „Theodor Billroth hat über 25 Jahre die Medizin und die Chirurgie in Wien geprägt“, führte Prof. Dr. Beatrix Volc-Platzer, Präsidentin der Gesellschaft der Ärzte – und damit eine der Nachfolger:innen Billroths – zum Auftakt einer Festveranstaltung aus ( 18. Juni, Anm. ).

Die Vorträge konzentrierten sich auf Aspekte seines Lebens und Wirkens, die in den vergangenen Jahrzehnten weniger im Fokus der Forschung standen.

Billroth war ein Vorreiter der Qualitätskontrolle, der medizinischen Dokumentation und der medizinischen Statistik. „Billroth war in der Monarchie der erste, der seine Patienten und seine Resultate systematisch erfasst und publiziert hat“, sagte Laurenz Wolner, MD/PhD-Student am Zentrum für Biomedizinische Forschung und Translationale Chirurgie der MedUni Wien. Billroth, der berühmte Mediziner, notierte die Operationsdauer, wer beteiligt war und mit welcher Methode operiert wurde – das entspricht im Grunde einem modernen Operationsprotokoll. Auf diese Weise versuchte er sein Tun kritisch zu reflektieren und den Verbesserungsbedarf zu eruieren.

Dass nach Pylorusresektion ein Viertel seiner Patienten an einer Perforationsperitonitis verstarb, bewog Billroth zu Überlegungen hinsichtlich der Nähstichdichte, des Nahtmaterials und natürlich der Sepsis, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein Riesenthema in der Medizin war. „Um aus seinen Fehlern zu lernen, muss man die Fehler zunächst einmal benennen. Das ist das Grundprinzip der Qualitätssicherung“, erläuterte Wolner.

Billroth war auch ein begnadeter Didaktiker, charismatischer Schulgründer und Wissenschaftspolitiker. Er widmete sich der Forschung auf dem Gebiet der Wundinfektion sowie infektiöser Erreger und beschrieb als erster die Wundgranulation. Er professionalisierte die Pflege und errichtete das erste Wiener Lehrspital für die Pflege (Rudolfinerhaus). Und er war Befürworter der Gründung der Ärztekammern zu Beginn der 1890er-Jahre.

1866 starb Billroths einziger Sohn im achten Lebensjahr an Scharlach. Seine Assistenten wurden für ihn zu seinen „geistigen Adoptivsöhnen“, die er förderte und forderte. „Sie absolvierten Forschungsaufenthalte an verschiedensten Kliniken in Europa und den USA, Chirurgen aus dem Ausland kamen für Post Graduate-Studies an die Medizinische Fakultät der Universität Wien“, sagte Dr. Felicitas Seebacher, Mitglied der Kommission für Geschichte und Philosophie der Wissenschaften der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW). Durch Billroths internationale Netzwerke wurde in der Chirurgie ein Wissenstransfer vom Globalen zum Lokalen und vom Lokalen zum Globalen ermöglicht. Das prägte ein Bewusstsein für die Bedeutung von Auslandserfahrungen für akademische Karrieren in der Medizin.

Freund der schönen Künste

Neben seiner ärztlichen Tätigkeit widmete sich Billroth auch intensiv dem zeitgenössischen Musikleben, in Wien und davor in Zürich, und er pflegte Freundschaften mit Künstlern wie Johannes Brahms. Diesem Aspekt widmete sich Prof. Dr. Eike Sebastian Debus, Direktor der Klinik und Poliklinik für Gefäßmedizin im Universitären Herz- und Gefäßzentrum Hamburg. Er setzte nach seinem Vortrag mit der Geigerin Anna-Maria Malm den musikalischen Höhepunkt mit einer der drei Kompositionen von Billroth, die er der Nachwelt hinterlassen hat: „Todessehnsucht“ und dem ersten Satz der zweiten Violinsonate von Brahms.

Die Originalpublikation „Theodor Billroth – Wegbereiter auf vielen Ebenen“ ist erschienen in „Wiener klinische Wochenschrift“ (Mitteilungen der Gesellschaft der Ärzte in Wien) (Ausgabe 15-16/2024)

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Metadaten
Titel
Star-Chirurg und Wegbereiter
Publikationsdatum
29.08.2024
Zeitung
Ärzte Woche
Ausgabe 37/2024