Neues Jahr, alte Botschaft: Der ehemalige US-Präsident Donald Trump bei einem Auftritt in Florence, Arizona. Differenzierung oder political correctness sind seine Sache nicht, COVID-19 ist das „chinese virus“.
Christopher Brown / ZUMAPRESS.com / picture alliance
Alpha, Delta, Omikron statt China-Virus oder Südafrika-Variante: Die WHO entschied 2021, das griechische Alphabet für COVID-19-Varianten zu verwenden, um nicht Länder zu stigmatisieren. Und Donald Trump? Der bezeichnete COVID-19 als „Chinese Plague“ oder „Kung Flu“.
Eine Sprache der Wut und der Empörung – das kennzeichnet populistische Rhetorik. Nicht zu informieren und zu rationalen Entscheidungen zu bewegen, steht im Vordergrund, sondern gefühlsbetonte Handlungen hervorzurufen. Wie das gemacht wird, zeigt PD Dr. Robin Kurilla, der die öffentliche Kommunikation des ehemaligen US-amerikanischen Präsidenten Trump im Zeitraum von März bis September 2020 untersucht hat.
In seiner Analyse von Reden, Interviews, Pressekonferenzen und Social-Media-Posts zeigt der Kommunikationswissenschaftler, wie der Republikaner mit einer Rhetorik der Angst und einer Freund-Feind-Metaphorik den Zusammenhalt unter seinen Anhängern erhöht und sie gleichzeitig von vermeintlichen Gegnern abgrenzt: Er konstruiert eine diffuse Bedrohung, indem er COVID-19, China und US-Eliten in einer einzigen Gegnerschaftskategorie vereint.
Einer „political correctness“ in der Sprache – als von „den Eliten“ aufgestülpte Vorgabe – widersetzt er sich. Trump: „I talk about the Chinese virus and I mean it. That’s where it came from.“ „Dabei versteht es Trump, sich als Vertreter der ‚vergessenen‘ Teile der US-Bevölkerung zu inszenieren“, erklärt Kurilla. Es komme allerdings auf den Kontext und vor allem auf die Rezipienten an, wie sich Bezeichnungen wie „Kung Flu“ auf die Wahrnehmung von Corona und dem Ursprungsland auswirken.
Das Trump-Paradoxon
Die Coronavirus-Varianten werden mit griechischen Buchstaben bezeichnet. Diese sind einfach auszusprechen, werden weltweit in Mathematik, Physik und der Wissenschaft allgemein verwendet und lassen uns nicht denken, dass die Variante von einem bestimmten Ort stammt und dieser Ort schlecht ist.
FrankRamspott / Getty Images / iStock
In Europa gebe es ähnliche Polarisierungsprozesse wie in den USA: „Trumps Freund-Feind-Schema unterscheidet sich mit Einschränkungen nicht sonderlich von dem hiesiger rechtspopulistischer Strömungen“, sagt Kurilla. Doch gebe es auch einen entscheidenden Unterschied zu Querdenkern, die zumindest ebenso wie Trump die Corona-bedingten Restriktionen beenden wollen: Trump hat die Entwicklung von Impfstoffen und therapeutischen Mitteln gegen COVID-19 propagiert und mit Milliarden Dollar gefördert. „Trumps Anhänger zählen mittlerweile aber wohl auch eher zu den Impfgegnern“, sagt Kurilla.
Ob die gesellschaftliche Polarisierung in Europa und Amerika gleich verläuft oder wo möglicherweise Unterschiede liegen, daran forscht Kurilla derzeit.