Open Access 19.09.2023 | Menopause heute und morgen
Hormonersatztherapie nach Brustkrebs?
Erschienen in: Gynäkologie in der Praxis | Ausgabe 3/2023
Bei gesunden Frauen ist der Einfluss einer Hormonersatztherapie auf ein mögliches Brustkrebsrisiko ein viel diskutiertes Thema, auf das in diesem Artikel jedoch nicht eingegangen werden kann. Hier wird vielmehr ein kurzer Überblick gegeben, ob eine Hormonersatztherapie gegen Wechselbeschwerden wie Hitzewallungen bei Frauen verschrieben werden kann, die an Brustkrebs erkrankt und geheilt sind.
Zu den klassischen postmenopausalen Symptomen, die durch einen Östrogenmangel verursacht werden, gehören Hitzewallungen und Schweißausbrüche, die auch oft mit Schlafbeschwerden und depressiven Verstimmungen einhergehen. Leichte Beschwerden sind oft mit Lifestyle-Modifikation wie Gewichtsverlust, Verzicht auf Nikotin und Alkohol oder mit komplementärmedizinischen Maßnahmen wie Akupunktur oder Yoga oder mit nichthormonellen Präparaten wie pflanzlichen Produkten oder Phytoöstrogenen in den Griff zu bekommen [1, 2].
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Die wirksamste Maßnahme zur Verringerung der starken Östrogenmangelsymptome, sowohl spontan als auch iatrogen, ist jedoch die systemische Hormonersatztherapie (HRT), die vor allem dann gegeben wird, wenn alle nichthormonellen Therapieversuche frustran verlaufen. Die Frage, ob diese jedoch auch gegeben werden kann, wenn die Patientin eine Eigenanamnese von Brustkrebs aufweist, wird kontrovers behandelt.
In einer rezenten Metaanalyse von vier randomisierten kontrollierten Studien wurden insgesamt 4050 Brustkrebsüberlebende mit starken Wechselbeschwerden eingeschlossen [3]. Davon erhielten 2022 Frauen eine systemische Hormonersatztherapie (HRT) mit einer Kombination aus Östrogen und Progesteron und 2023 Frauen dienten als Kontrollgruppe und erhielten gar keine Therapie bzw. ein Placebo. Diese Metaanalyse zeigte, dass die systemische HRT das Risiko eines Wiederauftretens von Brustkrebs signifikant erhöhte verglichen mit Placebo oder keiner Therapie (HR 1,46, 95 %-KI 1,12–1,91, p = 0,006). Dieser Effekt zeigte sich besonders bei Hormonrezeptor-positiven Tumoren (HR 1,8, 95 %-KI 1,15–2,82, p = 0,010), aber nicht bei jenen mit einem Hormonrezeptor-negativen Tumor (HR 1,19, 95 %-KI 0,80–1,77, p = 0,390).
Eine weitere Arbeit hat insgesamt 9 Studien zu dieser Thematik eingeschlossen, davon 4 Kohortenstudien, 1 Fall-Kontroll-Studie und 4 randomisierte, kontrollierte Studien (RCT) mit insgesamt 16.002 rekrutierten Brustkrebspatientinnen, die älter als 50 Jahre waren [4]. Belege aus Beobachtungsstudien von sehr geringer Qualität zeigten keine nachteiligen Auswirkungen der HRT auf das Wiederauftreten von Tumoren (RR 0,80, 95 %-KI 0,53–1,19; I2 = 66 %; n = 11.984), während Belege aus RCT von moderater Qualität eine nachteilige Wirkung zeigten (RR 1,46, 95 %-KI 1,20–1,77; I2 = 17 %; n = 4108). Ebenso zeigten Beobachtungsstudien keine negativen Auswirkungen auf die brustkrebsbedingte Sterblichkeit (RR 0,32, 95 %-KI 0,21–1,49; I2 = 0 %; n = 2182), während RCT ein nicht signifikant höheres Risiko zeigten (RR 1,07, 95 %-KI 0,77–1,49; I2 = 0 %; n = 3918). Trotz widersprüchlicher Ergebnisse deuten die qualitativ ausreichenden Belege darauf hin, dass die HRT das Risiko eines Tumorrezidivs bei älteren Überlebenden erhöhen kann. Nachteilige Auswirkungen auf die Sterblichkeit sind jedoch unwahrscheinlich.
Auch wenn das Thema kontrovers ist und es auch einige Arbeiten gibt, die nach exakter Aufklärung und ausdrücklichem Wunsch der Patientin auch nach einer Brustkrebserkrankung nicht von einer systemischen HRT abraten [5, 6], wird weiterhin zur Vorsicht bei der Anwendung von HRT bei Überlebenden geraten bzw. ganz davon abgeraten. Eine Alternative auch bei starken Beschwerden bieten hier vor allem Präparate aus dem antidepressiven Wirkungskreis [7].
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I. Holzer gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Für diesen Beitrag wurden von der Autorin keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien.
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