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Open Access 21.02.2025 | Menopause heute und morgen

Hormonersatztherapie und Alzheimer-Krankheit: Risikofaktor oder therapeutische Möglichkeit?

verfasst von: PD DDr. Iris Holzer

Erschienen in: Gynäkologie in der Praxis

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Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.
Die Alzheimer-Krankheit, welche zu den progressiven neurodegenerativen Erkrankungen zählt, ist für mehr als die Hälfte aller Demenzfälle verantwortlich. Interessanterweise machen Frauen mit zwei Drittel aller Betroffenen einen überproportional größeren Anteil aller Erkrankten aus. Obwohl die ursächlichen Mechanismen dieses Geschlechtsunterschieds noch nicht zur Gänze geklärt sind, wird ein Zusammenhang zwischen der Menopause und den verminderten Östrogenwerten und der Alzheimer-Erkrankung vermutet. Es wurde zu dieser Thematik von Mills et al. eine spannende Übersichtsarbeit verfasst, welche hier kurz vorgestellt wird [1].
Zusätzlich zu der überproportionalen Häufigkeit an betroffenen Frauen präsentieren diese außerdem nicht nur stärkere Symptome, sondern auch ein schnelleres Voranschreiten mit einem früheren Erreichen eines Endstadiums als Männer. Sowohl Androgene als auch Östrogene gelten als neuroaktiv und besitzen signifikante neuroprotektive Effekte. Es wird daher vermutet, dass der Verlust dieser weiblichen neuroprotektiven Faktoren durch das durch Östrogene veränderte Milieu in der Menopause zu der erhöhten weiblichen Vulnerabilität für die Alzheimer-Erkrankung beiträgt.
Eine Hormonersatztherapie (HRT) für peri- und postmenopausale Frauen wird bereits seit einigen Jahrzehnten dazu verwendet, die körpereigenen Östrogenlevel zu erhöhen, um vasomotorische und sonstige menopausale Symptome wie Hitzewallungen, Stimmungsschwankungen, Schlafprobleme oder Inkontinenz zu verbessern. Henderson et al. publizierten 1994, dass Frauen mit Alzheimer-Erkrankung signifikant weniger häufig eine HRT gegen ihre menopausalen Symptome verwendet hatten [2]. Auch andere Studien dieser Zeit bestätigten eine geringere Inzidenz an Frauen mit Alzheimer-Erkrankung, welche eine HRT verwendet hatten, als bei Frauen, die nie eine HRT eingenommen hatten. Metaanalysen der gesammelten Ergebnisse dieser Zeit zeigten, dass das Risiko, Alzheimer zu bekommen, bei Frauen mit HRT um sogar 30 % geringer war, worauf auf einen günstigen Effekt einer HRT geschlossen wurde.
Doch heute ist der Effekt einer HRT auf das Demenzrisiko kontrovers zu betrachten. In Auswertungen der Women’s Health Initiative Memory Study wurden 4532 Teilnehmerinnen randomisiert und erhielten entweder eine kombinierte HRT oder ein Placebo, während 2974 Frauen nach Hysterektomie eine reine Östrogengabe oder ein Placebo erhielten. Nach vier Jahren Datensammlung konnte gezeigt werden, dass die HRT-Einnahme ein zweifach erhöhtes Risiko für eine Demenzdiagnose mit einem verstärkten kognitiven Abfall bewirkte. Allerdings erhöhte sich das Risiko nicht bei Frauen, welche die HRT zwischen dem 50. und 55. Lebensjahr begonnen hatten [3, 4].
Eine Beobachtungsstudie anhand von Daten des Danish National Registry konnte zeigen, dass eine HRT mit einem erhöhten Risiko für eine Demenzerkrankung assoziiert ist, sowohl in der Kurzzeit- als auch in der Langzeitanwendung. Es dürfte hier das initiale Alter des Beginns der HRT der entscheidende Faktor sein [5]. Pourhadi et al. demonstrierten in ihrer neuen Studie [6], dass eine Assoziation mit einem erhöhten Demenzrisiko sogar bei Frauen gegeben war, welche eine HRT vor dem 55. Lebensjahr begonnen hatten und diese für fünf Jahre oder sogar weniger eingenommen hatten.
Obwohl die durchgeführten Beobachtungsstudien von hoher Qualität sind, ist es dennoch unklar, ob hier tatsächlich ein ursächlicher Zusammenhang besteht oder die Ergebnisse artefakt sind. Es werden hier weitere randomisierte, kontrollierte Studien benötigt, um eine tatsächliche Empfehlung für oder gegen eine HRT in Bezug auf ein Demenzrisiko aussprechen zu können.

Einhaltung ethischer Richtlinien

Interessenkonflikt

I. Holzer gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Für diesen Beitrag wurden von den Autor/-innen keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien.
Open Access Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden. Die in diesem Artikel enthaltenen Bilder und sonstiges Drittmaterial unterliegen ebenfalls der genannten Creative Commons Lizenz, sofern sich aus der Abbildungslegende nichts anderes ergibt. Sofern das betreffende Material nicht unter der genannten Creative Commons Lizenz steht und die betreffende Handlung nicht nach gesetzlichen Vorschriften erlaubt ist, ist für die oben aufgeführten Weiterverwendungen des Materials die Einwilligung des jeweiligen Rechteinhabers einzuholen. Weitere Details zur Lizenz entnehmen Sie bitte der Lizenzinformation auf http://​creativecommons.​org/​licenses/​by/​4.​0/​deed.​de.

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Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.
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Literatur
1.
Zurück zum Zitat Mills ZB, Faull RLM, Kwakowsky A (2023) Is Hormone Replacement Therapy a Risk Factor or a Therapeutic Option for Alzheimer’s Disease? Int J Mol Sci 24(4):3205CrossRefPubMedPubMedCentral Mills ZB, Faull RLM, Kwakowsky A (2023) Is Hormone Replacement Therapy a Risk Factor or a Therapeutic Option for Alzheimer’s Disease? Int J Mol Sci 24(4):3205CrossRefPubMedPubMedCentral
2.
Zurück zum Zitat Henderson VW, Paganini-Hill A, Emanuel CK, Dunn ME, Buckwalter JG (1994) Estrogen replacement therapy in older women. Comparisons between Alzheimer’s disease cases and nondemented control subjects. Arch Neurol 51(9):896–900CrossRefPubMed Henderson VW, Paganini-Hill A, Emanuel CK, Dunn ME, Buckwalter JG (1994) Estrogen replacement therapy in older women. Comparisons between Alzheimer’s disease cases and nondemented control subjects. Arch Neurol 51(9):896–900CrossRefPubMed
3.
Zurück zum Zitat Shumaker SA, Legault C, Rapp SR, Thal L, Wallace RB, Ockene JK et al (2003) Estrogen plus progestin and the incidence of dementia and mild cognitive impairment in postmenopausal women: the Women’s Health Initiative Memory Study: a randomized controlled trial. JAMA 289(20:2651–2662CrossRef Shumaker SA, Legault C, Rapp SR, Thal L, Wallace RB, Ockene JK et al (2003) Estrogen plus progestin and the incidence of dementia and mild cognitive impairment in postmenopausal women: the Women’s Health Initiative Memory Study: a randomized controlled trial. JAMA 289(20:2651–2662CrossRef
4.
Zurück zum Zitat Espeland MA, Rapp SR, Shumaker SA, Brunner R, Manson JE, Sherwin BB et al (2004) Conjugated equine estrogens and global cognitive function in postmenopausal women: Women’s Health Initiative Memory Study. JAMA 291(24):2959–2968CrossRefPubMed Espeland MA, Rapp SR, Shumaker SA, Brunner R, Manson JE, Sherwin BB et al (2004) Conjugated equine estrogens and global cognitive function in postmenopausal women: Women’s Health Initiative Memory Study. JAMA 291(24):2959–2968CrossRefPubMed
5.
6.
Zurück zum Zitat Pourhadi N, Morch LS, Holm EA, Torp-Pedersen C, Meaidi A (2023) Menopausal hormone therapy and dementia: nationwide, nested case-control study. BMJ 381:e72770CrossRefPubMedPubMedCentral Pourhadi N, Morch LS, Holm EA, Torp-Pedersen C, Meaidi A (2023) Menopausal hormone therapy and dementia: nationwide, nested case-control study. BMJ 381:e72770CrossRefPubMedPubMedCentral
Metadaten
Titel
Hormonersatztherapie und Alzheimer-Krankheit: Risikofaktor oder therapeutische Möglichkeit?
verfasst von
PD DDr. Iris Holzer
Publikationsdatum
21.02.2025
Verlag
Springer Vienna
Erschienen in
Gynäkologie in der Praxis
Print ISSN: 3005-0758
Elektronische ISSN: 3005-0766
DOI
https://doi.org/10.1007/s41974-025-00352-2