Erstmals wurden in einer klinischen Studie allogene CAR-T-Zellen erfolgreich gegen multiples Myelom eingesetzt. Damit ließen sich ähnlich gute Ansprechraten erzielen wie mit autologen Verfahren. Dies könnte die CAR-T-Zelltherapie erheblich einfacher und billiger machen.
Mit CAR-T-Zell-Therapien lassen sich bei hämatologischen Tumoren beeindruckende Ansprechraten erzielen, allerdings hat die neue Behandlungsform auch einige gravierende Nachteile: Die Zellen müssen aus autologen T-Zellen der Betroffenen erst einmal mühsam hergestellt werden. Das kann mehrere Wochen dauern, in denen die Tumorerkrankung voranschreitet, weshalb häufig eine überbrückende Behandlung nötig ist. Zudem gelingt die Herstellung autologer CAR-T-Zellen nicht immer, etwa, weil sich aufgrund einer therapiebedingten Lymphopenie nicht genügend T-Zellen für das Verfahren gewinnen lassen oder weil diese durch die zahlreichen Behandlungen im Vorfeld nicht mehr fit genug sind. Ein weiteres Hemmnis ist der Preis: In den USA werden bis zu einer halben Million Dollar für eine Behandlung aufgerufen. Solche Kosten können sich nur wenige Gesundheitssysteme leisten.
Fitte T-Zellen von gesunden Spendern
Eine Alternative könnten CAR-T-Zellen von der Stange sein: allogene fitte Zellen von gesunden Spendern, auf Vorrat in größeren Mengen produziert, so einfach einsetzbar wie eine Antikörperinfusion. Die Herausforderungen einer solchen Therapie liegen auf der Hand – es sind gezielte Veränderungen nötig, um eine Graft-versus-Host-Disease (GvHD) einerseits und die rasche Abstoßung der allogenen Zellen andererseits zu verhindern.
Eine solche Behandlung mit allogenen T-Zellen hat nun ein Team um Dr. Sham Mailankody vom Memorial Sloan Kettering Cancer Center in New York bei 43 Personen mit multiplem Myelom erstmals angewandt.1 Mit der höchsten getesteten Dosis wurde eine objektive Response bei 71% erzielt. Die Rate ist damit ähnlich hoch wie in der Zulassungsstudie der autologen CAR-T-Zelltherapie Ide-cel (73%). Allerdings scheint die Response nicht so lange anzuhalten, zudem gab es in der aktuellen Studie drei infektionsbedingte Todesfälle, die auf die vorab erfolgte intensive Lymphodepletion zurückgeführt wurden.
Die neue Therapie mit der Bezeichnung ALLO-715 richtet sich ebenso wie die bereits bei multiplem Myelom zugelassenen CAR-T-Zelltherapien Ide-cel und Cilta-Cel gegen das B-Zell-Reifungsantigen (BCMA). Neben dem chimären Antigenrezeptor gegen BCMA enthalten die modifizierten allogenen T-Zellen zwei weitere Veränderungen: Zum einen wurde die T-Zell-Rezeptor-Alpha-Konstante (TRAC) ausgeknockt. Diese ist für die Bildung von T-Zell-Alpha/Beta-Rezeptorkomplexen erforderlich, welche für die GvHD benötigt werden. Das Ausschalten von TRAC sollte eine GvHD also möglichst unterbinden. Zum anderen haben die Forschenden um Mailankody auch das ubiquitäre Immunzellen-Oberflächenprotein CD52 durch gentechnische Verfahren eliminiert. Dies soll den allogenen T-Zellen einen Überlebensvorteil gewähren: Nach der Infusion bekommen die Betroffenen einen CD52-Antikörper, der die Konkurrenz depletiert. Das Transplantat kann sich anschließend leichter ausbreiten. Zur Sicherheit enthalten die CAR auch eine Andockstelle für Rituximab. Damit lassen sich die T-Zellen bei Bedarf ausschalten.
Responseraten bis 70%
Für die Phase-1-Studie UNIVERSAL hat das Team um Mailankody Personen mit rezidivierendem oder therapierefraktärem multiplem Myelom (r/r MM) ausgewählt, die ähnlich intensiv vorbehandelt worden waren wie in den Ide-cel- und Cilta-cel-Studien – alle zeigten eine Tumorprogression nach Therapien gegen Proteasomhemmer, CD38-Antikörper sowie immunmodulatorischen Therapeutika. Die CAR-T-Zellen für sämtliche 43 Probanden wurden aus Zellen von nur drei gesunden Personen generiert.
Zu Beginn erhielten alle Erkrankten eine lymphodepletierende Therapie mit dem CD52-Antikörper ALLO-647 kombiniert mit Fludarabin und/oder Cyclophosphamid, hier versuchten die Forschenden unterschiedliche Kombinationen und Dosierungen. Anschließend bekamen die Teilnehmenden CAR-T-Zellen in vier unterschiedlichen Dosierungen infundiert (40–480 Millionen Zellen). Bei allen wurden die zuletzt verabreichten Therapeutika ausgewaschen, niemand benötigte eine Überbrückungstherapie.
Nach einer medianen Nachbeobachtungsdauer von knapp elf Monaten hatten 56% aller Behandelten auf die Therapie angesprochen. Rund die Hälfte hatte eine hohe Dosis T-Zellen erhalten, davon zeigten 71% zumindest eine partielle Response, ein Viertel sprach komplett auf die Therapie an. Die Response hielt im Median 8,3 Monate. Das ist weniger als in Studien mit Ide-cel (10,7 Monate) und deutlich weniger als mit Cilta-Cel (Median nach 28 Monaten nicht erreicht).
Todesfälle durch Infektionen
Zu toxischen Effekten von Grad 3 oder höher kam es bei knapp neun von zehn Behandelten, zum großen Teil waren dies hämatologische Effekte, wie sie aufgrund der Lymphodepletion erwartet wurden, eine GvHD blieb dagegen bei allen aus. Etwa die Hälfte entwickelte nach der Lymphodepletion Infektionen, drei Personen starben daran. Bei zwölf Probanden kam es zur Reaktivierung von Zytomegalieviren, dies ließ sich mit Virustatika kontrollieren. Sieben Personen starben an den Folgen der Tumorprogression.
Für Mailankody und Mitarbeitende ist die Studie ein wichtiger Schritt in Richtung allogener CAR-T-Zelltherapie. „Wir haben gezeigt, dass ein solcher Ansatz machbar, wirksam und in akzeptabler Weise sicher ist“, schreiben sie.
Ob sich das allogene Verfahren, das zuvor auch schon gegen CD19 bei Kindern mit B-ALL erprobt worden war, etablieren kann, ist indes noch recht unsicher. In einem Standpunkt zur aktuellen Publikation verweisen Dr. Jennifer Brudno und Dr. James Kochenderfer vom National Cancer Institute in Bethesda in den USA auf Erfolge bei konkurrierenden Therapien. So wurde der bispezifische T-Zell-koppelnde Antikörper (BiTE) Teclistamab in den USA bereits bei r/r MM zugelassen. Die Responseraten seien bei vergleichbaren Erkrankten ähnlich hoch, die mediane Dauer der Response jedoch deutlich länger (18,4 Monate).
Auf der anderen Seite bietet die allogene CAR-T-Zelltherapie ein schier unerschöpfliches Potenzial für weitere Verbesserungen. So arbeitet das Team um Mailankody an „Turbo-CAR-T-Zellen“, die über spezielle konstitutiv aktive chimäre Zytokinrezeptoren verfügen (CACCR). Diese sollen eine erheblich bessere Ausbreitung und Persistenz im Wirtskörper ermöglichen. Andere versuchen CAR-T-Zellen durch Genediting so umzuprogrammieren, dass sie auch in der Lage sind, solide Tumoren anzugreifen, indem sie deren immunsupprimierenden Signale ignorieren.
Referenz:
Mailankody S et al.: Allogeneic BCMA-targeting CAR T cells in relapsed/refractory multiple myeloma: phase 1 UNIVERSAL trial interim results. Nat Med 2023; https://doi.org/10.1038/s41591-022-02182-7
Quelle: springermedizin.de