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Ärzte Woche

28.11.2024 | Kinderchirurgie

Zusammen noch besser

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Operateure aus unterschiedlichen Abteilungen bringen ihr Know-how ein – so wie bei Niklas L., der einen seltenen und bösartigen Tumor hatte.

In der Chirurgie gibt es acht Teildisziplinen und innerhalb dieser wiederum zahlreiche Spezialisierungen. „Wir arbeiten immer differenzierter“, sagt Prof. Dr. Jens Dingemann, Direktor der Klinik für Kinderchirurgie der Medizinischen Hochschule (MHH) Hannover. Dadurch würden nicht nur die einzelnen chirurgischen Sparten immer professioneller, es eröffneten sich ganz neue Möglichkeiten der Kooperation. „Zusammen sind wir noch besser, können erfolgreicher und sicherer operieren“, erläutert Dingemann. In der MHH-Kinderchirurgie arbeiten bei komplizierten und riskanten Eingriffen Chirurginnen und Chirurgen aus unterschiedlichen Fachabteilungen in interdisziplinären Teams zusammen.

Ein Beispiel dafür ist der Jugendliche Niklas L. aus der Nähe von Nienburg (Bundesland Niedersachsen). Ihm wurde von einem gemischten OP-Team ein großer bösartiger Tumor aus dem Brustraum entfernt.

„Alles fing damit an, dass ich einen kleinen Knubbel (Verdickung, Anm.) auf meiner linken Brust ertastet habe“, sagt Niklas. In seinem Brustraum saß ein Chondrosarkom, ein seltener Knochentumor. Im November 2023 kam der damals 17-Jährige zur Behandlung in die MHH. Normalerweise werden Chondrosarkome operativ entfernt. Doch auf den Röntgenaufnahmen von Niklas zeigte sich, dass der Tumor nach innen so groß wie eine Orange war. „Zudem war die Lage des Tumors ausgesprochen ungünstig. Er lag direkt auf dem Herzen und an der Aorta, also der Hauptschlagader,“ sagt Dingemann. Eine Operation schien zunächst unmöglich, weil zu riskant. Wirklich gute alternative Behandlungsmöglichkeiten gab es nicht: Eine Chemotherapie ist bei Chondrosarkomen grundsätzlich nicht geeignet und eine Bestrahlungstherapie war in Niklas‘ Fall nicht besonders erfolgversprechend.

Zur Beurteilung der Situation und des weiteren Vorgehens hatte sich von Anfang an ein interdisziplinäres Team zusammengeschlossen: Priv.-Doz. Dr. Murat Avsar für Herz- und Gefäßchirurgie, Dr. Patrick Zardo für Thorax- und Lungenchirurgie, Priv.-Doz. Dr. Alexander Horke für Kinderherzchirurgie und Dingemann für Kinderchirurgie.

Das Team ging am 17. Juli dieses Jahres maximal vorbereitet in den Operationssaal. „Wir waren breit aufgestellt, um auch in einer unerwarteten Situation adäquat handeln zu können“, sagt Dingemann. Dazu gehörte auch, dass eine Herz-Lungen-Maschine bereitstand. Doch diese musste glücklicherweise nicht eingesetzt werden. Während des dreistündigen Eingriffs gelang es mit unserem Team gemeinsam mit den Kollegen aus der Kardiotechnik, der Anästhesie und der Pflege, den Tumor trotz der kritischen Position restlos zu entfernen. „Das lag vor allem an unserer guten Kooperation, bei der jeder sein spezielles Know-how einbringen und die entsprechenden Schnitte machen konnte“, teilt Dingemann mit. Chirurgen aus unterschiedlichen Abteilungen an einem OP-Tisch sind unüblich. „Früher war klar, dass einer alles alleine macht. Da spielten auch Eitelkeiten eine Rolle. Doch langsam wandelt sich das Selbstverständnis.“


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Metadaten
Titel
Zusammen noch besser
Publikationsdatum
28.11.2024
Zeitung
Ärzte Woche
Ausgabe 50/2024