Bereits viele junge Männer leiden unter prostatogenen Miktionsbeschwerden. Häufig kann eine medikamentöse Therapie die Beschwerden lindern oder beseitigen. Bei persistierenden Beschwerden oder als Alternative zur medikamentösen Therapie kann eine interventionelle Therapie zum Einsatz kommen. Klassischen Verfahren, wie die transurethrale Resektion der Prostata (TUR-P), gehen aber mit erhöhter Morbidität und bei fast 3 von 4 Männern mit Einschränkungen der Sexualfunktion einher. Als Alternative stehen moderne Therapiemethoden zur Verfügung, die es ermöglichen, eine signifikante Verbesserung der funktionellen Parameter zu erzielen und gleichzeitig die Sexualfunktion zu schonen. Diese individuellen Therapieoptionen können auf die jeweiligen Patientencharakteristika unter Berücksichtigung der Patientenpräferenzen abgestimmt werden (patientenzentrierter Behandlungsansatz) und angeboten werden, wenn konservative Maßnahmen nicht ausreichen bzw. mit unerwünschten Nebenwirkungen verbunden sind oder der Patient einen invasiveren Eingriff und/oder die damit verbundenen Risiken vermeiden möchte.
Die aktuell vorliegenden Studienergebnisse zeigen, dass die modernen Therapietechniken eine sichere Alternative zu etablierteren, operativen Verfahren, wie der TUR‑P, darstellen. Allerdings müssen für einige dieser neueren Verfahren noch weitere Langzeitdaten und Vergleichsstudien abgewartet werden.
Dieser Artikel gibt einen Überblick über ausgewählte moderne, nichtablative Techniken (prostatisch-urethraler Lift [PUL] und temporär implantierbares Nitinolkörbchen [iTind™]) und (wassergestützte) ablative Verfahren (Wasserstrahlablation [Aquabeam™] und Wassersdampfinjektion [Rezum™]) und beleuchtet deren Effektivität hinsichtlich funktioneller Ergebnisse und dem Erhalt der Sexualfunktion.
Hinweise
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Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.
Einleitung
Die gutartige Prostatavergrösserung ist eine der häufigsten Erkrankungen des älter werdenden Mannes. Jedoch bereits ab dem 30. Lebensjahr beginnt das Drüsengewebe der Prostata in der Übergangszone zu wachsen. Ursächlich hierfür sind v. a. Androgene, wie z. B. das Testosteron. Mit zunehmendem Alter kann, unter dem Einfluss von Testosteron, ein überschiessendes gutartiges Wachstum der Prostata auftreten, die sog. benigne Prostatahyperplasie (BPH, [1]). Statistisch gesehen besteht schon bei der Hälfte der Männer über 50 Jahre eine BPH, und ab 70 Jahren sind schon über 70 % der Männer betroffen. Im noch höheren Alter wird fast bei allen Männern eine BPH festgestellt [1, 2].
Die BPH beschreibt lediglich die rein histopathologische Hyperplasie der Prostatazellen und muss nicht zwangsläufig zu Beschwerden führen. Durch das überschüssige Gewebe kann es zu einer Einengung der prostatischen Harnröhre kommen, man spricht dann von einer benignen Prostataobstruktion (BPO), die zu einer Erhöhung des Blasenauslasswiderstands führen kann. Durch die BPO können belastende Symptome des unteren Harntraktes auftreten, sog „lower urinary tract symptoms“ (LUTS). In dieser Konstellation spricht man auch häufig vom einem benignen Prostatasyndrom (BPS).
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Die auftretenden Beschwerden werden hierbei in irritative (Reizbeschwerden/Speichersymptome) und obstruktive Symptome (Entleerungsstörungen) unterteilt. Bei Reizbeschwerden verspüren die Patienten einen ständigen Harndrang, der sich auch nachts bemerkbar machen kann, wodurch viele Patienten auch nachts die Toilette aufsuchen müssen (Nykturie). Ein schwacher Harnstrahl, eine verzögerte Blasenentleerung oder auch Harnstottern sind klassische Symptome einer Entleerungsstörung. Viele Patienten klagen zudem auch über das störende Gefühl einer unvollständigen Blasenentleerung (Restharn) oder auch über ein Nachträufeln. Das BPS betrifft bis zu 80 % der über 80-Jährigen, aber 50 % der über 60-Jährigen sind ebenfalls bereits betroffen. Das BPS ist damit eine der häufigsten Erkrankungen des Mannes und kann somit als Volkskrankheit bezeichnet werden [1, 2].
Bei geringen Beschwerden, welche mit standardisierten Fragebögen, wie z. B. dem „international prostate symptom score“ (IPSS), quantifiziert werden können, kann eine medikamentöse Therapie, z. B. mit einem α‑Blocker, Linderung verschaffen. Sollte sich unter einer medikamentösen Beeinflussung jedoch keine ausreichende Symptomkontrolle einstellen oder sollten unerwünschte Nebenwirkungen, wie z. B. eine retrograde Ejakulation unter α‑Blocker-Einnahme auftreten, welche für den Patienten inakzeptabel erscheinen, kann eine invasive Therapie indiziert sein. Als Goldstandard der operativen Therapie für Drüsen bis zu einem Volumen von 80 ml wird immer noch die transurethrale Resektion der Prostata (TUR-P) angesehen [3, 4].
Die TUR‑P weist allerdings eine beträchtliche kumulative perioperative Morbidität von bis zu 11,1 % auf [5]. Relevante Komplikationen sind Harnverhalt (5,8 %), Harnwegsinfektionen (3,6 %), transfusionsbedürftige Blutungen (2,9 %) und TUR-Syndrome (1,4 %, [5]). Die Reoperationsrate nach TUR‑P liegt bei bis zu 5,6 % innert 30 Tagen [5] und bei etwa 12 % nach 5 Jahren [6]. Auch klagen in der Regel 3 von 4 Patienten nach Durchführung einer TUR‑P über den Verlust des Samenergusses (retrograde Ejakulation), was für die betroffenen Männer eine enorme Einschränkung der Lebensqualität bedeuten kann [7].
Die Anforderungen an die Behandler zur Auswahl der für den Patienten am besten geeigneten Therapie und die Erwartungen der Patienten an eine Therapie haben sich in den letzten Jahren zunehmend in ihrer Komplexität gewandelt. Moderne Behandlungsmethoden sollten bestenfalls ambulant und komplikationsarm durchführbar sein und gleichzeitig eine hohe Effektivität aufweisen sowie die Patientencharakteristika und die Patientenerwartungen in den Mittelpunkt stellen bzw. berücksichtigen (patientenzentrierte oder personalisierte Behandlung, [8]). Insbesondere jüngere und sexuell aktive Männer wünschen sich eine Erhaltung der Sexualfunktion (Erektion, antegrade Ejakulation) bei gleichzeitig optimalen funktionellen Ergebnissen in Bezug auf die Miktionssymptome [8, 9]. Dementsprechend wurde in den letzten Jahren eine Vielzahl an modernen Therapietechniken entwickelt [10].
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Minimal-invasive Therapien können, gemäss ihres chirurgischen Ansatzes, in nichtablative und ablative Methoden unterteilt werden. Dieser Artikel gibt einen Überblick über jeweils 2 gängige neue, nichtablative Verfahren (prostatisch-urethraler Lift [PUL, UroLift®, UroLift® System, Neo Tract Inc., Pleasanton, CA, USA] und temporär implantierbares Nitinolkörbchen [iTIND™, Medi-Tate, Or Akiva, Israel]) und 2 (wassergestützte) neue ablative Verfahren (Wasserstrahlablation [Aquabeam™, Aquabeam™ System, PROCEPT BioRobotics, Redwood City, CA, USA] und Wasserdampfinjektion [Rezum™, Boston Scientific, Marlborough, MA, USA]) und verschafft einen Überblick über deren jeweilige Effektivität zur Verbesserung der Miktionssymptome und zur Erhaltung der Sexualfunktion unter Berücksichtigung der jeweiligen Sicherheitsprofile für Prostatae bis 80 ml Volumen.
Prostatisch-urethraler Lift ist eine transurethrale Technik, bei der das zu obstruierende Prostatagewebe durch permanente mechanische Spannung in Richtung Kapsel gezogen wird. Dazu werden nicht resorbierbare Monofilamentnähte und eine Nitinolkapsellasche von der Harnröhre bis zur äußeren Faserkapsel implantiert, um einen anterioren Kanal in der prostatischen Harnröhre auszubilden (Abb. 1). Der PUL-Eingriff wird über eine Zystoskopie mit einem speziell angefertigten Implantateinführungsgerät (UroLift® System, Neo Tract Inc., Pleasanton, CA, USA) vollzogen und kann unter lokaler Anästhesie und Sedierung durchgeführt werden [11]. Es wird von einer raschen Desobstruktion mit kurzzeitiger bis gar keiner Katheterisierung berichtet. PUL durchlief zahlreiche klinische Studien und wurde schließlich 2009 in Europa, 2010 in Australien und 2013 in den USA zugelassen [12].
Die LIFT-Studie (LIFT: „luminal improvement following prostatic tissue approximation“) ist die erste kontrolliert randomisierte Studie zu PUL [13]. In der Studie wurden an 19 Zentren in Nordamerika und Australien 206 Männer im Alter von ≥ 50 Jahren mit einem IPSS > 12, einer maximalen Harnstrahlrate (Qmax) ≤ 12 ml/s und einem Prostatavolumen von 30–80 ml im Verhältnis 2:1 auf das PUL-Verfahren oder eine verblindete Scheinkontrollgruppe randomisiert.
LUTS und Lebensqualität wurden bereits nach 2 Wochen durch PUL signifikant verbessert. Die IPSS-Verbesserung nach PUL war nach 3 Monaten um 88 % größer als die der Scheinbehandlung (−11,1 ± 7,67 vs. −5,9 ± 7,66, p = 0,003). Für die PUL-Gruppe ergab sich eine absolute Verbesserung des IPSS um etwa 50 % nach 3 und 12 Monaten. Der Harnstrahl war nach 3 und 12 Monaten um 4,4 bzw. 4,0 ml/s signifikant verbessert. Unerwünschte Ereignisse waren leicht bis mittelschwer und lediglich vorübergehend. 2017 wurden die dazugehörigen 5‑Jahres-Nachsorgedaten publiziert [14]. Die Verbesserung von IPSS, Lebensqualität und Qmax war über 5 Jahre hinweg mit Verbesserungen von 36 %, 50 % und 44 % dauerhaft. Die Reoperationsrate betrug 13,6 % nach 5 Jahren. Die sexuelle Funktion war über 5 Jahre stabil, es traten keine neuen, anhaltenden Erektions- oder Ejakulationsstörungen auf.
In einem systematischen Review zu PUL aus dem Jahre 2020 wurden 11 Patientenserien ausgewertet. Die meisten der eingeschlossenen Studien hatten eine Nachbeobachtungsphase von 12 oder 24 Monaten. Die Metaanalyse zeigte eine signifikante Verbesserung des IPSS um −10,45 (−11,70–−9,20) Punkte nach 12 Monaten und um −9,73 (−10,77–−8,69) Punkte nach 24 Monaten sowie der maximalen Harnstrahlrate um +3,54 (3,03–4,05) ml/s nach 12 Monaten und um +3,68 (2,97–4,38) ml/s nach 24 Monaten ohne negative Beeinflussung der Sexualfunktion. Die häufigsten Komplikationen innerhalb der ersten 90 Tage nach der Intervention waren: Dysurie (9,09–52,9 %), Hämaturie (2,64–74,5 %), Beckenschmerzen (0–52,3 %), Harnwegsinfektionen (0,98–10,9 %) und Inkontinenz (0–7,81 %).
Die Metaanalyse beschreibt eine TUR-P-Rate aufgrund einer Progression der BPO nach PUL von 3,6–18,8 % innerhalb von 24 Monaten. TUR‑P nach durchgeführter PUL zeigten keine implantatbezogenen Komplikationen [14, 15].
Ein weiterer systematischer Review zu chirurgischen Wiedereingriffen aus 11 Studien (2016 Patienten), bei denen TUR-P/Laser (51,0 %), wiederholte PUL (32,7 %) und die Explantation von PUL-Fäden (19,6 %) am häufigsten vorkamen, ergab eine jährliche Rate von chirurgischen Wiedereingriffen von 6,0 % pro Jahr (95 %-KI: 3,0–8,9, [16]).
PUL wird in der Regel bei Patienten mit einer Obstruktion der Seitenlappen und einer Prostatagröße < 80 ml eingesetzt. Da aktuell nur vereinzelte Studien zum Einsatz von PUL bei einem obstruktiven Prostatamittellappen [17] oder bei Prostatae > 80 ml [18] vorliegen, empfiehlt die europäische Gesellschaft für Urologie (EAU) in ihrer 2022 erschienenen Leitlinie „management of non-neurogenic male LUTS“ den Einsatz von PUL auch nur bei Männern mit LUTS und einer Prostatagrösse < 70 ml und nicht obstruktivem Mittellappen sowie bei Männern mit Wunsch zum Ejakulationserhalt.
Bei diesem Verfahren wird eine Art Drahtkäfig aus stabilen Nitinoldrähten (Medi-Tate, Or Akiva, Israel) temporär in der Prostataloge platziert und in der Regel nach 5–7 Tagen wieder entfernt. Die Platzierung erfolgt zystoskopisch und kann problemlos in Lokalanästhesie oder Sedoanalgesie durchgeführt werden. Hierbei wird der aus mehreren Streben und einem sog. Anker bestehende Drahtexpander in zusammengefalteter Form in die Blase eingebracht, dort entfaltet und dann in die Prostataloge zurückgezogen (Abb. 2). Die korrekte Position des Drahtkäfigs liegt distal des Blasenauslasses und kranial des externen Harnröhrenschliessmuskels, die Streben sitzen in 5, 7 und 12 Uhr in Steinschnittlage (Abb. 2). Die 1. Generation arbeitete mit 4 Streben, die 2. Generation der Vorrichtung mit 3 Streben [19]. Die kontinuierliche Kompression der Streben auf das Adenomgewebe führt innert Tagen zu ischämischen Nekrosen, wonach der Drahtkäfig wieder zystoskopisch in Lokalanästhesie entfernt werden kann. Ein prospektive Studie mit 32 Teilnehmern untersuchte die Wirkung der 1. Generation des Nitinolkörbchens und konnte eine signifikante Verbesserung von IPSS, Qmax und der Lebensqualität nachweisen, die über 3 Jahre anhielt [20]. Diese Ergebnisse konnten in einer prospektiven Studie mit 81 Probanden für die 2. Generation über die Dauer von 3 Jahren bestätigt werden [21].
Hierbei zeigten sich eine durchschnittliche Verbesserung des IPSS um 8,5 Punkte sowie des Qmax auf 16 ml/s sowie eine signifikante Reduktion des Restharns [22].
Die Untersuchung des Sicherheitsprofils der 2. Generation war durchaus positiv. Innert 30 Tagen nach der Intervention waren lediglich Grad-I- und -II-Komplikationen gemäss der Clavien-Dindo-Klassifikation zu verzeichnen [19]. Hierbei traten u. a. Makrohämaturie (12,3 %), Harndrang (11,1 %), Schmerzen (9,9 %), Dysurie (7,4 %) auf, die alle selbstlimitierend waren [19]. Bei 5 Patienten kam es nach Einsetzen des Körbchens zu einem akuten Harnverhalt, in 1 Fall musste das Körbchen entfernt werden; 6,2 % der Patienten entwickelten einen Harnwegsinfekt, der eine antibiotische Therapie notwendig machte [19]. Die Reoperationsrate nach diesem Verfahren lag bei 8,6 % innert 3 Jahren. Bei 4 der 7 reoperierten Patienten lag eine Mittellappenkonfiguration vor, die als limitierender Faktor für diesen Eingriff anzusehen ist.
Hinsichtlich der Sexualfunktion konnten keine Einschränkungen festgestellt werden. Somit scheint das Verfahren besonders für Patienten geeignet zu sein, die Wert auf den Erhalt der erektilen Funktion und der antegraden Ejakulation legen [22]. Das Verfahren ist allerdings aktuell noch als experimentell einzustufen, und es bedarf weiterer randomisierter Studien, um die funktionellen Ergebnisse dieses Verfahrens mit dem Referenzverfahren vergleichen zu können. Darüber hinaus liegen noch keine Langzeitdaten für diese Technik vor.
Die Wasserstrahlablation (Aquabeam™ System, PROCEPT BioRobotics, Redwood City, CA, USA; Abb. 3) ist ein neues und innovatives roboterassistiertes Verfahren, das eine besonders schonende, kontrollierte und schnelle Verkleinerung der Prostata ermöglicht. Für die Exzision des Gewebes kommt ein fokussierter Hochdruckwasserstrahl zur Anwendung, wobei keine thermische Energie erzeugt wird. Unter transrektaler Ultraschallkontrolle wird zunächst das abzutragende Gewebe identifiziert und markiert. Der Operationsroboter garantiert dabei ein Höchstmass an Präzision und eine millimetergenaue Abtragung entlang dieser Grenzen. Die Eindringtiefe des Wasserstrahls (maximal 24 mm) kann hierbei in Echtzeit kontrolliert und angepasst werden. Sollten sich nach der Gewebeabtragung Blutungen am Blasenhals oder der Prostataloge zeigen, können eine klassische Kauterisation durchgeführt oder ein Katheter zur intraprostatischen Kompression eingelegt werden [23]. Es gilt allerdings zu beachten, dass die histopathologische Beurteilung des abgetragenen Gewebes aufgrund der starken Alteration und Fragmentierung eingeschränkt ist [24].
Die WATER-Studie untersuchte die funktionellen Ergebnisse dieser Technik und konnte mit 181 eingeschlossenen Probanden zeigen, dass die Wasserstrahlablation der TUR‑P nicht unterlegen ist [25]. Beide Gruppen wiesen nach 3 Jahren eine deutliche Reduktion des IPSS (−14,4 Punkte nach Wasserstrahlablation und −13,9 Punkte nach TUR-P) auf. Insbesondere Männer mit grossvolumigen Prostatadrüsen (> 50 ml) zeigten eine deutliche Verbesserung der LUTS. Hinsichtlich der maximalen Harnstrahlstärke (Qmax) zeigte sich bereits nach 1 Monat eine deutliche Verbesserung, die ebenfalls über 3 Jahre anhielt (Verbesserung um 11,6 ml/s nach Wasserstrahlablation und 8,2 ml/s nach TUR‑P, [25]). Hinsichtlich der Sexualfunktion wurden die Patienten mit Hilfe des MSHQ-Fragebogens (MSHQ: „male sexual health questionnaire“) untersucht. Die Patienten nach Wasserstrahlablation zeigten hierbei deutlich bessere Werte für die Qualität der Ejakulation im Vergleich zu Patienten nach TUR‑P. Insbesondere die postoperative retrograde Ejakulation innert 100 Tagen trat nach Wasserstrahlablation signifikant seltener auf (7,8 % vs. 23,1 %) Für die erektile Funktion gab es keine Unterschiede zwischen den beiden Verfahren. Auch mit Blick auf das Sicherheitsprofil zeigten sich keine signifikanten Unterschiede bezüglich der Raten an unerwünschten Ereignissen. Die Reinterventionsraten nach 3 Jahren waren bei beiden Methoden niedrig (4,3 % nach Wasserstrahlablation, 1,5 % nach TUR-P).
Langzeitdaten für das Verfahren sind aber noch abzuwarten. Daher bleibt die Wasserstrahlablation weiterhin unter Überprüfung, die aktuelle EAU-Leitlinie „management of non-neurogenic male LUTS“ spricht aber bereits eine schwache Empfehlung aus.
Ablative Verfahren – Wasserdampfablation (Rezum™)
Bei diesem Verfahren (früher Rezum™ System, NxThera Inc., Maple Grove, MN, USA, jetzt Boston Scientific, Marlborough, MA, USA, Abb. 4), welches ebenfalls minimal-invasiv endoskopisch durch die Harnröhre zur Anwendung kommt, wird durch eine dünne, ausfahrbare Nadel 103 °C heisser Wasserdampf in das die Harnröhre einengende prostatische Gewebe injiziert. Eine Injektion, bei der lediglich 0,4 ml Wasser abgegeben werden, dauert dabei nur 9 s, sodass dieser Eingriff nicht länger als 5–10 min beansprucht. Es ist etwa 1 Injektion pro 10 ml Prostatavolumen notwendig, um die prostatische Harnröhre zu desobstruieren. Ein obstruierender Prostatamittellappen kann mit diesem Verfahren ebenso behandelt werden wie die Seitenlappen. Der Wasserdampf verteilt sich durch Konvektion gleichmäßig im Zellzwischenraum innerhalb der Prostatapseudokapsel (zentrale Zone und Transitionalzone der Prostata, in welchen das gutartige Prostatadrüsenwachstum stattfindet und zur Einengung der Harnröhre führt). Die im Wasserdampf gespeicherte thermische Energie (904 J/0,4 ml H2O) wird durch Kondensation an die Prostatazellen abgegeben. Dabei kühlt der Wasserdampf auf 70 °C ab. Diese Energieabgabe führt zum Zelluntergang und in der Folge nach etwa 3 Monaten durch Apoptose zu einer Verkleinerung der Prostata um etwa 30 %, einer Verbesserung des IPSS um etwa 50 % und zu einer Verbesserung des Harnstrahls (Qmax) um etwa 6–7 ml/s. Aktuelle Daten aus der bisher einzigen prospektiv randomisierten Zulassungsstudie, in welcher die Wasserdampftherapie mit einer Scheinbehandlung verglichen wurde, zeigten, dass die Miktionsverbesserung nach etwa 3 Wochen einsetzt und über einen Zeitraum von mindestens 5 Jahren nach der Operation signifikant und konstant gut erhalten bleibt [26]. Diese Studie von McVary et al. ist damit aktuell die Referenzstudie und die Studie mit dem längsten Nachsorgeintervall. In ihr wurden insgesamt 197 Männer im Alter von > 50 Jahren mit einem IPSS ≥ 13, einer Qmax ≤ 15 ml/s und einem Prostatavolumen von 30–80 ml eingeschlossen. Die Reoperationsrate war in dieser Studie 4,4 % nach 3 Jahren und stieg bis zum 5. Nachbeobachtungsjahr nicht weiter an. Die Rate an Patienten, die nach der Wasserdampftherapie erneut mit BPH-Medikamenten therapiert werden musste, war 3,7 % nach 3 Jahren und 11,1 % nach 5 Jahren. Bezüglich der Verbesserung der Miktion (Prostatavolumenreduktion, IPSS, Qmax) zeigten andere retrospektive Kohortenstudien [26‐30] ähnliche Resultate, jedoch mit deutlich kürzeren Nachbeobachtungsintervallen als für die Zulassungsstudie von McVary et al. [26]. In einem Review und einer Metaanalyse aus dem Jahr 2020, welche die Zulassungsstudie von McVary einschliessen, fällt die kumulative Reoperationsrate mit 6,3 % nach 3 Jahren und 7,0 % nach 4 Jahren jedoch geringgradig höher aus [29]. Unsere eigenen, noch nicht publizierten retrospektiven Daten von 101 Patienten mit einem Prostatavolumen von 48 ml (IQR: 35–73 ml) und einem mittleren Nachbeobachtungszeitraum von 2,7 (IQR: 2,3–4,5) Jahren, die bis Dezember 2020 am Universitätsspital Basel mit Rezum™ behandelt wurden, zeigen eine Reoperationsrate von 7,8 % bei einer IPSS- und Lebensqualitätsverbesserung um 65 und 67 % sowie eine Restharnreduzierung um 80 %.
Die Wasserdampfablation der Prostata kann ohne Vollnarkose oder Spinalanästhesie mit einem Prostatablock oder einer Analgosedierung durchgeführt werden [29].
Rezum™ erhält sehr gut die Sexualfunktion (Erektion, Ejakulation) bei sehr niedrigem Risikoprofil für andere Nebenwirkungen und Komplikationen. Es ist mit einer Rate an retrograder Ejakulation von etwa 3 % zu rechnen [31], und Patienten sind nach dem Eingriff mehrheitlich mit der Ejakulation zufrieden [32]. Negative Auswirkungen auf die Erektion treten nicht auf. Die häufigsten Komplikationen/Nebenwirkungen sind Dysurie (16,2 %), Hämaturie (11,7 %), Harnverhalt nach Katheterentfernung (11,2 %, jedoch abhängig vom Zeitpunkt der Katheterentfernung und den präoperativen Voraussetzungen) und Harnwegsinfekte (10,9 %, [29]). Die erfolgreiche Katheterfreiheitsrate nach Rezum™-Verfahren bei Patienten nach Harnverhalt mit Katheterversorgung liegt bei 70–88 % [33, 34].
Fazit für die Praxis
Bereits viele junge Männer leiden unter Prostatabeschwerden.
Reicht eine medikamentöse Therapie nicht aus, um die Beschwerden angemessen zu verbessern, oder ist eine dauerhafte Medikamenteneinnahme nicht gewünscht, stehen minimal-invasive Methoden zur Verfügung. Diese alternativen Therapieoptionen können eine signifikante Verbesserung der funktionellen Parameter erzielen und stellen eine sichere Alternative zu etablierten operativen Verfahren, wie z. B. der transurethralen Resektion der Prostata (TUR-P), dar.
Der grosse Vorteil der modernen Verfahren liegt in der signifikant besseren Erhaltung der Sexualfunktion, insbesondere der antegraden Ejakulation, sowie der Möglichkeit, die Eingriffe in Sedoanalgesie bzw. Lokalanästhesie (Ausnahme Aquabeam™) durchführen zu können.
Für einige dieser Verfahren müssen jedoch noch weitere Langzeitdaten und Vergleichsstudien abgewartet werden, um konkrete Empfehlung, auch in Leitlinien, zu verankern.
Einhaltung ethischer Richtlinien
Interessenkonflikt
C. Wetterauer, H. Seifert und J. Ebbing geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Für diesen Beitrag wurden von den Autor/-innen keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien.
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