01.12.2012 | letter to the editor
Kommentar zum Artikel „Psychopharmaka und Diabetes“ von Ress C, Tschoner A, Kaser S und Ebenbichler CF. In Wiener Medizinische Wochenschrift 2011; 161/21–22: 531–542
Erschienen in: Wiener Medizinische Wochenschrift | Ausgabe 23-24/2012
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Der Artikel führt in eine sehr komplexe und klinisch bedeutsame Materie ein. Es werden die Zusammenhänge von psychiatrischen Erkrankungen mit Diabetes und Zunahme des Körpergewichts sowie der Einfluss von Psychopharmaka resümiert. Besonders Olanzapin als Neuroleptikum der zweiten Generation hatte ja wegen teilweise sehr starker Zunahme des Körpergewichts den Anstoß für eine Vielzahl von Studien und Publikationen gegeben. Die Ausführungen zu Antidepressiva und insbesondere zu Monoaminoxidase-(MAO)-Hemmern sind aber kritisch zu sehen. Für eine allgemein geltende Einordnung aller Antidepressiva hinsichtlich des Nebenwirkungspotenzials Körpergewichtserhöhung, wie in Tab. 4 vorgenommen, ist die Datenlage zu gering. Betreffs MAO-Hemmer und in einigen anderen Punkten sind Fehlgriffe erkennbar. Methodisch ist zu bemängeln, dass der Literaturhinweis im Kopf der Tabelle die gemachten Angaben nicht enthält. Auch im Text sind weitergehende Erklärungen nicht ausreichend zu finden, z. B. keine über MAO-Hemmer. Eigene Recherchen über andere Publikationen der Autoren führen zur möglicherweise gemeinten Quelle [1], aber diese ist ihrerseits wiederum nur Teil einer Zitatekette [2]. Am Ende stößt man auf Publikationen, die die getroffenen Einschätzungen speziell zu MAO-Hemmern nicht stützen, da keine Angaben über Antidepressiva [3] oder MAO-Hemmer [4] enthalten sind. Nur die in der Übersicht [2] gemäß [1] zitierte Übersicht [5] enthält Aussagen zu MAO-Hemmern, ohne aber die getroffene Einordnung begründen zu können. Der Fehler in [5] besteht in der Gleichsetzung von Hydrazid-MAO-Hemmern wie Phenelzin mit dem amphetaminähnlichen MAO-Hemmer Tranylcypromin. Dabei ist die Differenzierung von Phenelzin und Tranylcypromin in der in [5] zitierten Literatur [6] ausdrücklich gegeben. Aktuell wichtigste Arbeit zu Antidepressiva und Körpergewicht ist die Metaanalyse von [7], mit dem Ergebnis dass nur Amitriptylin, Mirtazapin und der SSRI Paroxetin das Körpergewicht signifikant und wissenschaftlich nachvollziehbar erhöhen, der SSRI Fluoxetin aber erniedrigt. Diese Metaanalyse kontrollierter Studien ist in der Literaturliste des Artikels nicht zu finden, was erklärt, dass alle SSRI in Tab. 4 als wenig risikobesetzt gleichgestellt werden. Nicht nachvollziehbar ist auch, wie der Satz in [5] „Mirtazapine may be the most likely antidepressant to induce significant weigth gain.“ sowie die Ergebnisse der Metaanalyse zur Einstufung von Mirtazapin als mit geringerem Potenzial zur Körpergewichtssteigerung verglichen mit Amitriptylin zusammen passen. …Anzeige