Lipodystrophien umfassen eine heterogene Gruppe seltener Erkrankungen, die durch einen vollständigen oder partiellen Verlust von Fettgewebe gekennzeichnet sind. Die meisten Formen sind genetisch bedingt, und dazu zählen die kongenitale generalisierte Lipodystrophie (CGL) und die familiäre partielle Lipodystrophie (FPLD).
Lipodystrophien sind oft mit schwerer Insulinresistenz, Diabetes mellitus Typ 2, Hypertriglyzeridämie, metabolischer Dysfunktion-assoziierter Fettlebererkrankung (MASLD) und erhöhtem kardiovaskulärem Risiko verbunden, was zu einer erhöhten Morbidität und Mortalität führt. Die klinische Präsentation variiert je nach Form der Lipodystrophie, mit häufigen metabolischen Komplikationen wie Fettlebererkrankung bzw. Fibrose/Zirrhose, Pankreatitis, schwer einstellbarem Diabetes mellitus Typ 2 und kardiovaskulären Erkrankungen bzw. frühzeitigen Ereignissen wie Herzinfarkt und Schlaganfall.
Die Diagnose wird klinisch gestellt und basiert auf Anamnese, körperlicher Untersuchung und laborchemischen Untersuchungen, ergänzt durch bildgebende Verfahren zur Quantifizierung des Fettmangels. Gentests können hilfreich sein, negative Ergebnisse schließen aber eine Lipodystrophie prinzipiell nicht aus.
Die Behandlung umfasst Lebensstilmodifikationen und die Therapie der Begleiterkrankungen, insbesondere des Diabetes bzw. der Dyslipidämie. Zusätzlich kann das humane rekombinante Leptin-Analogon Metreleptin für die Behandlung der generalisierten Lipodystrophie und in ausgewählten Fällen auch für partielle Lipodystrophie eingesetzt werden. Eine multidisziplinäre Betreuung in spezialisierten Zentren ist aufgrund der Komplexität und Vielfalt der möglichen Komplikationen entscheidend.
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Einleitung
Der Begriff Lipodystrophie umfasst eine heterogene Gruppe seltener Erkrankungen, die durch einen vollständigen oder partiellen Verlust von Fettgewebe ohne Mangelernährung oder katabole Zustände gekennzeichnet sind [1].
Je nach Ursache kann eine Lipodystrophie in genetische oder erworbene Formen unterteilt werden und je nach Ausmaß des Verlusts an Fettgewebe unterscheidet man zwischen generalisierter (vollständigem Fettverlust) oder partieller (teilweisem Erhalt von Fettdepots) Lipodystrophie. Daraus ergeben sich vier Hauptkategorien: kongenitale generalisierte Lipodystrophie („congenital generalized lipodystrophy“, CGL), familiäre partielle Lipodystrophie („familiar partial lipodystrophy, FPLD“), erworbene generalisierte Lipodystrophie („acquired generalized lipodystrophy“, AGL) und erworbene partielle Lipodystrophie („acquired partial lipodystrophy“, APL). Neben diesen klassischen Kategorien gibt es weitere Erkrankungen, die mit einer Lipodystrophie einhergehen können, wie zum Beispiel progeroidale Syndrome [2] und auch durch myeloablative Therapie [3] oder Checkpoint-Inhibitoren [4‐6] induzierte Lipodystrophien, die ebenfalls als generalisiert oder partiell auftreten können.
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Da Lipodystrophien selten sind, aber auch oft unerkannt bleiben, ist es schwierig, die genaue Prävalenz abzuschätzen. Die erste strukturierte epidemiologische Studie von Chiquette et al. [7] schätzte die Prävalenz aller Lipodystrophieformen anhand von elektronischen Krankenakten und Literatur auf 1,3 bis 4,7 Fällen pro Million. Eine deutlich höhere Prävalenz wurde jedoch in einer 2024 veröffentlichten Studie beschrieben, wo die Prävalenz der FPLD-Formen alleine auf 19–30 pro Million geschätzt wird [8]. Es ist anzunehmen, dass die Erkrankung unterdiagnostiziert ist, insbesondere bei PatientInnen mit weniger ausgeprägtem Phänotyp, wie z. B. bei Männern oder bei FPLD Typ 1, auch Köbberling-Typ genannt, bei welchem keine klaren Diagnosekriterien vorliegen [8]. Die erworbenen Formen der Lipodystrophie, welche oft mit Autoimmunerkrankungen einhergehen, sind noch seltener als die genetischen Formen und machen schätzungsweise etwa 10 % der jeweiligen Subtypen aus [9]. Bei erworbenen Lipodystrophieformen sind Frauen deutlich häufiger betroffen als Männer (3:1 für AGL, 4:1 für APL) [9].
Hinsichtlich der Ätiologie von Lipodystrophie sind aktuell über 20 Gene als Ursache für monogene Lipodystrophiesyndrome beschrieben, welche mit der Bildung oder Funktion von Adipozyten in Verbindung stehen [10]. Für erworbene Formen der Lipodystrophie wird vermutet, dass eine Immunreaktion gegen das Fettgewebe eine Rolle in der Pathogenese spielt [9]. Gelegentlich können auch Antikörper gegen adipozytenspezifische Antigene wie z. B. Perilipin detektiert werden, allerdings ist die genaue Pathogenese in vielen Fällen nach wie vor ungeklärt [11].
Das klinische Erscheinungsbild der Lipodystrophie ist je nach Subtyp unterschiedlich stark ausgeprägt. Ein gemeinsames Merkmal aller Formen ist jedoch die ausgeprägte Insulinresistenz, die auf eine Dysfunktion bzw. verringerte Speicherkapazität des Fettgewebes zurückzuführen ist, und der daraus folgende Mangel an Leptin, einem im Fettgewebe gebildeten Hormon, das in Abhängigkeit von der Fettmasse sezerniert wird und den Appetit unterdrückt [12]. Darauf basierend entwickeln die PatientInnen eine Hyperphagie, ein metabolisches Syndrom und häufig Diabetes mellitus Typ 2, Hypertriglyzeridämie, metabolische Dysfunktions-assoziierte steatotische Lebererkrankungen (MASLD) und in weiterer Folge kardiovaskuläre Komplikationen, weshalb PatientInnen mit Lipodystrophie eine deutlich höhere Mortalität im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung aufweisen [13]. Die häufigsten Todesursachen sind Herzerkrankungen, Lebererkrankungen, Nierenversagen, akute Pankreatitis und Sepsis [1, 14]. Das rechtzeitige Erkennen von bestimmten „red flags“, die zur Identifikation dieser PatientInnen führen, ist daher wesentlich, um die notwendige Betreuung zu optimieren, da auch spezifische Therapien existieren. Für eine frühere Erkennung und eine korrekte Diagnose und Behandlung ist entscheidend, das Bewusstsein für Lipodystrophie besonders bei InternistInnen und EndokrinologInnen zu steigern. Die PatientInnen sollten optimalerweise in spezialisierten Zentren von einem multidisziplinären Team betreut werden und auch aufgrund der Seltenheit der Erkrankungen in internationalen Registern dokumentiert werden. Die Behandlung konzentriert sich in erster Linie auf das Management der Begleiterkrankungen, dennoch gibt es seit einigen Jahren auch eine spezifische Behandlungsoption. Obwohl es derzeit keine Heilung für Lipodystrophie gibt, wurde humanes rekombinantes Leptin (Metreleptin, Myalepta) in der EU als spezifische Therapie für generalisierte und partielle Lipodystrophie zugelassen.
Ein besseres Verständnis für die Pathophysiologie der Lipodystrophie, nämlich, dass eine reduzierte Fettgewebsmasse bzw. eine Funktionsstörung des weißen Fetts zum metabolischen Syndrom und ektoper Lipidablagerung führen, weil eben ein sicherer Speicherort für Lipide und überschüssige Kalorien fehlt, ist auch für PatientInnen ohne klassische Lipodystrophie relevant [15]. Es gibt vermutlich fließende Übergänge, wo monogenetische Lipodystrophieformen ein Extrem darstellen, aber subtilere Formen ebenfalls existieren, wie es genomweite Assoziationsstudien (GWAS) vermuten lassen [16, 17]. Die Forschung sieht zunehmend Zusammenhänge zwischen Fettverteilung bzw. -funktion und kardiovaskulären Risiken [15]. Die Lokalisierung des Fettgewebes ist dabei entscheidend für den Stoffwechsel der Adipozyten wie z. B. für die Lipolyserate [15]. PatientInnen, die keine klassische Lipodystrophie haben, jedoch einen Lipodystrophie-ähnlichen Phänotyp hinsichtlich der Fettverteilung aufweisen, insbesondere mit eingeschränkter Fettspeicherung im femoroglutealen Bereich, sind einem erhöhten Risiko für metabolische Komplikationen und kardiovaskuläre Erkrankungen ausgesetzt und sollten daher sorgfältig überwacht werden.
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In den folgenden Abschnitten werden die Hauptmerkmale der Lipodystrophiesyndrome mit besonderem Fokus auf die häufigsten genetischen Formen dargestellt. Bzgl. noch seltener autoimmuner Formen verweisen wir auf andere Beiträge aus der internationalen Literatur [9]. Abschließend bieten wir einen Überblick über diagnostische Hilfsmittel und therapeutische Optionen und präsentieren eine Liste der deutschsprachigen Lipodystrophie-Referenzzentren, die bei Verdacht auf eine Lipodystrophie kontaktiert werden können.
Klinische Präsentation
Die klinische Manifestation der Lipodystrophiesyndrome ist ausgesprochen heterogen und variiert stark je nach Form der Erkrankung. In diesem Abschnitt liegt der Schwerpunkt auf den Stoffwechselstörungen sowie den klinischen Aspekten der Hauptformen von Lipodystrophie. Ein Überblick über die Hauptmerkmale seltener Lipodystrophieformen ist in Tab. 1 dargestellt.
Tab. 1
Zusammenfassung der Hauptmerkmale der häufigsten Formen von genetischer und erworbener Lipodystrophie
Form
Ursache
Fettverteilung
Klinisches Erscheinungsbild
Publikationen
Genetische Lipodystrophieformen
Kongenitale generalisierte Lipodystrophie
CGL1
AGPAT2, autosomal rezessiv
Nahezu vollständiger Mangel von Fettgewebe seit der Geburt; mechanische Fettdepots ausgespart
Schwere IR, Acanthosis nigricans, Hypertriglyzeridämie, hepatische Steatose, lytische Knochenläsionen, Kardiomyopathie
Beginn mit Pubertät bei Frauen, später bei Männern; Fettverlust im Rumpf, Gesäß und Gliedmaßen; Fettansammlung im Gesicht, am Hals und in den supraklavikulären Fossae, an den großen Schamlippen bei Frauen; cushingoides Erscheinungsbild
IR, MASLD, Kardiomyopathie, muskuläre Hypertrophie und Myalgien, Phlebomegalie, Acanthosis nigricans, Acrochordons, Hirsutismus bei Frauen, Pankreatitis, arterielle Hypertonie, Nierenbeteiligung
Beginn im Erwachsenenalter; Fettverlust im Rumpf, Gesäß und Gliedmaßen; Fettansammlung im Gesicht, am Hals und in den supraklavikulären Fossae, an den großen Schamlippen bei Frauen
Beginn meistens im Kindes- oder Jugendalter; nahezu vollständiger Verlust von subkutanem Fettgewebe
Frauen 3‑fach mehr betroffen; AGL Typ 1: Panniculitis, ggf. begleitende Autoimmunerkrankungen; AGL Typ 2: Autoimmunerkrankungen (z. B. Autoimmunhepatitis; Autoimmunthyreoiditis; rheumatoide Arthritis; autoimmunhämolytische Anämie) ohne Panniculitis; AGL Typ 3: keine begleitenden Autoimmunerkrankungen, idiopathisch. Lipodystrophie-typische metabolische Komplikationen (bei AGL Typ 1 weniger ausgeprägt)
Beginn im Kindes- oder Jugendalter; kraniokaudaler Verlust des subkutanen Fettgewebes (Gesicht, Schultergürtel, obere Extremitäten und Rumpf); häufig Fettansammlung in Gesäß und unteren Gliedmaßen
Frauen 4‑fach mehr betroffen; ca. 40 % begleitende Autoimmunerkrankung (z. B. systemischer Lupus erythematodes, Autoimmunthyreoiditis; rheumatoide Arthritis); IgG nephritisches Faktor und erniedrigtes C3 in ca. 70 % der Fälle; membranoproliferative Glomerulonephritis. Metabolische Komplikationen selten, da femorogluteale Fettdepots meist ausgespart
Ein gemeinsames Merkmal der Lipodystrophie ist die Insulinresistenz (IR), die auf die zugrunde liegende Dysfunktion des Fettgewebes zurückzuführen ist [12]. Die IR resultiert nämlich direkt aus der verringerten Fähigkeit des Körpers, überschüssige kalorische Energie als metabolisch gesundes Fett zu speichern, welches zur Ansammlung von ektopischem Fett in Bereichen wie der Leber, der Muskeln, der Bauchspeicheldrüse und dem epikardialen Fett führt [18]. Die IR kann je nach Schweregrad zu Stoffwechselstörungen wie Diabetes mellitus Typ 2, Hypertriglyzeridämie sowie zur MASLD führen. In dieser Hinsicht erinnert also die Stoffwechsellage von PatientInnen mit Lipodystrophie stark an das metabolische Syndrom, das mit Adipositas assoziiert ist. Leptin, das proportional zur Fettmasse im Fettgewebe gebildet wird und im Hypothalamus ein wichtiger Feedbackregulator der Nahrungsaufnahme und des Appetits ist, fehlt bei Lipodystrophie oder ist stark erniedrigt. Dieser Mangel an anorexigenem Leptin führt bei PatientInnen mit Lipodystrophie zu einer Steigerung des Appetits bzw. zu einer Hyperphagie [19, 20]. Die darauffolgende vermehrte Energieeinnahme, welche wiederum in den ektopen Fettdepots gespeichert wird, verschärft die metabolische Lage der Lipodystrophie im Sinne eines Circulus vitiosus.
Die IR ist die Hauptkomplikation der Lipodystrophie und tritt in nahezu allen Formen auf, wobei der Schweregrad von unterschiedlichen Faktoren abhängt, allerdings hauptsächlich durch das Ausmaß des Fettverlustes bestimmt wird. Üblicherweise ist die IR daher bei generalisierter Lipodystrophie (GL) ausgeprägter als bei partieller Lipodystrophie (PL) [15]. Weiters gibt es Geschlechtsunterschiede, wobei Frauen mit partieller Lipodystrophie häufig metabolisch stärker als Männer betroffen sind [21]. Weitere krankheitsspezifische Faktoren wie z. B. der zugrunde liegende genetische Defekt beeinflussen ebenfalls den Schweregrad metabolischer Komplikationen, z. B. zeigt sich bei FPLD Typ 3 eine mildere Lipoatrophie im Vergleich zu FPLD Typ 2, dennoch haben die Betroffenen schwerwiegendere Komplikationen [22]. Letztendlich spielt auch die Lokalisation des Fettgewebsverlustes eine zentrale Rolle. Bei erworbenen partiellen Formen der Lipodystrophie wie dem Barraquer-Simons-Syndrom, bei dem der Fettverlust meist nur auf den oberen Körperbereich beschränkt ist, aber die femoroglutealen Depots oft ausspart, beobachtet man sehr selten eine IR bzw. metabolische Komplikationen, welche dann eher auf eine Adipositas oder Cortisontherapie zurückzuführen sind [15, 23]. Ist jedoch das gluteale Fett ebenso betroffen, treten metabolische Folgen auch bei dieser Form von Lipodystrophie auf. Dies legt nahe, dass das subkutane Fett im femoroglutealen Bereich einen Schutz vor Insulinresistenz bietet [15].
Neben IR und Diabetes mellitus Typ 2 sind bei Lipodystrophie weitere relevante metabolische Veränderungen und Organkomplikationen zu beobachten, die teilweise mit einer IR-Komponente einhergehen und teilweise auf spezifische pathogenetische Mechanismen der Lipodystrophieform zurückzuführen sind. Eine retrospektive Studie, die die natürliche Krankheitsentwicklung von PatientInnen mit Lipodystrophie ohne spezifische Therapie oder Behandlung mit rekombinantem Leptin untersuchte [24], schätzte die Lebenszeitprävalenz einer Hypertriglyzeridämie auf 80 % bei GL und 75 % bei PL. Eine Pankreatitis trat bei 9,9 % der GL- und 14,8 % der PL-PatientInnen auf. Die häufigste Organkomplikation der Lipodystrophie ist die steatotische Lebererkrankung, die bei über 70 % der GL- und mehr als 50 % der PL-PatientInnen vorkommt und auch im jungen Alter zur Leberzirrhose führen kann. Weitere signifikante Organkomplikationen umfassen Nephropathie und chronische Nierenerkrankung, die eine häufige Ursache für die gesteigerte Mortalität bei Lipodystrophiesyndromen darstellt. Bei etwa 30 % der PatientInnen mit Lipodystrophie treten unabhängig von der Genetik Herzerkrankungen auf, wie z. B. Kardiomyopathie, Arrhythmien, Leitungsstörungen sowie koronare Herzkrankheit. Diese kardiovaskulären Erkrankungen resultieren aus den schweren metabolischen Komplikationen und/oder aus den zugrunde liegenden molekularen Ursachen der Erkrankung. Herzkrankheiten (einschließlich Herzinsuffizienz, Myokardinfarkt und Arrhythmien), Lebererkrankungen (einschließlich gastrointestinaler Blutungen und Leberzellkarzinom), Nierenversagen, akute Pankreatitis und Sepsis stellen die Hauptursachen für eine erhöhte Mortalität bei Lipodystrophie dar [1].
Zusätzlich zu den metabolischen und organischen Komplikationen können PatientInnen mit Lipodystrophie auch unter Angstzuständen, Depressionen, chronischen Schmerzen und Müdigkeit leiden. Bei Frauen sind reproduktive Funktionsstörungen wie das polyzystische Ovarialsyndrom (PCOS), Oligo- oder Amenorrhö, verringerte Fruchtbarkeit, Hyperandrogenämie und Hirsutismus häufig zu beobachten [24].
Symptome und Komplikationen von Lipodystrophien erfordern daher eine umfassende und spezialisierte medizinische Betreuung, um die Lebensqualität der betroffenen PatientInnen zu verbessern und die Krankheitsprognose zu verbessern.
Genetische Formen der Lipodystrophie
In den nächsten Abschnitten werden die häufigsten Merkmale der Hauptformen von genetischer Lipodystrophie zusammengefasst. Eine Übersicht über weitere wichtige Merkmale sowie über seltenere Formen der Lipodystrophie ist in Tab. 1 zusammengefasst.
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Kongenitale generalisierte Lipodystrophie.
Die schwerste Form der Lipodystrophie ist die CGL, auch bekannt als Berardinelli-Seip-Syndrom, das autosomal-rezessiv vererbt wird. Oft besteht eine Konsanguinität der Eltern. Bei CGL ist der Verlust des Fettgewebes nahezu vollständig und beginnt bereits bei der Geburt oder kurz danach. Die metabolischen Begleiterkrankungen sind in der Regel schwerwiegend und entwickeln sich bereits im Kindesalter. Die häufigsten Subtypen der CGL werden durch Mutationen in den Genen AGPAT2 (CGL1, OMIM 608594) oder BSCL2 (CGL2, OMIM 269700) verursacht, die für Proteine kodieren, die eine Rolle in der Synthese von Triglyzeriden und Phospholipiden (AGPAT2) bzw. in der Biogenese von Lipidtröpfchen (BSCL2) spielen.
Bei CGL1 zeigen betroffene PatientInnen von Geburt an einen fast vollständigen Mangel an Fettgewebe bis auf mechanische Fettdepots auf Handflächen, Fußsohlen, Kopfhaut und Orbitaregion, wo das Fettgewebe erhalten bleibt. PatientInnen weisen eine schwere Insulinresistenz, Hypertriglyzeridämie (mit der Gefahr für rezidivierende Pankreatitiden), hepatische Steatose und Acanthosis nigricans auf. Aufgrund des fehlenden Gesichtsfetts können Kinder ein progeroides Erscheinungsbild aufweisen [25].
Die CGL2 zeigt einen ähnlichen metabolischen Phänotyp mit ähnlicher Prävalenz und Krankheitsbeginn. Die CGL2 zeigt jedoch einen noch schwereren Fettverlust als CGL1 und ist häufig auch mit einer geistigen Entwicklungsverzögerung, hypertropher Kardiomyopathie und stärkerer Leberbeteiligung assoziiert [25]. Die Leberbeteiligung tritt bei CGL2 tendenziell früher auf und ist ausgeprägter mit bereits Fällen von fortgeschrittener Leberzirrhose im Jugendalter [25].
Sowohl bei CGL1 als auch bei CGL2 sind Knochenmanifestationen beschrieben, wobei osteolytische Läsionen am häufigsten beobachtet werden [26].
PatientInnen mit CGL haben einen schweren Leptinmangel und darauffolgend weisen diese fast immer eine ausgeprägte Hyperphagie auf. Bei diesen PatientInnen ist daher eine Leptinersatztherapie mit Metreleptin von zentraler Bedeutung, welche unter anderem zu einer signifikanten Verbesserung der Glykämie, der Dyslipidämie und der Fettlebererkrankung führen kann [27‐31]. Weitere Wirkungen von Metreleptin bei Lipodystrophie werden in dem Paragrafen über die Therapie zusammengefasst.
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Familiäre partielle Lipodystrophie.
Die familiäre partielle Lipodystrophie (FPLD) ist häufiger als die CGL und umfasst eine Gruppe von in der Regel autosomal-dominant vererbten Erkrankungen, die durch Fettverlust an den Extremitäten, dem Gesäß und den Hüften sowie durch variable regionale Fettansammlungen gekennzeichnet sind [32]. Bisher wurden sechs Subtypen und vier nicht klassifizierte Varianten von FPLD identifiziert. Anders als bei den generalisierten Formen treten metabolische Komplikationen bei FPLD meist erst im Erwachsenenalter auf, können jedoch ebenfalls gravierend sein. Insbesondere besteht ein erhöhtes Risiko für koronare Herzkrankheit und Pankreatitis. Frauen sind häufiger betroffen als Männer, bei denen der Phänotyp oft weniger ausgeprägt bzw. sichtbar ist und die häufig erst durch eine Diagnose bei weiblichen Verwandten identifiziert werden.
Der häufigste Subtyp der FPLD, bekannt als FPLD2 oder Dunnigan-Syndrom (OMIM 151.660), ist mit bestimmten heterozygoten Mutationen im LMNA-Gen assoziiert [14]. Dieses Gen kodiert für Lamin A/C, ein intermediäres Filamentprotein, welches eine zentrale Rolle in der Kernhülle und der Zellarchitektur spielt. Der Zusammenhang zwischen typischen LMNA-Mutationen und FPLD2 ist jedoch noch nicht vollständig geklärt, und andere Mutationen im LMNA-Gen sind mit verschiedenen klinisch heterogenen Laminopathien verbunden. Der klinische Phänotyp von FPLD entwickelt sich bei Frauen typischerweise um die Pubertät, während er bei Männern später auftritt. Er ist durch Fettverlust an den Extremitäten, dem Rumpf und dem Gesäß sowie durch Fettansammlungen im Gesicht, Nacken, Rücken (was einem cushingoiden-Phänotyp/Habitus ähneln kann), Bauch und Labien gekennzeichnet. Neben den typischen metabolischen Komplikationen der Lipodystrophie können bei FPLD2-PatientInnen auch Arrhythmien und Kardiomyopathien auftreten [32].
Eine besondere Form der FPLD ist der Typ 1 (OMIM 608.600), auch bekannt als Köbberling-Syndrom. Das Köbberling-Syndrom wurde bisher ausschließlich in Frauen beobachtet, wobei bislang kein verantwortliches Gen identifiziert werden konnte [33]. Nach derzeitigem Stand geht man von einem polygenen Erbgang als Ursache aus [16]. Die FPLD1 ist gekennzeichnet durch einen Fettverlust, der auf die unteren Gliedmaßen und das Gesäß beschränkt ist, kombiniert mit einer abnormalen Fettansammlung im Gesicht, am Hals und im viszeralem Bauchraum, die üblicherweise in der Kindheit oder Pubertät beginnt. Darüber hinaus weisen die betroffenen Patientinnen einen muskulöseren Körperbau der unteren Extremität auf, einschließlich einer Vergrößerung des Musculus gastrocnemius, vergrößerte Venen (Phlebomegalie) und Acanthosis nigricans (Achselhöhlen, Nacken) [33]. Betroffene entwickeln häufig eine schwere IR, Diabetes mellitus Typ 2 und eine Dyslipidämie [32].
Diagnostik
Es liegen keine fest etablierten Diagnosekriterien für Lipodystrophien vor. Die Diagnose basiert auf der Anamnese, der körperlichen Untersuchung (des gesamten Körpers ohne Kleidung), der Körperzusammensetzung und dem Stoffwechselstatus. Zur Unterstützung der Diagnosestellung stehen eine internationale Multi-Society-Leitlinie aus dem Jahr 2016 [1] sowie ein 2024 veröffentlichter „rapid action plan“ zur Verfügung [44], wo ein Konsensus für die Diagnose sowie Empfehlungen für das Screening und die Überwachung metabolischer Erkrankungen und Organfunktionsstörungen präsentiert werden. Als Unterstützung für die Diagnose steht des Weiteren die kostenlose App LipoDDx® (https://www.uetem.com/lipoddx/) für Apple sowie für Android zur Verfügung, um die Wahrscheinlichkeit des Vorliegens eines bestimmten Lipodystrophie-Subtyps bei einem Patienten/einer Patientin einzuschätzen [45].
Der Mangel an subkutanem Fett ist das wichtigste klinische Merkmal für den Verdacht auf Lipodystrophie (Abb. 1). Bei der GL sind die körperlichen und metabolischen Anzeichen relativ eindeutig, während sie bei PL, insbesondere bei Männern, schwieriger zu erkennen sind. Da der Fettverlust in den meisten Fällen zu einem bestimmten Zeitpunkt auftritt, kann das Sammeln von Fotos der Patienten im Laufe ihres Lebens sehr hilfreich sein.
Wichtige Differenzialdiagnosen umfassen andere Ursachen für vermindertes Körperfett wie Mangelernährung, Anorexie, Kachexie bei Tumorerkrankung, schwere chronische Infektionen, Thyreotoxikose sowie konstitutionelle Fettverteilungsstörungen, Insulinrezeptormutationen für generalisierte Lipodystrophie und trunkale Adipositas, HIV-assoziierte Lipodystrophie und Cushing-Syndrom für partielle Lipodystrophie.
Weitere für Lipodystrophie verdächtige klinische Hinweise sind abnorme Fettansammlungen im Gesicht und Nacken, ein ausgeprägt muskulöses Erscheinungsbild, Phlebomegalie an den Extremitäten und Acanthosis nigricans, Hepatomegalie, MASLD und erhöhte Leberwerte bereits im Kindes- und Jugendalter (insbesondere bei GL).
Bei klinischem Verdacht auf Lipodystrophie soll eine Laboruntersuchung auf Zeichen der Insulinresistenz (Insulin, C‑Peptid, „homeostasis model assessment“ – HOMA, Nüchternglukose) bzw. Diabetes mellitus Typ 2 (oraler Glukosetoleranztest – oGTT und Hba1c) durchgeführt werden und die Blutfette überprüft werden: Eine Hypertriglyzeridämie und ein niedriges HDL-Cholesterin sind häufig als Ausdruck des metabolischen Syndroms zu sehen. Serum-Leptinspiegel können bestimmt werden, allerdings gibt es keine festgelegten Cut-offs für die Diagnose oder den Ausschluss von Lipodystrophie. Bei PatientInnen mit Lipodystrophie sind die Leptinwerte zwar niedriger als bei nicht-lipodystrophen PatientInnen mit metabolischem Syndrom bzw. Diabetes mellitus Typ 2, allerdings gibt es einen nicht unerheblichen „overlap“ der Leptinspiegel zwischen GL, PL, aber auch nicht-lipodystrophen Menschen mit metabolisch ungünstiger Fettverteilung, wie oben beschrieben („low leptin obesity“) [46]. Zusätzlich soll eine Leberuntersuchung mit einem abdominalen Ultraschall und/oder einer Elastographie zur Abklärung einer MASLD und Leberfibrose durchgeführt werden, wenn möglich; auch eine MRT der Leber ist hilfreich, um das Ausmaß der Fettlebererkrankung besser zu erfassen.
Insgesamt sollten Lipodystrophiesyndrome in Betracht gezogen werden, wenn die metabolischen Symptome im Vergleich zum BMI bzw. zum muskulösen Erscheinungsbild unverhältnismäßig erscheinen, wie z. B. bei Diabetes mellitus Typ 2 mit hohem Insulinbedarf, Hypertriglyzeridämie, Pankreatitis, Fettlebererkrankung oder schwerem polyzystischem Ovarialsyndrom trotz muskulösem Habitus [44].
Als Unterstützung für die Diagnosestellung einer Lipodystrophie können bildgebende Verfahren zur Quantifizierung des Fettmangels verwendet werden. Der Goldstandard zur Beurteilung von viszeralem und subkutanem Fett sind CT- und MRT-Untersuchungen. Diese Methoden sind jedoch kostenintensiv und begrenzt verfügbar, daher stellt die Fettquantifizierung mittels DXA (Dual-Energy-Röntgenabsorptiometrie) eine valide Alternative dar. Mit DXA kann die Fettverteilung als sogenannter „Fettschatten“ über den gesamten Körper ([47]; Abb. 2) visualisiert werden und die Fettmasse in bestimmten Körperregionen quantifiziert werden. Durch die Berechnung der Fettmasse der unteren Extremität oder der „fat mass ratio“ (Rumpffettanteil in % dividiert durch Fettanteil der unteren Extremitäten in %) kann der Verdacht auf eine FPLD erhärtet werden. Bei Frauen können ein Fettanteil der unteren Extremitäten unterhalb der 1. Perzentile oder eine „fat mass ratio“ von mehr als 1,2 auf eine partielle Lipodystrophie (FPLD) hindeuten. Es sollte dann eine genetische Diagnostik veranlasst werden [8, 48, 49].
Abb. 2
Fettschatten bei Lipodystrophie dargestellt mit Dual-Energy-Röntgenabsorptiometrie (DXA). In diesem bildgebenden Verfahren wird das Fettgewebe als gelb/orange dargestellt, womit die Darstellung und die Quantifizierung der Fettdepots ermöglicht wird. a Fettschatten nahezu vollständig abwesend in einem Fall von kongenitaler generalisierter Lipodystrophie (CGL); b Fettschatten abwesend in den unteren Gliedmaßen mit Fettansammlung am Hals und im Schulterbereich in einem Fall von familiärer partieller Lipodystrophie (FPLD); c prominente Fettschatten an Gliedmaßen und Rumpf bei Adipositas
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Ein weiteres vielversprechendes Instrument ist der durch MRT bestimmte gluteale Fettanteil in Kombination mit dem Verhältnis von pubischem zu glutealem Fett. Bei FPLD ist der pubische Fettanteil größer als der gluteale [50]. Dieses Verfahren hat eine ausgezeichnete Sensitivität und Spezifität bei der Diagnose von partieller Lipodystrophie (FPLD) bei Frauen gezeigt [50].
Im Rahmen der Diagnostik soll bei klinischem Verdacht auf Lipodystrophie ein Genpanel bzw. ein „whole exome sequencing“ durchgeführt werden. Eine negative Genetik schließt jedoch eine Lipodystrophie nicht aus. Die genetische Testung sowie die weitere Betreuung sollten idealerweise über spezialisierte Zentren erfolgen. Falls in der Nähe kein entsprechendes Expertenzentrum (siehe unten) vorhanden ist, sollten Bemühungen unternommen werden, FachärztInnen zu konsultieren, die Erfahrung in der Behandlung von PatientInnen mit Lipodystrophiesyndromen haben.
Management und Therapie
Die Betreuung von Patienten mit Lipodystrophie sollte aufgrund der Komplexität der Erkrankung und der Vielzahl möglicher Komplikationen, die mehrere Organe betreffen können, in einem spezialisierten Zentrum und unbedingt multidisziplinär erfolgen. Die Häufigkeit der Kontrollen des Stoffwechsels und der bestehenden Komplikationen sollte gemäß den Leitlinien der jeweiligen Begleiterkrankungen erfolgen.
Da es derzeit keine kausale Therapie für Lipodystrophie gibt, liegt der Schwerpunkt der Behandlung, abgesehen vom rekombinanten humanen Leptin (siehe unten), das spezifisch bei Lipodystrophie eingesetzt wird, auf der Therapie der Komplikationen.
Im Allgemeinen bildet der Lebensstil in Bezug auf die Insulinresistenz eine zentrale Säule der Behandlung bei Lipodystrophie, allerdings kann es aufgrund des Leptinmangels schwierig sein, den Appetit und die Dyslipidämie mit einer Kohlenhydrat(KH)armen und fettarmen Diät zu kontrollieren [1].
Die Behandlung und die Nachkontrollen von Diabetes mellitus Typ 2 und anderen Komplikationen sollte den entsprechenden Leitlinien folgen.
Gemäß den Leitlinien der Österreichischen Diabetes Gesellschaft (ÖDG) von 2023 gilt Metformin als Therapie der ersten Wahl in der Behandlung von Diabetes mellitus Typ 2; bei gleichzeitigem Vorliegen kardiovaskulärer bzw. renaler Komorbiditäten sind SGLT2-Inhibitoren und/oder GLP-1-Rezeptoragonisten, unabhängig vom HbA1c-Wert, indiziert [51]. Bezüglich der Wirksamkeit und Sicherheit dieser Medikamente bei Lipodystrophie liegen derzeit begrenzte, jedoch im Prinzip positive Daten zu GLP1-Rezeptoragonisten [52] und SGLT2-Inhibitoren [53] bei FPLD vor. Präklinische Daten zeigen zudem eine Verbesserung der Insulinwirkung und der MASLD in einem Rattenmodell für kongenitale generalisierte Lipodystrophie Typ 2 unter GLP1-Rezeptoragonisten [54].
Bei partieller Lipodystrophie, insbesondere FPLD Typ 3 [55], können Thiazolidindione in Erwägung gezogen werden, sofern keine Kontraindikationen wie Herzinsuffizienz vorliegen. Aufgrund der ausgeprägten Insulinresistenz ist der Diabetes mellitus bei diesen PatientInnen häufig schwer einstellbar und erfordert hohe Insulindosen (> 2 U/kg Körpergewicht pro Tag). In solchen Fällen sollten konzentrierte Insulinpräparate wie U500 in Betracht gezogen werden, um das Injektionsvolumen zu reduzieren [1].
Bei Hypertriglyzeridämie trotz fettarmer und KH-reduzierter Diät sollten Statine, PCSK9-Inhibitoren, Fibrate und langkettige Omega-3-Fettsäuren eingesetzt werden [1].
Bei der Kontrazeption bei Frauen mit Lipodystrophie muss beachtet werden, dass orale Estrogene aufgrund des Risikos für eine schwere Hypertriglyzeridämie und akute Pankreatitis kontraindiziert sind. Stattdessen sollten Progestin-only-Präparate oder nichthormonelle Verhütungsmethoden in Betracht gezogen werden. Falls eine Estrogenersatztherapie erforderlich ist, sollte transdermales Estrogen verwendet werden, da dieses eine geringere Belastung für die Leber darstellt [1].
In der Literatur werden Fallberichte zur bariatrischen Chirurgie beschrieben, die eine Verbesserung der metabolischen Situation bei FPLD1 [56] und FPLD2 [57, 58] beschreiben.
Therapie mit humanem rekombinantem Leptin-Analogon.
Metreleptin, ein rekombinantes Analogon des menschlichen Hormons Leptin, ist ein Medikament zur Behandlung der Komplikationen des Leptinmangels bei Lipodystrophiesyndromen. Metreleptin darf in Europa von Endokrinolog*innen oder Pädiater*innen verschrieben werden, als Ergänzung zur Diät bei PatientInnen mit generalisierter Lipodystrophie ab einem Alter von 2 Jahren und bei PatientInnen mit partieller Lipodystrophie ab einem Alter von 12 Jahren, wenn die metabolischen Komplikationen der Erkrankung durch Standardbehandlungen nicht ausreichend kontrolliert werden können.
Die Wirkung der Metreleptin-Behandlung umfasst Verbesserungen bei der Blutzuckereinstellung (Hba1c-Senkung, Insulineinsparung), Dyslipidämie (Verbesserung der Hypertriglyzeridämie), Hyperphagie (Appetitreduktion), MASLD (Lebervolumenreduktion/Steatose-Verbesserung), der Funktion der hypothalamisch-hypophysär-gonadalen Achse (regelmäßigerer Zyklus), Nierenfunktion (Proteinurie), Lebensqualität sowie beim Mortalitätsrisiko [27‐31, 59‐66].
Zu den möglichen Nebenwirkungen von Metreleptin zählen lokale Reaktionen an der Injektionsstelle, Gewichtsverlust, Kopfschmerzen, Bauchschmerzen und Hypoglykämie. Daher sollte eine Neueinstellung auf Metreleptin unter engmaschiger Überwachung der Blutglukose erfolgen, insbesondere bei PatientInnen unter Insulintherapie, da sich der Insulinbedarf deutlich reduzieren kann. In seltenen Fällen kann Metreleptin zur Bildung neutralisierender Antikörper führen, die seine Wirkung langfristig beeinträchtigen könnten [67]. Die Therapieeinleitung bzw. Überwachung sollte an einem Zentrum für Lipodystrophie erfolgen.
ECLip Register
Das European Consortium of Lipodystrophies (ECLip) ist ein Netzwerk von europäischen Exzellenzzentren im Bereich der Lipodystrophien, das aktuell bereits aus 59 internationalen Gruppen aus 29 Ländern besteht. Eine aktualisierte Liste von Zentren kann man auf der Website des ECLip Registers finden (https://www.eclip-web.org/lipodystrophies/).
ECLip bietet die Möglichkeit, sich bei Fragen zur Diagnose und Behandlung von PatientInnen mit Verdacht auf Lipodystrophie beraten zu lassen (https://www.eclip-web.org/ask-the/).
Des Weiteren finden regelmäßig interdisziplinäre deutsch-österreichisch-schweizerische (DACH) Lipodystrophie-Fallkonferenzen online statt, bei Interesse kann man sich diesbezüglich bei den Autoren des Artikels melden.
Fazit für die Praxis
Lipodystrophien sind seltene, heterogene Erkrankungen, die durch einen Mangel an subkutanem Fettgewebe gekennzeichnet sind, wobei die meisten genetisch bedingt sind.
Es gibt partielle und generalisierte Formen, wobei die Insulinresistenz und der Leptinmangel aufgrund des Verlustes von funktionellem Fettgewebe die pathophysiologische Grundlage bilden.
„Red flags“ für Lipodystrophie sind ein klinisches Bild von Fettgewebsverlust (nur sicher zu beurteilen, wenn PatientInnen entkleidet sind) in Kombination mit:
Die Behandlung umfasst Lebensstilmodifikationen und die Therapie von Begleiterkrankungen. Das humane rekombinante Leptin-Analogon Metreleptin steht für die Behandlung der generalisierten Lipodystrophie und in ausgewählten Fällen auch für die partielle Lipodystrophie zur Verfügung.
PatientInnen mit Lipodystrophie benötigen eine spezialisierte Betreuung. Eine Liste von spezialisierten Zentren kann auf der Website des Europäischen Lipodystrophie-Konsortiums unter https://www.eclip-web.org/lipodystrophies/gefunden werden. Dort können auch Fragen an Experten gestellt werden.
Einhaltung ethischer Richtlinien
Interessenkonflikt
M. Beghini und T. Scherer geben an, dass in Bezug auf diesen Übersichtsartikel kein Interessenkonflikt besteht.
Für diesen Beitrag wurden von den Autor/-innen keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien. Das gezeigte Bildmaterial ist anonymisiert und lässt keine Rückschlüsse auf die Identität der Personen zu.
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