CAR-M-Zellen: Warten auf das große Fressen

Auch myeloide Immunzellen lassen sich mit chimären Antigenrezeptoren gegen Tumoren ausstatten. Solche CAR-Fresszell-Therapien werden jetzt für solide Tumoren entwickelt. Künftig soll dieser Prozess nicht mehr ex vivo, sondern per mRNA im Körper der Betroffenen erfolgen. fotoliaxrender / Fotolia × So erfolgreich CAR-T-Zelltherapien bei hämatologischen Tumoren auch sind, gegen solide Tumoren können sie zumeist wenig ausrichten. So gelangen die T-Zellen nicht in ausreichender Menge in die Tumoren, auch herrscht dort oft eine immunsuppressive Umgebung. Möglicherweise sind andere Immunzellen bei soliden Tumoren besser geeignet für zielgerichtete Immuntherapien. Auf der Jahrestagung der Association for Cancer Immunotherapy (CIMT) in Mainz stellte Dr. Stefano Pierini vom Unternehmen Carisma Therapeutics aus Philadelphia einen neuen Ansatz mit myeloiden Zellen als Träger von chimären Antigenrezeptoren (CAR) vor. Myeloide Zellen gehören zu den häufigsten Immunzellen in soliden Tumoren. Laben sich Makrophagen an Krebszellen, schütten sie Zytokine aus, präsentieren den herbeieilenden T-Zellen Krebsantigene und lösen damit auch eine T-Zell-Antwort aus. CAR-Makrophagen sind dabei bis zu zehn Tage aktiv: Einzelne Zellen stürzen sich immer wieder aufs Neue auf Tumoren, haben Pierini und sein Team in Zellkulturexperimenten herausgefunden. Im Xenotransplantations-Mausmodell konnten sie zudem zeigen, dass CAR-Makrophagen, die gegen humanes HER2 gerichtet sind, transplantierte HER2-Tumoren schrumpfen lassen, die Tumormikroumgebung (TME) günstig verändern und eine veritable T-Zell-Antwort auslösen. Zudem scheint die Behandlung ein gutes Immungedächtnis auszulösen: Wurden überlebende Tiere nach zwei Monaten erneut mit HER2-positiven Tumoren konfrontiert, überlebten sie alle, wohingegen unbehandelte Mäuse verendeten. Mäßige Wirksamkeit in Phase 1 Basierend auf diesen Erkenntnissen folgte schließlich eine Phase-1-Studie mit 14 stark vorbehandelten Krebskranken, die alle einen fortgeschrittenen HER2-positiven soliden Tumor hatten. Darunter befanden sich acht Frauen mit Brustkrebs, jeweils zwei Personen mit Tumoren des Ösophagus und der Speicheldrüsen sowie je eine Person mit einem Ovarial- und einem cholangiozellulären Karzinom. Im Median hatten die Betroffenen bereits fünf systemische Therapielinien hinter sich, darunter auch schon zwei gegen HER2. Allen wurden Monozyten aus dem Blut entnommen, ex vivo in Makrophagen umgewandelt, über einen viralen Vektor mit einem HER2-CAR versetzt und zurückinfundiert, und zwar in einer Dosis zwischen 1,7 und 4,6 x 109 Zellen, wobei fast alle weniger als 2 x 109 Zellen erhielten – die Dosis war durch die Zahl der gewonnenen Monozyten limitiert. Eine lymphdepletierende Chemotherapie ist bei diesem Verfahren im Gegensatz zur CAR-T-Zelltherapie vor der Reinfusion nicht erforderlich – für die Verträglichkeit ein erheblicher Vorteil.Die CAR-M-Zellen machten ebenfalls recht wenige Probleme: Ein mildes Zytokinfreisetzungssyndrom (CRS) stellten die Forschenden um Pierini bei fünf der Behandelten fest, ein schweres (Grad 3 und 4) bei keinem. Ebenso wenig kam es zu einem Immuneffektorzell-assoziierten Neurotoxizitätssyndrom (ICANS) oder dosisbezogenen toxischen Effekten. Allerdings war auch die Wirksamkeit überschaubar: Nur vier der Erkrankten entwickelten eine stabile Erkrankung als beste Response. Deren Tumoren exprimierten alle sehr stark HER2 mit einem Immunhistochemie-Score (ICH) von 3+. Immerhin schrumpften im Schnitt vier von zehn Metastasen, besonders solche in der Leber, aber auch hier maximal um etwa ein Viertel. Die Resultate mit dem als CT-0508 bezeichneten Verfahren sind daher noch erheblich verbesserungswürdig, räumte auch Pierini ein. Das größte Problem dürfte wohl die geringe Dosis gewesen sein, vermutet der Forscher, auch war die Tumorinfiltration von Makrophagen überschaubar, schließlich persistierten die CAR-Makrophagen nicht sehr lange: Nach vier Wochen ließen sich nur noch bei einem Viertel die veränderten Zellen nachweisen. Ein anderes Problem scheint die eher mäßige T-Zell-Antwort zu sein. Nach langer Erkrankung und intensiver Behandlung waren Marker für die Erschöpfung von T-Zellen sehr prominent. Das Team um Pierini hat nun eine Substudie initiiert, in der sechs Patienten CT-0508 in Kombination mit Pembrolizumab erhalten, um die T-Zellen stärker zu aktivieren. Bei einem der bereits behandelten Patienten schrumpfte der Tumor um 40%, und die Person lebte doppelt so lange progressionsfrei wie erwartet. CAR-Monozyten versprechen bessere Erfolge Dennoch scheint den CAR-Makrophagen nicht die Zukunft zu gehören, aber vielleicht ihren Vorläuferzellen: Die Forschenden um Pierini haben bei einem weiteren Zellprodukt auf die Umwandlung von Monozyten in Makrophagen verzichtet und stattdessen gleich die Monozyten mit dem HER2-CAR transduziert. Dies scheint erhebliche Vorteile zu bieten: Zum einen lassen sich etwa fünfmal mehr Monozyten gewinnen als anschließend Makrophagen zur Verfügung stehen, zudem war in Zellkultur- und Tierexperimenten die Tumorinfiltration um den Faktor 40 höher und die Halbwertszeit rund zehnfach länger, schließlich dauert die Herstellung der CAR-M-Zellen nicht mehr eine Woche, sondern nur einen Tag. Inzwischen läuft eine Phase-1-Studie mit dem CAR-Monozyten-Produkt CT-0525: Eine Gruppe bekommt 3 x 109 Zellen, eine weitere 10 x 109 Zellen, anschließend wird kombiniert mit Pembrolizumab behandelt. Erste Ergebnisse sollen Ende des Jahres vorliegen. Pierini und sein Team haben jedoch noch ambitioniertere Ziele für die Zukunft: Zusammen mit dem Corona-Impfstoff-Hersteller Moderna entwickeln sie ein RNA-basiertes Verfahren, das myeloide Zellen in vivo in CAR-M-Zellen umwandeln soll. Eine solche Therapie wäre nicht mehr auf die mühsame und teure Extraktion, Expansion und Transduktion von Patientenzellen angewiesen, sondern könnte in großen Mengen hergestellt und schlicht injiziert werden, was auch wiederholte Behandlungen erleichtert. Die mRNA mit der Information für den CAR wird bei diesem Verfahren in Lipid-Nanopartikel gehüllt, die gezielt an myeloide Zellen andocken. Eine solche Therapie haben die Forschenden bereits in einem Maus-Pankreaskarzinom-Modell geprüft. Damit brachten sie etwa Lebermetastasen komplett zum Verschwinden. Quelle: 21st CIMT Annual Meeting; 15-17. Mai, 2024, Mainz. Stefano Pierini, Carisma Therapeutics: Engineering myeloid cells for cancer immunotherapy: CAR-M cell therapy and direct in vivo reprogramming.

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