Vitamin C bei onkologischen Erkrankungen

Die Vermeidung bzw. der Ausgleich eines Vitamin-C-Mangels kann bei Krebspatient:innen die Lebensqualität und die Prognose gleichermaßen verbessern. Ein Vitamin-C-Mangel ist bei Krebspatient: innen nicht nur häufig,1, 2 er wird auch häufig übersehen und unterschätzt. Die Krebserkrankung selbst mit subklinischer Entzündung im Tumorgewebe, Operationen und Krebsbehandlungen wie Chemound Strahlentherapie führen im gesamten Organismus zu oxidativem Stress. Da Vitamin C als Antioxidans maßgeblich an der Neutralisierung radikaler Sauerstoffspezies (ROS) beteiligt ist, können potenziell erhöhte Level an oxidativem Stress (beispielsweise während einer Krebserkrankung) zu defizitären Vitamin-C-Spiegeln führen (siehe- Abb. 1).1 Ein Vitamin-C-Mangel bedeutet eine pro-oxidative und damit proentzündliche Stoffwechselsituation, die sich negativ auf die Lebensqualität und die Prognose von Krebspatient: innen auswirken kann. Niedrige Vitamin-C-Konzentrationen im Blut und Tumorgewebe sind mit kürzeren Überlebenszeiten1, 3 und bei Prostatakarzinom mit hohen Tumormarkern assoziiert.4 In ausreichender Verfügbarkeit kann Vitamin C auf mehreren Ebenen zur Verbesserung der Situation krebskranker Patient: innen beitragen. Als wichtiges körpereigenes Antioxidans kann es in der adjuvanten Therapie zur Reduzierung von Nebenwirkungen und zur Verbesserung der Lebensqualität beitragen. Zudem ergeben präklinische Studien Hinweise auf eine eigene tumorbekämpfende Wirkung. Vitamin-C-Plasmaspiegel bei Gesunden und Tumorpatient:innen2 © Quelle: nach: Mayland CR et al., Palliat Med 2005; 19: 17–20 × Hat Vitamin C onkologisch relevante Wirkungen? In präklinischen Studien konnten selektive zytotoxische Wirkungen von Vitamin C auf verschiedene Tumorzelllinien (in vitro) und Tumoren in Tiermodellen (in vivo) beobachtet werden. Der genaue Wirkmechanismus ist noch nicht hinreichend bekannt, verschiedene Mechanismen werden zurzeit diskutiert: In vitro führt Vitamin C in der Tumormikroumgebung indirekt zur erhöhten Bildung von Wasserstoffperoxid (H2O2) und einer intrazellulären Oxidation von Glutathion. Im Zellversuch hatte dies erhöhten oxidativen Stress und die Apoptose von Tumorzellen zur Folge. Es wird generell angenommen, dass sehr hohe pharmakologische Vitamin-CPlasma- Konzentrationen notwendig (> 20 mmol/L) sind, um die „pro-oxidativen“ Eigenschaften von Vitamin C zu erreichen.1 Neben den „pro-oxidativen“ Effekten konnten potenzielle Anti- Tumor-Eigenschaften von Vitamin C auf epigenetischer Ebene gezeigt werden. Essenziell für die Wiederherstellung der Funktion und Regulation von TET (Ten-eleven Translocation)- Enzymen, führt Vitamin C zur DNA-Demethylierung und nachfolgend zu einer Re-Expression von Tumorsuppressor-Genen.5 Präklinische Studien konnten des Weiteren zeigen, dass Vitamin C als enzymatischer Ko-Faktor am Abbau des Transkriptionsfaktors, Hypoxie-induzierbarer Faktor (HIF-1a), durch HIFHydrolasen beteiligt ist. Dies führt zu einer Unterdrückung des Tumorwachstums.5 Die in Tumorgewebe erhöhte HIF-1-Aktivierung ist bei Brustkrebs mit einem höheren Tumorgrad und -stadium, mit erhöhter vaskulärer Invasion und Nekrose und mit reduziertem Überleben assoziiert.3 Eine höhere Vitamin-C-Konzentration im Tumorgewebe ist umgekehrt mit einer geringeren HIF-Aktivität und erhöhter Überlebenszeit verbunden.3, 6 Eine potenziell antimetastatische Wirkung von Vitamin C wurde in präklinischen und einigen Fallberichtstudien beobachtet. Vitamin C ist essenziell für die Kollagensynthese und Stabilisierung von Kollagenfibrillen. Ob diese Eigenschaft zur Inhibierung der epithelial-mesenchymalen Transition (EMT) und der Vorbeugung einer neoplastischen Invasion beiträgt, wird zurzeit diskutiert (Abb. 2).5 In experimentellen Studien konnte eine signifikante Verminderung von KRAS- und BRAF-mutierten Darmkrebszellen7 und Melanomzellen8, 9 gezeigt werden. Dies könnte vielversprechend für die Behandlung von Pankreaskarzinom und multiplem Myelom (MM) sein, bei denen RAS-Mutationen die häufigsten Mutationen sind.10, 11 Experimentell untersuchte, mögliche antitumorale Wirkungen von Vitamin C1 EMT: epithelial-mesenchymale Transition; GSH: Glutathion; H2O2: Wasserstoffperoxid; HIF: Hypoxie-induzierter Faktor; TET: Ten-eleven Translocation-Enzyme Quelle: nach: Carr AC, Cook J, Front Physiol 2018; 9: 1182 × Der Ausgleich eines Vitamin-C-Mangels zeigt Wirkung Die positiven Wirkungen einer ausreichenden Vitamin-C-Versorgung bei Krebspatient:innen sind vielfältig. Durch den raschen Ausgleich eines Mangels mittels hochdosiertem intravenösen Vitamin C (HDIVC) lässt sich die Lebensqualität deutlich verbessern. Im Rahmen von Krebserkrankungen reduziert HDIVC gastrointestinale Symptome wie Übelkeit, Erbrechen und Appetitverlust sowie Depressionen, Schlafstörungen, Schmerzen und Dyspnoe und führt außerdem zu einer deutlichen Verbesserung der physischen, emotionalen und kognitiven Funktionen.12–14 Für diverse Krebsarten sind die Verbesserung der Lebensqualität und die Linderung verschiedenster Fatigue-Symptome durch eine hochdosierte i. v.-Gabe von Vitamin C evident.15 Bei Brustkrebspatientinnen im fortgeschrittenen Stadium ließen sich nach Vitamin-C-Hochdosisinfusion Beschwerden während und nach Chemo- bzw. Radiotherapie signifikant reduzieren und die Intensität von Fatigue nahezu halbieren.12 Patient:innen mit nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom, die zusätzlich zur besten supportiven Therapie eine Behandlung mit Vitamin-C-Infusionen und regionaler Hyperthermie erhielten, profitierten nicht nur in Form reduzierter Fatigue-Beschwerden und verbesserter Lebensqualität, sondern es zeigte sich darüber hinaus ein verbessertes progressionsfreies Überleben (PFS) und eine verlängerte Gesamtüberlebenszeit.13 Ähnliche Ergebnisse gibt es bei Patientinnen mit metastasiertem triplenegativen Brustkrebs im Stadium IV, die zusätzlich zur Chemotherapie hochdosiert Vitamin C erhielten (zwölf Infusionen pro 28-tägigem Chemotherapiezyklus): verbessertes PFS und gesamte Überlebenszeit, signifikante Verbesserung der Lebensqualität, weniger Chemotherapie- bedingte Nebenwirkungen und weniger Zeichen höhergradiger Myelosuppression.16 Positive hämatologische Effekte sind auch für eine 4-wöchige HDIVC (7,5 g Vitamin C 1 x wöchentlich) erwiesen, die bei Krebspatient:innen mit Lymphopenie zu einem klinisch relevanten Lymphozytenanstieg führte.17 Vitamin C als Benefit bei Krebstherapien Klinische Daten deuten darauf hin, dass die adjuvante Gabe von hochdosiertem Vitamin C begleitend zur Chemo- oder Strahlentherapie die Nebenwirkungen reduziert und die Lebensqualität der Patienten verbessert werden kann. Synergistische antitumoröse Wirkungen von hoch dosiertem Vitamin C und Chemo- oder Strahlentherapie, Hormontherapien, zielgerichtete Therapien (Kinase-Inhibitoren) oder Immuntherapien konnten bisher nur in präklinischen Studien (Tumorzelllinien und Tiermodelle) gezeigt werden.5,12 Die hier gewonnenen Daten sind vielversprechend und werden zurzeit in 23 laufenden klinischen Studien weiter untersucht (Stand Februar 2021).5 Vitamin-C-Mangel behandeln Therapeutisch wirksame Plasmaspiegel im Millimol-Bereich lassen sich nur durch intravenöse Verabreichung von hoch dosiertem Vitamin C erreichen. Um die millimolaren Konzentrationen über einen längeren Zeitraum aufrechtzuerhalten, müssen regelmäßige Infusionen (mehrmals pro Woche) gegeben werden. Vitamin C-Injektopas® Fachkurzinformation Referenzen: 1.) Carr AC, Cook J, Front Physiol 2018; 9: 1182 2.) Mayland CR et al., Palliat Med 2005; 19: 17–20 3.) Campbell EJ et al., BMC Cancer 2019; 19: 307 4.) 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