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Erschienen in:

01.11.2024 | Pflege | PFLEGE & WISSENSCHAFT

Langzeitpflege: Smarte Technologien

Potenziale und Herausforderungen in der Pflegepraxis

verfasst von: Dr. Wolfgang Kratky, MBA, Christoph Kocher, DGKP

Erschienen in: PRO CARE | Ausgabe 9/2024

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Zusammenfassung

Wer an den Einsatz smarter Technologien im Gesundheitswesen denkt, dem kommen vermutlich zuerst die roboterassistierte Chirurgie, KI-unterstützte bildgebende Diagnostik oder diverse Big Data Anwendungen in den Sinn. Aber auch in der Pflege hält die Digitalisierung und der Einsatz sogenannter smarter Technologien immer weiter Einzug. Unter allen Gesundheitssektoren steht die Langzeitpflege, bedingt durch den demographischen Wandel und den Fachkräftemangel, mit vor den größten Herausforderungen. Nicht überraschend setzen die Branche und die Politik große Hoffnung darin, dass die Digitalisierung und der technische Fortschritt in der Zukunft Pflegefachkräfte in ihrer Arbeit unterstützen bzw. die Pflegequalität trotz personeller und pflegerischer Herausforderungen sicherstellen werden. Doch es gibt auch Bedenken und Risiken. Eine Forschende und eine Pflegekraft erzählen von Theorie und Praxis des Einsatzes smarter Technologien in der Pflege.
Hinweise

ALTER:N NEU DENKEN

Unter dem Titel Alter:n neu denken beschäftigt sich das Albert Schweitzer Institut für Geriatrie und Gerontologie. Geriatrische Gesundheitszentren der Stadt Graz mit innovativen Lösungsansätzen, um Menschen im Alter die bestmögliche Betreuung anzubieten. In Kooperation mit PROCARE erscheinen zu unterschiedlichen Themen Artikel, die den Stand der Forschung und Erfahrungsberichte für praxisrelevante Impulse anbieten. Ein Schwerpunkt liegt derzeit auf Pflege der Zukunft.
Assistenztechnologien sind technische Hilfsmittel, die pflegebedürftige Personen im häuslichen und stationären Bereich im Kontext gesundheitsfördernder, präventiver, kurativer, rehabilitativer und palliativer Versorgung unterstützen (Lutze 2019).
Unter diesen beziehen sich smarte Technologien auf digitale und vernetzte Systeme, deren Ziel es ist, Pflegeprozesse zu optimieren, die Arbeit von Pflegekräften zu erleichtern und die Lebensqualität der Pflegebedürftigen zu verbessern.
Der Einsatzbereich Monitoring ist ein besonders vielversprechendes Handlungsfeld für die Langzeitpflege, da er laut Studien seitens Pflegekräften die höchste Akzeptanz erfährt und als besonders nützlich im Pflegealltag wahrgenommen wird (Zöllik 2020). Monitoringsysteme, mit denen Verhalten bzw. Gesundheitszustand von zu Pflegenden überwacht werden kann, haben richtig eingesetzt, das Potential, Zeit zu sparen und die Pflegequalität zu erhöhen. Die darin verbaute Sensorik (z.B. Infrarot oder Radar), gepaart mit künstlicher Intelligenz kann beispielsweise Vitalparameter wie Atmung und Körpertemperatur messen oder nächtliche Bewegungsbzw. Verhaltensmuster registrieren. In einem sogenannten digitalen Pflegecockpit kann die Pflegekraft dann eine Stationsübersicht aller pflegerelevanten Ereignisse wie Dekubitusrisiko (zu geringe Schlafbewegungen), Inkontinenz (Feuchtigkeitserkennung) und Stürze bzw. bevorstehende Stürze (aufsetzen oder aufstehen aus dem Bett) überwachen. Damit könnten Kontrollgänge zielgerichteter geplant und dabei gleichzeitig die Schlafqualität der zu Pflegenden gesteigert werden, da z.B. unnötiges nächtliches Aufwecken oder Umlagern vermieden werden kann. Markttaugliche smarte Monitoringsysteme wie jene von Cogvis, Qumea (siehe Interview W. Hasemann und Rubrik „unser Projekt“) oder Carechamp gibt es bereits. Für einen breiten Einsatz fehlt es jedoch an Finanzierung, da diese Lösungen in der Regel deutlich teurer sind als klassische Lösungen wie Sturzsensormatten. Zwar ergibt sich durch den Einsatz idealerweise auch eine Umwegrentabilität über die Entlastung der Pflegekräfte und geringeren Pflegeaufwand (z.B. geringere Sturz- und Dekubitusrate). Evidenzbasiertes Wissen ist in diesem Feld jedoch noch rar, außerdem fehlt es in den Einrichtungen oft an den Fachkompetenzen für eine fundierte Entscheidungsfindung (siehe Rubrik „unser Projekt“). Die Ausbildung digitaler Kompetenzen bei den Mitarbeiter:innen gilt weiters als zentrale Voraussetzung für eine erfolgreiche Nutzung und Akzeptanz der Pflegekräfte (Goldgruber 2023, Zöllig 2020). Die Usability und der Reifegrad eines Produkts sind ebenfalls entscheidend, wie gut dieses angenommen wird.
Allerdings wirft der Einsatz smarter Technologien auch ethische Fragen auf. Der Einsatz von Überwachungstechnologien zugunsten der Sicherheit von Bewohner beschneidet potenziell auch deren Privatsphäre und Freiheit. Besonders bei Senior:innen besteht oft die Sorge, dass der Einsatz von smarten Systemen zu einem Verlust von persönlicher Zuwendung und Empathie führen könnte. Auch rechtliche Fragen wie jene, wer haftet, wenn ein solches System versagt, oder wie und wo vertrauliche Daten bei solchen Systemen gespeichert und verarbeitet werden, sorgen für Unsicherheit (DAA 2018). All diese Fragen sollten durch bewusste Entscheidungen, klare Regularien und eine enge Einbindung der betroffenen Menschen adressiert werden. Der Einsatz smarter Technologien in der Pflege bietet zweifelsfrei großes Potenzial zur Verbesserung der Lebensqualität von zu Pflegenden und der Sicherung der Leistungsfähigkeit des Pflegesektors in der Zukunft. Bei allen Stakeholdern besteht jedoch der Konsens, dass die Balance zwischen Technologieeinsatz und Menschlichkeit stets gewahrt bleiben sollte und dass erstere immer nur unterstützend und nicht ersetzend gedacht werden darf.

„Unterstützung und Motivation sind entscheidende Faktoren“

Priv.-Doz.in Dr.in Daniela Schoberer spricht im Interview über Tools, die Pflegende und Pflegebedürftige gleichermaßen entlasten und unterstützen.
Frau Dr. Schoberer, welche Arten von smarten Technologien halten Sie in der Pflegepraxis für am vielversprechendsten und warum?
SCHOBERER: In der Pflegepraxis halte ich insbesondere solche Technologien für besonders vielversprechend, die pflegebedürftige Menschen in ihren alltäglichen Aktivitäten unterstützen. Dazu gehören beispielsweise sensorbasierte Systeme mit Erinnerungsfunktionen, wie intelligente Medikamentenspender oder Trinkbecher, oder auch smarte Gehhilfen, die Überforderungen und Gefahren erkennen können. Diese Technologien tragen dazu bei, die Selbstständigkeit der Menschen zu erhalten und ihnen zu helfen, besser mit Einschränkungen oder Krankheiten umzugehen, was ihre Lebensqualität erheblich steigern kann.
Ein weiteres vielversprechendes Gebiet sind Technologien zur Förderung kognitiver Fähigkeiten und der Mobilität, wie beispielsweise „Serious Games“ oder spezialisierte Apps. Diese sollen die körperlichen und kognitiven Fähigkeiten verbessern, Stürzen vorbeugen und die Rehabilitation unterstützen.
Für Gesundheitseinrichtungen sehe ich besonders großes Potenzial in Technologien, die im Hintergrund Prozesse optimieren. Hierzu zählen Systeme, die Dokumentationen und Behandlungspläne automatisieren sowie die Vernetzung zwischen Berufsgruppen und Einrichtungen verbessern. Auch die automatisierte Integration aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse in Behandlungspläne ist von großer Bedeutung. Wichtige Technologien sind auch solche, welche die Kommunikation zwischen Berufsgruppen erleichtern, insbesondere in Pflegeheimen, wo oft nicht alle Gesundheitsfachkräfte vor Ort sind. Diese Systeme können helfen, unnötige Krankenhausaufenthalte zu vermeiden und die Versorgung der Pflegebedürftigen zu verbessern.
Wie beurteilen Sie die Akzeptanz und das Vertrauen von Pflegebedürftigen und Pflegekräften in derartige Technologien?
SCHOBERER: Technologien zur automatischen Erkennung von Gefahren oder intelligente Systeme mit Sensoren werden von pflegebedürftigen Personen häufig gut akzeptiert. Dagegen stehen viele ältere Personen robotischen Assistenzsystemen, die zur Aktivierung und Unterhaltung eingesetzt werden, oft noch skeptisch gegenüber. Diese Einschätzung wird auch durch aktuelle Studien gestützt.
Die Akzeptanz neuer Technologien hängt jedoch nicht nur von deren Funktionen und Eigenschaften ab, sondern vor allem davon, wie gut sie in den Alltag der pflegebedürftigen Person integriert werden können. Es bedarf einer unterstützenden Struktur, welche die Anpassung an die individuellen Vorlieben der betreffenden Personen erleichtert, deren Motivation fördert und in der Folge auch andere im Umfeld dazu anregt, diese neue Technologie zu nutzen. Unterstützung und Motivation sind also entscheidende Faktoren für die Akzeptanz neuer Technologien — und das gilt sowohl für pflegebedürftigen Personen als auch für Pflegepersonen.
Welche Herausforderungen sehen Sie bei der Integration dieser Technologien in den Pflegealltag?
SCHOBERER: Der Markt für neue Technologien im Pflegebereich wächst rasant, und ständig werden neue Produkte entwickelt. Eine der größten Herausforderungen für Pflegepersonen besteht darin, zu bewerten, welche Technologien tatsächlich einen Mehrwert bieten und welche lediglich durch geschicktes Marketing eingeführt werden. Pflegepersonen benötigen nicht nur technologische und digitale Kompetenzen, sondern auch genügend Zeit für eine fundierte Bewertung und Auswahl der richtigen Technologien.
Zusätzlich stellt das sogenannte „Anlernen“ von KI-gestützten Überwachungssystemen eine Herausforderung dar. Diese Systeme benötigen Zeit, um korrekt zu lernen, wann Alarme ausgelöst werden sollen, was bis dahin zu Fehlalarmen führen kann. Solche Fehlalarme können jedoch zu „Alarmmüdigkeit“ führen — einer Desensibilisierung der Pflegekräfte gegenüber den Alarmen, wodurch diese möglicherweise nicht mehr angemessen reagieren. Dies kann dazu führen, dass die Systeme nicht den erwarteten Nutzen bringen oder nicht die Funktionen erfüllen, die sie eigentlich haben sollten.
Wie kann die Wirksamkeit solcher Systeme in Pflegeeinrichtungen langfristig bewertet werden?
SCHOBERER: Für viele neue Technologien im Pflegebereich fehlen bislang kontrollierte experimentelle Studien, die deren Wirksamkeit überprüfen. Oftmals werden diese Technologien nur unter Laborbedingungen hinsichtlich technischer Aspekte getestet. Bei der Bewertung der Wirksamkeit sollten insbesondere personenrelevante Parameter im Mittelpunkt stehen. Studien sollten untersuchen, ob sich die neue Technologie tatsächlich positiv auf ältere Personen und/oder Pflegepersonen auswirkt. Dazu gehören beispielsweise die Verbesserung der kognitiven Fähigkeiten oder Lebensqualität älterer Menschen, die Reduzierung von Stürzen und sturzbedingten Verletzungen sowie eine spürbare Arbeitserleichterung für Pflegepersonen. Eine umfassende Bewertung muss stets eine objektive Abwägung von Nutzen, möglichen negativen Wirkungen und dem erforderlichen Ressourcenaufwand auf verschiedenen Ebenen enthalten.
Welche ethischen Überlegungen müssen bei der Verwendung von smarten Technologien, speziell Überwachungstechnologien in der Pflege, berücksichtigt werden?
SCHOBERER: Bei der Verwendung smarter Überwachungstechnologien sind Datenschutz und Privatsphäre von größter Bedeutung. Pflegebedürftige Personen sollten selbstbestimmt entscheiden können, welche Technologien bei ihnen eingesetzt werden. Das sollte idealerweise bereits vor dem Eintritt in eine Phase der eingeschränkten Entscheidungsfähigkeit geschehen, beispielsweise durch eine Patientenverfügung.
Es ist wichtig, dass neue Technologien nicht dazu führen, dass pflegebedürftige Personen weniger menschliche Ansprache erfahren. Die Ziele neuer Technologien sollten darin bestehen, die Lebensqualität und Sicherheit von pflegebedürftigen Personen zu erhöhen und gleichzeitig die Arbeitsbelastung der Pflegepersonen zu reduzieren. Diese Zeitersparnis sollte dazu verwendet werden, mehr Raum für direkte Gespräche, Aufklärung und die Erfüllung individueller Bedürfnisse der Pflegebedürftigen zu schaffen.

Unser Projekt

Durch Pflegeinterventionen in der Nacht wie der Kontrolle der Inkontinenzprodukte, Umpositionierungen oder Sturzkontrollen, werden Bewohner:innen häufig in ihrem Schlaf gestört, was sich auf ihre Lebensqualität auswirkt. Durch Sensor- und Monitoringsysteme könnten die nächtlichen Zimmerbesuche zielgerichteter und bedarfsgerechter gestaltet werden. Daher wurden unter Leitung des Albert Schweitzer Instituts für Geriatrie und Gerontologie der GGZ insgesamt drei Sensorsysteme im Pflegewohnheim Peter Rosegger in der Praxis getestet.
Ziel dieses Projektes war es, mit den gewonnenen Erkenntnissen eine Empfehlung zu einer langfristigen Ausstattung in den insgesamt vier Pflegewohnheimen der GGZ zu geben. Dazu wurde ein vergleichender Testbetrieb mit einer begleitenden Evaluierung anhand vorab definierter Kriterien durchgeführt. Getestet wurden a) herkömmliche am Boden liegende Sturzsensormatten, b) ein KI-basiertes, auf 3D Infrarotsensorik basierendes System, welches unter anderem Stürze erkennt und auch präventive Funktionen aufweist und c) ein mechanisches Kombinationssystem, das mittels eingebauten Luftdruckpölstern unter der Matratze Bettabwesenheiten erkennt sowie positionierungsrelevante Bewegungen und ausgelastete Inkontinenzprodukte identifizieren kann. In der Nutzwertanalyse wurden die Kriterien Funktionsumfang, Bedienung, Technik und Kosten berücksichtigt.
Die Analyse hat ergeben, dass die herkömmlichen Sturzsensormatten wegen ihrer einfachen und unkomplizierten Bedienung, einer hohen Zuverlässigkeit und geringen Kosten als solide Basis für den Großteil der Bewohner:innen darstellt. Deren Funktionsumfang und Einsatzbereich sind jedoch eingeschränkt. Für komplexere Pflegesituationen eignete sich das infrarotbasierte System hervorragend, da es von den Bewohner:innen nicht manipulierbar ist und einen deutlich höheren Funktionsumfang bietet, zuverlässig und zielgerichtet alarmiert und auch Analysen zum Sturzhergang ermöglicht. Das Kombinationsprodukt (Bettabwesenheit, positionierungsrelevante Bewegungen, Feuchtigkeitserkennung) hat sich als nicht zuverlässig, bedienerfreundlich und praxistauglich erwiesen. Hinsichtlich Sturzerkennung und —prävention kann aufgrund der gewonnenen Erkenntnisse derzeit eine Kombination aus herkömmlichen Sturzsensorsystemen und smarter Sensorik empfohlen werden. Es muss aber betont werden, dass dies keine absolute Empfehlung sein kann, die Entscheidung für oder gegen ein System sollte genau auf das vorliegende Setting und die Zielgruppe abgestimmt werden. Als besonders wichtig hat sich auch eine schrittweise und mit dem Team abgestimmte Produkteinführung, ein guter Produktsupport sowie eine fundierte Nutzenbewertung anhand vorher definierten Kriterien erwiesen. Weitere Studien hinsichtlich Zuverlässigkeit vor allem von neueren Technologien wären wünschenswert.
Albert Schweitzer Institut für Geriatrie und Gerontologie der Geriatrischen Gesundheitszentren der Stadt Graz
Albert-Schweitzer-Gasse 36, 8020 Graz
Tel.: +43 316 7060 1060
ggz.asigg@stadt.graz.at

ESTHER1 ERZÄHLT ...

Dr. Wolfgang Hasemann, RN, PhD, promovierter Pflegewissenschaftler, Advanced Practice Nurse DelirUnit und Leiter des Basler Demenz-Delir-Programms an der Universitären Altersmedizin Felix Platter in Basel.
Herr Dr. Hasemann, Sie haben 2020 Sturzerkennungs- und Präventionssystem in Ihrer Einrichtung eingeführt. Wo genau werden die Sensoren eingesetzt und wie lief der Einführungsprozess?
Das System wurde auf der damals neu gegründeten Spezialstation für akutsomatische, geriatrische Patient:innen mit Delir eingeführt. Dort herrschen höchste Anforderungen an solche Systeme, da diese Zielgruppe ein besonders hohes Risiko für Stürze hat. Gemeinsam mit dem Aufbau der Station wurde das Produkt (Qumea, Anm.) von der gleichnamigen Firma bei uns von Grund auf partizipativ entwickelt und pilotiert. Während dem dreimonatigen Einführungsprozess musste das System erst mal viel „lernen“, also alle Arten von Stürzen, auch jene von unseren Niederflurbetten erkennen, sowie Bewegungsmuster wie das Hinsetzen im Bett und Verlassen des Bettes richtig interpretieren.
Welche Herausforderungen haben Sie im Einführungsprozess erlebt?
Wir deaktivierten die sensitivste Stufe, um dem Bewegungsdrang unserer Patient:innen gerecht zu werden und um einer Alarmmüdigkeit vorzubeugen. Ein solches System erfordert im Gegensatz zu „dummen“ Systemen, dass die Mitarbeiter:innen die zu Pflegenden und ihre individuellen Bewegungsund Verhaltensmuster gut einschätzen, um es möglichst zielgerichtet zu nutzen.
Welche Vor- und Nachteile hat so ein smartes System in einer Pflegeeinrichtung und wie ist die Akzeptanz unter den Mitarbeiter:innen?
In unserer Forschung stellten wir fest, dass die klassischen Sensormatten durch die geringere Treffergenauigkeit einen höheren Pflegeaufwand verursachen als dieses System. Außerdem waren Sensormatten nicht in der Lage, Stürze zu erkennen. Andererseits bedarf es definitiv einen höheren Schulungsaufwand und funktioniert nur bei ausgewogenen Personalressourcen wirklich gut, da eine geringe Reaktionszeit wichtig ist, um Stürze zu verhindern.
Hat sich mit dem System, das Versprechen der Entlastung des Personals und der Steigerung der Pflegequalität erfüllt? Wenn nein, was fehlt noch?
Bei uns in der Delirunit kann ich das mit Ja beantworten. Der Schlüssel ist aber wie schon erwähnt die ausreichenden Personalressourcen. In einer früheren Studie sank die Sturzrate mit Abschaffung eines Bettausstiegsüberwachungssystems sogar.
Welche Ratschläge würden Sie anderen Pflegekräften in Leitungsfunktion geben, die Digitalisierung in ihrer Einrichtung vorantreiben wollen?
Ich finde, es wäre wichtig, dass auch leitende Pflegekräfte in der Langzeitpflege eine akademische Ausbildung haben, die es ihnen erlaubt, auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse, fundierte pflegefachliche Entscheidungen zu treffen. Das betrifft auch den Einsatz technischer Systeme in der Pflege. Aus Studien wissen wir, je mehr akademische Pflegefachkräfte, desto geringer die Sterblichkeitsrate.
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Fußnoten
1
* Esther: eine historische und zugleich symbolische Person, die als eine Repräsentantin für Personen mit komplexen Bedürfnissen steht. Erfunden von den Gründerinnen und Gründern des südschwedischen ESTHER-Netzwerks.
 
Literatur
Zurück zum Zitat DAA (2018): Digitalisierung und Technisierung der Pflege in Deutschland - Aktuelle Trends und ihre Folgewirkungen auf Arbeitsorganisation, Beschäftigung und Qualifizierung. DAA-Stiftung Bildung und Beruf. DAA (2018): Digitalisierung und Technisierung der Pflege in Deutschland - Aktuelle Trends und ihre Folgewirkungen auf Arbeitsorganisation, Beschäftigung und Qualifizierung. DAA-Stiftung Bildung und Beruf.
Zurück zum Zitat Goldgruber J, Kratky W (2023): Digitale Kompetenz der Pflege - Schlüsselfertigkeit für gesundes Altern. Procare. Ausgabe 6–7/2023. Springer Medizin. Goldgruber J, Kratky W (2023): Digitale Kompetenz der Pflege - Schlüsselfertigkeit für gesundes Altern. Procare. Ausgabe 6–7/2023. Springer Medizin.
Zurück zum Zitat Lutze M et al (2019): Digitalisierung und Pflegebedürftigkeit — Nutzen und Potenziale von Assistenztechnologien. Schriftenreihe Modellprogramm zur Weiterentwicklung der Pflegeversicherung Band 15; GKV-Spitzenverband Lutze M et al (2019): Digitalisierung und Pflegebedürftigkeit — Nutzen und Potenziale von Assistenztechnologien. Schriftenreihe Modellprogramm zur Weiterentwicklung der Pflegeversicherung Band 15; GKV-Spitzenverband
Metadaten
Titel
Langzeitpflege: Smarte Technologien
Potenziale und Herausforderungen in der Pflegepraxis
verfasst von
Dr. Wolfgang Kratky, MBA
Christoph Kocher, DGKP
Publikationsdatum
01.11.2024
Verlag
Springer Vienna
Schlagwort
Pflege
Erschienen in
PRO CARE / Ausgabe 9/2024
Print ISSN: 0949-7323
Elektronische ISSN: 1613-7574
DOI
https://doi.org/10.1007/s00735-024-1905-3