Die klinische Studie vergleicht zwei topische Behandlungsmethoden – 35 % Trichloressigsäure (Gruppe A) und Kryotherapie mit Norfluran (Gruppe B) – bei Warzen im Kindes- und Jugendalter. Es wurden insgesamt 41 Warzen bei neun Studienteilnehmer:innen behandelt. Die statistische Auswertung ergab eine bessere Wirksamkeit der Kryotherapie mit Norfluran (Hydrozid®-Spray) im Vergleich zu TCA 35 %, allerdings mit einem größeren Schmerzprofil (4/10) als TCA (0/10).
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Hinweis des Verlags
Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.
Einführung
Warzen (Verrucae vulgares) sind häufig, lästig und meist harmlos, doch in manchen Lebenssituationen schränken sie deutlich ein und verursachen Schmerzen. Obwohl eine hohe Wahrscheinlichkeit zur Spontanremission besteht, können hartnäckige Warzen persistieren und Probleme verursachen [1]. Vor allem an Händen und Füßen werden sie oft zu ästhetischen und schmerzhaften Herausforderungen. Doch neben dem persönlichen Leidensdruck spielt auch die hohe Kontagiosität eine entscheidende Rolle [2].
Warzen werden hauptsächlich durch Körperkontakt oder kontaminierte Oberflächen via Subtypen des humanen Papillomavirus (HPV) übertragen [1]. Mittlerweile sind bereits mehr als 200 HPV-Arten bekannt, welche jeweils in fünf Gattungen (Alpha, Beta, Gamma, Mu und Nu) unterteilt sind [3]. Je nach malignem Potenzial wird jedoch grob in Niedrigrisiko- und Hochrisiko-Typen unterschieden. Während die Niedrigrisiko-Stämme wie HPV 1, 2, 4, 27 oder 57 für lästige Warzen sorgen, sind die Hochrisiko-Typen 16, 18, 31, 33, 35, 39, 45, 51, 52, 56, 58, 59 für eine Vielzahl oropharyngealer und anogenitaler Karzinome verantwortlich [4]. Selten, aber dennoch können sich auf dem Boden von Verrucae vulgares auch Plattenepithelkarzinome entwickeln [5].
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Aufgrund der unterschiedlichen Ansprechraten gibt es bislang keinen Algorithmus zur Warzenbehandlung
In der Allgemeinbevölkerung sind vor allem Kinder und Jugendliche zwischen 10 und 20 Jahren am häufigsten von Warzen betroffen [6]. Laut einer Studie aus 2015 erkranken in dieser Zeitspanne rund 40 % an den HPV-induzierten kutanen Läsionen [2].
Therapie
Im Laufe der Zeit haben sich höchst unterschiedliche Therapieansätze etabliert. Aufgrund der unterschiedlichen Ansprechraten gibt es bislang keinen Algorithmus zur Warzenbehandlung. Die meistverwendeten Optionen sind Kryotherapie und topische Salicylsäure [7].
Kryotherapie
Bei der konventionellen Methode wird flüssiger Stickstoff auf die betroffene Läsion appliziert, welcher dort das Gewebe durch sehr niedrige Temperaturen von bis zu −196 °C zerstört [7]. Dies kann mit erheblichen Schmerzen einhergehen, weshalb bei manchen jungen Patient:innen eine vorherige lokale Anästhesie ratsam ist [8]. Neuerdings gibt es andere Kryogene, die ebenfalls zur Warzenbehandlung geeignet sind.
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Salizylsäure
Salizylsäure (SA) ist wohl das am häufigsten verwendete und dokumentierte Präparat zur Behandlung von HPV-induzierten Warzen. Sie wird in den verschiedensten Konzentrationen und galenischen Formen verwendet, wobei der klinische Haupteffekt in der keratolytischen, ätzenden Wirkung der SA liegt [7, 9].
Bleomycin
Das Chemotherapeutikum greift in den Zellzyklus ein und führt so zum Zelltod der HPV-infizierten Zellen. Dabei muss das Zytostatikum in die Warze injiziert werden. Dies kann bei jungen Patient:innen zu einer potenziellen Noncompliance führen [10].
5-Flourouracil
Auch 5‑Flourouracil (5-FU) gehört in die Gruppe der Zytostatika. 5‑FU wird bei Warzen sowohl intraläsional als auch topisch, in Form einer Creme, appliziert [9].
Beide Chemotherapeutika, 5‑FU sowie Bleomycin, werden bei therapierefraktären Warzen bevorzugt [11].
Pulsed-dye-Laser
Der gepulste Farbstofflaser (PDL) arbeitet in einem Wellenlängenbereich von etwa 580–600 nm und richtet sich an das Hämoglobin der kleinen Blutgefäße der Warze. Durch die thermische Destruktion des Blutfarbstoffes kommt es so zur Nekrose der Verruca [12‐14]. Dieser Therapieansatz wird jedoch bei pädiatrischen Warzen aufgrund der apparativ aufwändigen und äußerst schmerzhaften Behandlung in den Hintergrund gestellt [15].
Imiquimod
Der Immunmodulator wirkt antiviral durch die Aktivierung der angeborenen und adaptiven Immunabwehr [16]. Dabei wird das Therapeutikum üblicherweise als 5 % Imiquimod Creme über Nacht für 6–10 h aufgetragen. Während Imiquimod vor allem bei aktinischen Keratosen zum Einsatz kommt, ist es auch zur Behandlung von anogenitalen HPV-induzierten Läsionen und bei juvenilen Verrucae vulgares induziert [11, 17, 18].
Alternativen
Neben dem Zuziehen von Schnecken, Heuschrecken, Hundekot und Schweineblut sind auch Beschwörungen oder das Waschen der Warzen im Mondschein als kuriose und grausame Therapiealternativen zu nennen [19]. Verständlich, dass diesen Methoden gelegentlich Glauben geschenkt wird, da Warzen zu einer hohen Spontanremissionsrate neigen [1].
Klinische Studie: Vergleich TCA versus Kryotherapie
Die nichtrandomisierte klinische Studie „Behandlung von Warzen – Vergleich zweier nichtinvasiver Behandlungsmethoden bei juvenilen Verrucae vulgares: 35 % TCA vs. Kryotherapie“ untersucht das Ansprechen zweier verschiedener topischer Interventionen an gewöhnlichen Warzen an Händen und/oder Beinen bei Kindern und Jugendlichen.
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Methoden
Patient:innen
Die Studie wurde von der Ethikkommission der Medizinischen Universität Graz unter der EK Nummer 35-236 ex 22/23 geprüft und genehmigt. Die Rekrutierung erfolgte über Ausschreibung in Schulen mit Genehmigung der Schulleitung. Vor Therapiebeginn wurde von den Teilnehmer:innen und deren Erziehungsberechtigten je eine Einverständniserklärung unterschrieben. Es wurden insgesamt 41 Warzen an neun Kindern behandelt.
Behandlung
Die betroffenen Kinder und Jugendlichen zwischen 10 und 16 Jahren wurden durch die Prüfärztin einer der zwei Behandlungsgruppen zugeordnet. Gruppe A: Benetzung der Warzen mit 35 % Trichloressigsäure (TCA); Gruppe B: Kryotherapie mittels Hydrozid®-Kryospray. Es wurden bis zu maximal neun Behandlungsdurchgänge in einem Abstand von ein bis zwei Wochen durchgeführt.
In Gruppe A wurde die TCA 35 % mittels Wattestäbchen auf die betroffene Läsion appliziert und so lange gewartet, bis sich die behandelte Stelle weiß verfärbt. Trichloressigsäure gehört zu den Carbonsäuren und ist mit einer Säurestärke von 0,66 unter Standardbedingungen stärker als Salicylsäure (pKs: 2,98). TCA wirkt ätzend, keratolytisch und blutstillend [20].
In Gruppe B wurde das Hydrozid®-Spray auf die zu behandelnde Läsion appliziert, bis sich die betroffene Stelle weiß verfärbt und so zu einer kurzfristigen Gefrierung des Gewebes führt. Beim Hydrozid®-Spray handelt es sich um eine Form der Kryotherapie, welche auf Norfluran (1,1,1,2 – Tetrafluoroethan) – einem Fluorkohlenwasserstoff – basiert [21]. Bei beiden Therapieoptionen wurde die Applikation bei jeder Behandlung, d. h. nach Eintrocknen der TCA bzw. nach Auftauen der behandelten Stelle, zweimal wiederholt und somit insgesamt dreimal durchgeführt. Der Behandlungsfortschritt der Warzen wurde fotodokumentarisch festgehalten und das Empfinden der Therapie anhand einer Schmerzskala (0–10), sowie möglich aufgetretene Nebenwirkungen dokumentiert. Diejenigen Patient:innen, bei denen nach Ausschöpfung der maximalen Anzahl von neun Therapiedurchgängen keine vollständige Abheilung erreicht wurde, erhielten die Empfehlung, alternativ bis zum Kontrolltermin ein salicylsäurehältiges Hornhautpflaster aufzutragen.
Die erhobenen Daten wurden mittels SPSS ausgewertet und bei einem p-Wert unter 0,05 bei 95 % Konfidenzintervall als signifikant anerkannt.
Ergebnisse
Es wurden drei Teilnehmer:innen mit insgesamt sieben Warzen in Gruppe A (TCA) und sechs Teilnehmer:innen mit 34 Warzen in Gruppe B (Kryo) zugeteilt (Abb. 1). Die statistische Auswertung der Besserung der Warzen in beiden Gruppen ergab mittels Fisher-Exact-Test einen signifikanten Unterschied (p = 0,026).
Abb. 1
Gruppenverteilung
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In Gruppe B (Kryo) erzielten 100 % der Warzen mindestens eine Besserung und 0 % keine Besserung, wobei sich in Gruppe A (TCA) bei 71,4 % der Warzen eine Besserung zeigte und 28,6 % der Läsionen refraktär waren (Abb. 2). Abb. 3 zeigt eine vollständige Abheilung unter fünf Therapiezyklen mit TCA 35 %, während Abb. 4 eine therapierefraktäre Warze mit begleitender Rötung als aufgetretene Nebenwirkung am Knie in der TCA-Gruppe darstellt. Abb. 5 zeigt die Abheilung von drei Warzen nach neun Therapiedurchgängen in der Gruppe B (Kryo). In Abb. 6 ist teils eine Abheilung und teils eine deutliche Besserung der Warzen mit begleitender Irritation der Umgebung in der Kryo-Gruppe ersichtlich.
Abb. 2
Therapieerfolg
Abb. 3
Vollständige Abheilung nach fünf Behandlungen mit TCA 35 %
Abb. 4
Therapierefraktäre Warze mit begleitender Rötung als Nebenwirkung am Knie in der TCA-Gruppe
Abb. 5
Abheilung von drei Warzen nach neun Therapiedurchgängen in der Gruppe B (Kryo)
Abb. 6
Teilweise Abheilung der Warzen nach fünf Kryotherapiesitzungen mit begleitender Irritation der Umgebung
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Der Unterschied der Empfindung in den beiden Therapiegruppen ergab mittels Mann-Whitney-U-Test ein signifikantes Ergebnis (p = 0,000), wobei in Gruppe B (Kryo) ein Schmerzmittelwert von 3,85 (~ 4/10) und in Gruppe A (TCA) ein Mittelwert von 0,14 (~ 0/10) erfasst wurde (Abb. 7).
Abb. 7
Schmerzmittelwert
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Diskussion
Die Ergebnisse dieser Studie deuten auf signifikante Unterschiede zwischen den beiden Gruppen, sowohl in der Wirksamkeit (p = 0,026) als auch in der Schmerzempfindung (p < 0,001), hin. Dabei ist die Kryotherapie die effektivere, aber auch die schmerzhaftere Behandlungsart bei Kindern und Jugendlichen. Ähnliche Ergebnisse erzielt auch eine Studie aus 2018, bei der die Kryotherapie bei Warzen zwar eine effektivere Wirkung als 90 % TCA aufweist, jedoch die Säure weniger Komplikationen durch die Behandlung verursacht [22]. Beide Behandlungsoptionen können eine passagere Irritation der Haut in unmittelbarer Umgebung verursachen.
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Bei dieser nichtrandomisierten Studie wurden die Kinder vorerst abwechselnd zu den Behandlungsgruppen zugeteilt. Mit fortschreitenden Therapiezyklen und einer ersichtlichen Tendenz zur besseren Wirksamkeit wurden Kinder mit therapieresistenten Warzen initial der potenteren Gruppe zugewiesen, um das Risiko einer Noncompliance möglichst gering zu halten. Zudem wird die Ungleichverteilung durch die zuletzt zugeteilte Person mit insgesamt 19 Warzen zugunsten der Norfluran-Gruppe intensiviert.
Aufgrund der kleinen Stichprobengröße, insbesondere in Gruppe A (TCA), ist die Repräsentativität dieser Ergebnisse zusätzlich limitiert. Die Erkenntnisse dieser Studie können jedoch Anstoß für weiterführende Forschung bieten.
Einhaltung ethischer Richtlinien
Interessenkonflikt
D. Kopera und L. Schmidhumer geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Alle beschriebenen Untersuchungen am Menschen oder an menschlichem Gewebe wurden mit Zustimmung der zuständigen Ethikkommission, im Einklang mit nationalem Recht sowie gemäß der Deklaration von Helsinki von 1975 (in der aktuellen, überarbeiteten Fassung) durchgeführt. Von allen beteiligten Patient/-innen liegt eine Einverständniserklärung vor.
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Hinweis des Verlags
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Profan, aber immer aktuell: Behandlung von Warzen Vergleich zweier nichtinvasiver Behandlungsmethoden bei juvenilen Verrucae vulgares: 35 % TCA vs. Kryotherapie
verfasst von
Univ. Prof. Dr. med. Daisy Kopera, MBA Lisa Schmidhumer