Wie gesund oder gefährlich ist eine HRT nach 65 Jahren?
Es wurden verschiedene Östrogentypen (Estradiol (E2), Ethinylestradiol (EE), konjugierte equine Östrogene (CEE)), Gestagentypen (bioidentisch, synthetisch), Applikationsformen (oral, transdermal, vaginal, Injektion), Dosierungen (hoch, Standard, mittel, niedrig) und Kombinationsformen (E2 mono, E2 + Progesteron, E2 + synthetisches Gestagen, CEE mono, CEE + Progesteron, CEE + synthetisches Gestagen, EE + synthetisches Gestagen, Progesteron mono, synthetisches Gestagen mono) unterschieden. Die Indikation für eine HRT musste ein klimakterisches Syndrom sein; Indikationen wie Kontrazeption und Blutungsstörungen wurden ausgeschlossen. Eine Frau wurde als HRT-Anwenderin definiert, wenn sie mindestens ein Rezept erhalten hatte. Die Todesfallkohorte umfasste 10.944.328 Frauen mit einer Nachbeobachtungszeit von mindestens 6 Monaten, von denen 14 % jemals eine Form der HRT angewendet hatten. Die Prävalenz von Komorbiditäten war zu Baseline in beiden Gruppen hoch und in der HRT-Gruppe wie folgt (Auswahl): KHK 27,3 %, Diabetes 23,7 %, chronische Nierenerkrankung 24,2 %, Depression 39,9 %, Angststörung 36,2 %, Osteoporose 28,7 %, Hypertonie 67,6 %, Adipositas 27,5 %. Einige hatten auch sogenannte „Major Events“ in der Anamnese (Auswahl): tiefe Beinvenenthrombose 7,1 %, Myokardinfarkt 2,0 %, Apoplex 7,7 %, Demenz 6,2 %, Brustkrebs 6,6 %, Kolonkarzinom 1,5 %, Endometriumkarzinom 1,4 %, Ovarialkarzinom 1,0 %. Während der 14-jährigen Nachbeobachtungszeit (2007–2020) hat sich der Anteil der Frauen über 65 Jahren, die eine HRT anwendeten, halbiert. Erstaunlicherweise erhielten nur sehr wenige Frauen eine kombinierte HRT (2007: 1,4 % und 2020: 0,2 %), obwohl der Anteil der hysterektomierten Frauen nur 22,6 % betrug. Die Ergebnisse zeigen, dass eine Östrogen-Monotherapie nach 65 Jahren mit signifikanten Risikoreduktionen für Gesamtmortalität (19 %), Brustkrebs (16 %), Lungenkrebs (13 %), Kolonkarzinom (12 %), Herzinsuffizienz (5 %), venöse Thromboembolien (3 %), Vorhofflimmern (4 %), akuten Myokardinfarkt (11 %) und Demenz (2 %) assoziiert war. Für die Kombinationstherapie mit Östrogen und Gestagen zeigte sich, dass sowohl Östrogen + synthetisches Gestagen als auch Östrogen + Progesteron mit einem um 10–19 % erhöhten Brustkrebsrisiko assoziiert waren. Östrogen + synthetisches Gestagen zeigte zudem signifikante Risikoreduktionen für Endometriumkarzinom (45 %), Ovarialkarzinom (21 %), KHK (5 %), Herzinsuffizienz (5 %) und VTE (5 %), während Östrogen + Progesteron nur eine Risikoreduktion für Herzinsuffizienz (4 %) zeigte. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Auswirkungen der HRT bei Frauen nach 65 Jahren je nach Typ, Applikationsmodus und Dosis variieren. Im Allgemeinen scheinen die Risikoreduktionen bei niedrigen Dosen, vaginaler oder transdermaler Verabreichung und bei E2 im Vergleich zu CEE grösser zu sein. Die Studie zeigt, dass Frauen über 65 Jahre, die unter persistierenden menopausalen Beschwerden leiden, mit angemessener Beratung und regelmässiger Risiko-Nutzen-Bewertung eine Fortsetzung der HRT in Betracht ziehen sollten.
Open Access Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden.
Die in diesem Artikel enthaltenen Bilder und sonstiges Drittmaterial unterliegen ebenfalls der genannten Creative Commons Lizenz, sofern sich aus der Abbildungslegende nichts anderes ergibt. Sofern das betreffende Material nicht unter der genannten Creative Commons Lizenz steht und die betreffende Handlung nicht nach gesetzlichen Vorschriften erlaubt ist, ist für die oben aufgeführten Weiterverwendungen des Materials die Einwilligung des jeweiligen Rechteinhabers einzuholen.
Hinweis des Verlags
Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.