Ein beliebtes Kommunikationsmittel geht in Pension.
Thomas Kainrath
„Wir verabschieden uns vom Fax“. Die Meldung, die von den Sozialversicherungsträgern vor Kurzem verlautbart wurde, irritiert im Jahr 2025. Doch wer nun die Frage stellt: „Wer zum Teufel versendet heute noch ein Fax?“, ist vermutlich nicht im Gesundheitswesen beschäftigt. In der Medizin lieben wir schließlich Dinge im Mid-Century-Modern-Style, die zeitlose Eleganz vermitteln. So liegt neben der High-Tech-Endoskopie-Einheit mitunter auch die gute, alte, metallene Alexanderspritze zur Ohrreinigung. Die Säulenwaage mit Laufgewichten zeigt zuverlässig auch ohne Strom das Gewicht, den Körperfettanteil schätzen wir einfach dazu. Letztendlich sieht auch das Blutdruckmessgerät, seit der Erfindung durch Herrn Riva-Rocci Ende des 19. Jahrhunderts, im Prinzip unverändert aus. Der Design-Mix macht es aus, um zu zeigen: wir können ganz modern sein, wollen es aber nicht.
Tatsächlich entdeckt man als Patient, selbst in der modernsten Klinik, immer wieder jene Utensilien, die zeigen: Es fließt dieselbe Infusionslösung in neuen Schläuchen. Und während der DaVinci Roboter im OP an einem Leistenbruch werkt, findet sich im Krankenzimmer eine formschöne Bettpfanne und ein hinten frei zugängliches Patientenhemd mit blauem Diamantmuster wie zu Omas Zeiten.
Dennoch wurde das Faxgerät nicht nur als Vintage-Mobiliar, sondern auch aufgrund seiner Funktion geschätzt. Selbst die modernsten Praxen mit ausgefeilter digitaler Ordinationssoftware mussten über solch ein nostalgisches Teil verfügen, um mit anderen Einrichtungen im Gesundheitswesen kommunizieren zu können, die ausschließlich über Fax oder Telegramm erreichbar waren. Man sah die Technologie als sicheres Kommunikationsmittel an, um gesundheitsbezogene Daten zu übermitteln. Von einem zum anderen Gerät wurden sie End-zu-End übertragen. Da konnte sich kein Hacker unbefugt Zugriff verschaffen (und damit ist der Beruf, nicht der Gesundheitsstadtrat gemeint).
Heute werden Faxe hingegen unverschlüsselt übers Internet übertragen, sind damit in etwa so sicher wie eine Postkarte und nicht mehr DSGVO-konform. Mit 1.1.2025 ist somit das Faxen von Gesundheitsdaten gesetzlich verboten. Man darf dennoch nach wie vor eine Postkarte verschicken, auf der man von seinem Reisedurchfall berichtet.
Statt dem Fax besteht nun die Möglichkeit, Gesundheitsdaten über elektronische Portale, mit digitaler Identifikation, über ein sicheres System zu versenden. Das funktioniert ganz wunderbar, wenn es funktioniert. Es sei denn, das System ist Atheist und leugnet die Existenz des Benutzers. Versagen alle digitalen Wege, so transportiert ein analoger Postreiter (Vertrauensreiter der Krankenkasse) den Antrag in einer verschlüsselten Schatulle (End-zu-End-Verschlüsselung). Nach Bewilligung durch den Chefarzt wird der Bote (Internet-Postler, IP) wieder zurückgeschickt, um in der Praxis lautstark die frohe Kunde oder die Ablehnung zu verlesen (Voice-over-IP). Oder man gräbt das Faxgerät wieder aus.