Vitamin-C-Mangel bei Sepsis

Vitamin-C-Mangelzustände bis hin zum Skorbut-Bereich sind bei Sepsis keine Seltenheit und haben Auswirkungen auf die Mortalität und die Hospitalisierungsdauer der Patient:innen. Wie bei nichtsystemischen Infektionen (z. B. Pneumonie, COVID 19) [1,2,3,4] tritt auch bei Patient:innen mit Sepsis häufig ein VitaminCMangel bis hin zu Mangelzuständen im SkorbutBereich auf, und zwar trotz standardmäßiger Applikation von Vitamin C im Rahmen der enteralen und parenteralen Ernährung [5,6,7] (.Abb. 1). Zwischen dem Ausmaß des Mangels und dem Grad der Organdysfunktion sowie der Mortalität bestehen dosisabhängige Zusammenhänge [8]. Die Bedeutung von Vitamin C bzw. eines Mangels erklärt sich durch dessen multiple Funktionen sowie durch die Tatsache, dass der menschliche Organismus Vitamin C nicht selbst synthetisieren kann [9]. Physiologische Aspekte von Vitamin C bei Sepsis Vitamin C hat pleiotrope Effekte, die auch bei Sepsis eine Rolle spielen. Als enzymatischer KoFaktor vieler Sepsis relevanter Stoffwechselwege (etwa DopaminβHydroxylase, PeptidylGlycinαamidierende Monooxygenase) ist es an der Synthese von Noradrenalin, Dopamin, Kortisol und Vasopressin beteiligt [11,12,13] und erhöht durch direkte Bindung an Rezeptoren die adrenerge Sensitivität [14]. Vitamin C wirkt antioxidativ, indem es extrazellulär, intrazellulär und mitochondrial reaktive Sauerstoffspezies neutralisiert [10,11]. Vitamin C hat laut einer klinischen Studie an Patient:innen mit septischem Schock fördernde Effekte auf die Mikrovaskularisation [15], erhält einem Review klinischer Studien zufolge den kapillaren Blutfluss und die Reaktivität des Endothels auf vasoaktive Medikamente und hilft laut präklinischen Untersuchungen, eine Dysfunktion des Endothels zu verhindern [10,16,17]. Vitamin C ist außerdem essenziell für die Barrierefunktion des Lungenepithels und reguliert die alveoläre Clearance [10]. Des Weiteren wirkt Vitamin C antithrombotisch, indem es die Plättchenaktivität und den Tissue Factor (=Gewebethromboplastin) reduziert und das antikoagulative Thrombomodu mM VitaminCPlasmaspiegel mg/dl gesunde Probanden mit ausreichender bis optimaler VitaminCVersorgung Normalbereich geforderter Mindestbedarf Subklinischer Mangel zur Prävention von Gefäß und Tumorerkrankungen Klinischer Mangel/Skorbut Hypovitaminose chronisch entzündliche Erkrankungen wie Arthritis, Allergien chronische Infektionen, Tumoren Quelle: Pascoe Wissenschaftliche Broschüre [10] Abb. 1: VitaminCPlasmaspiegel bei Gesunden und unterschiedlichen Patientengruppen; bei Sepsis kommt es häufig zu Hypovitaminose bis hin zu einem klinischen Mangel bzw. Skorbut. lin erhöht [13]. Nicht zuletzt hat Vitamin C essenzielle antientzündliche und immunmodulatorische Bedeutung, die von der Unterstützung der B und TZell Proliferation über die Förderung von Phagozytose und Chemotaxis und der Bildung von Interferonen und Immunglobulinen bis zur Reduktion von Entzündungsparametern (z. B. IL1, IL 6, TNFα, CRP, Histamin) reicht (.Tab. 1) [18]. Ausgleich eines VitaminC Mangels bei Sepsis Die Auswirkung, die der Ausgleich eines VitaminCMangelzustandes bei Sepsis haben kann, wurde in diversen Studien untersucht. In der randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten CITRISALIStudie wurden die Effekte erforscht, welche die Infusion von Vitamin C (200 mg/kg/24 h) über einen Zeitraum von 4 Tagen bei Patient: innen mit Sepsis und akutem Lungenversagen (ARDS) zeigt. Primäre Endpunkte waren der Sequential Organ Failure Assessment Score (SOFA), Creaktives Protein und Thrombomodulin nach 4 Tagen [19]. Kritik an der Studie, dass die Daten Verstorbener nicht in die Auswertung einflossen, führte zu einer Re Analyse durch Hemilä und Chalker, denn die Mortalität in den ersten 4 Tagen war unter Place bo wesentlich höher als unter Vitamin C (22,9 % vs. 4,8 %) [20]. Eine weitere ReAnalyse der Stu dienautoren ergab eine signi fikant bessere Organfunktion nach 4 Tagen in der VitaminC Gruppe [21]. In der originalen CI TRISALIStudie wurden bei der 28TageAuswertung in der Vit amin C Gruppe signifikant weni ger Tage auf der Intensivstation und im Krankenhaus sowie eine wesentlich geringere 28Tage Sterblichkeit als in der Placebo Gruppe beobachtet [19]. Verweildauer im Krankenhaus, Beatmungsdauer und Sterblichkeit Eine MetaAnalyse [22] von 15 RCTs mit 2.490 kritisch kran ken Patient:innen kommt zu dem Schluss, dass die intra venöse Verabreichung von Vit amin C mit einem Trend zur Verringerung der Gesamtsterb lichkeit verbunden ist, jedoch nur bei hochdosierter Verab reichung. Unerwünschte Ereig nisse im Zusammenhang mit intravenösem Vitamin C wur den nicht berichtet, weshalb die intravenöse VitaminCGa be von den Autoren auch als sichere supportive Maßnahme eingeschätzt wurde. Eine weitere MetaAnalyse von 15 Studien ergab Hinwei se darauf, dass bei Patient:innen nach einer HerzOperation durch VitaminCGabe die Verweildau er im Krankenhaus um 12,6 % und jene auf der Intensivstati on um 8,0 % verkürzt werden kann, wobei der Effekt bei intra venöser Gabe größer war als bei oraler Gabe [23]. Eine MetaAnalyse über 18 RCTs bestätigt die verkürzte Ver weildauer von kritisch kranken Patient:innen auf der Intensiv station und im Krankenhaus durch hochdosierte intravenö se Supplementation von Vit amin C [24]. Ähnliche Ergebnis se lieferte eine weitere Meta Analyse mit insgesamt 1.766 herzkranken Personen, die ei ne Verkürzung der Verweildauer auf der Intensivstation um ca. 8 % und eine verkürzte Beatmungsdauer um durchschnittlich 18,2 % zeigte [25]. Eine kürzere Beatmungsdauer und einen verringerten Vasopressin Verbrauch bei kritisch kranken Patient:innen zeigte eine weitere MetaAnalyse über 12 RCTs [26]. Daten zur Dosierung Es gibt viele Hinweise darauf, dass eine hochdosierte Verab reichung von Vitamin C bei Sepsis vorteilhafter ist als nied rigere Dosierungen. Zum einen sind für die Normalisierung stark reduzierter Plasmaspiegel par enterale VitaminCGaben im Grammbereich (2 g/Tag) not wendig, zum anderen erfordert die Vermeidung einer wieder kehrenden Hypovitaminose ei ne nachhaltige Behandlung [27]. Bei Sepsis scheinen der frühzeitige Beginn (möglichst innerhalb der ersten 6 Stunden; hier wurden zudem Thiamin und Steroide verabreicht) [28] und eine ausreichend lange Behand lungsdauer von mindestens 5 Tagen [29] entscheidend zu sein. Beschränkte enterale Aufnah me und renale Clearance li mitieren eine rasche Normali sierung defizienter VitaminC Plasmaspiegel. Eine rasche Ver fügbarkeit mit hohen Plasma konzentrationen lässt sich bei Mangelzuständen mittels intra venöser Verabreichung hoher Dosen erreichen. Vitamin C-Injektopas® Fachkurzinformation Literatur 1. Carr AC et al ( 2020) Nutrients; 12(5):1318 2. TomasaIrriguible TM, BielsaBerrocal L. (2021) Nutr J.;20(1): 66 3. Pincemail J et al (2021) Antioxidants (Basel); 10(2): 257 4. ChiscanoCamon L et al (2020) Crit Care; 24(1): 522 5. Fowler AA 3rd et al (2014) J Transl Med.; 12:32 6. Spoelstrade Man AME et al (2019) Crit Car.; 23: 425 7. Carr AC et al (2017) Crit Care; 21: 300 8. Borrelli E et al (1996) Crit Care Med.; 24(3): 392–397 9. Nishikimi M et al (1994) J Biol Chem; 269(18): 13685–13688 10. Pascoe Wissenschaftl. Broschüre AT, 7. Auflage 2023 11. Wald EL et al (2022) Pediatr Res.; 91: 328–336 12. Carr AC et al (2015) Crit. Care; 19: 418 13. Marik PE (2020) J Thorac Dis.; 12(Suppl 1): S84–S88 14. Marik PE (2018) Nutrients; 10: 1762 15. 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