Über Jahrhunderte haben Pflanzenjäger aus Europa Gewächse und Samen aus exotischen Ländern auf den alten Kontinent eingeführt, die Pflanzen wurden kultiviert und verwahrt. Biopiraterie ist heute verboten, doch die alten Belege leisten der Wissenschaft immer noch gute Dienste.
Das Palmenhaus in Kew ist das älteste existierende viktorianische Gewächshaus der Welt. In der feuchtwarmen Luft gedeihen Madagaskar-Immergrün, Brotpalmfarn oder die Tamarinde, Vanillepflanzen, Königspalmen und Zuckerrohr.
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„Wie viel Kolonialismus steckt in unseren Gärten“, fragte das Ö1-Magazin „Dimensionen“ vor Kurzem und strahlte dazu eine Sendung des Deutschlandfunks vom Februar 2024 erneut aus. Inhalt ist die Aufarbeitung der kolonialen Geschichte der botanischen Gärten. Denn die attraktiven tropischen Gewächse wurden einst von Pflanzenjägern nach Europa gebracht, ohne die Menschen in den natürlichen Herkunftsländern um Erlaubnis zu fragen. ( https://tinyurl.com/2bbe4ft9 )
In den königlichen botanischen Gärten im Londoner Stadtteil Kew gibt es ein Nebengebäude, das die „Economic Botany Collection“ beherbergt. In den Metallschränken lagern 100.000 Pflanzenpräparate, darunter einige aus der Pharaonenzeit. Aus dem 19. Jahrhundert stammen Belege von Kautschuk aus dem Amazonas. Trotz eines Ausfuhrverbotes aus Brasilien schmuggelten Botaniker die wertvollen Pflanzen nach England, wo sie gezüchtet und weiter in die asiatischen Kolonien verschifft wurden. „Diebstahl war es damals schon, heute würden wir es Biopiraterie nennen“, sagt die Sprecherin im Beitrag.
Begleitet wurde die wirtschaftliche Ausbeutung von wissenschaftlichem Interesse. Galt es doch, einen möglichst vollständigen Stammbaum der Blütenpflanzenarten zu erstellen. Nützliches Wissen: Kenntnisse der verwandtschaftlichen Beziehungen erlauben Vorhersagen, welche Pflanzenarten Moleküle mit medizinischem Potenzial enthalten oder wie bestimmte Pflanzen von Schädlingen, Krankheiten und dem Klimawandel beeinträchtigt werden. Der aktuell größte Stammbaum umfasst 60 Prozent aller Gefäßpflanzengattungen. Viele der dafür nötigen Pflanzen stammen aus Kew, auch die älteste. (https://tinyurl.com/yku7d62r ).
Weitere Informationen:
Das älteste genetisch untersuchte Exemplar: Nepalesisches Sandkraut (Arenaria globiflora). Herbarexemplar aus Kew, 1829 im Himalaya gesammelt.
Royal Botanic Gardens, Kew