Oxidativer Stress und Vitamin-C-Mangel bei Allergien

Immunologie. Systemischer oxidativer Stress induziert einen Vitamin-C Mangel und schafft damit ein proinflammatorisches Milieu, das auch bei Allergien eine Rolle spielt. Oxidativer Stress kann durch eine Vielzahl von Faktoren bedingt werden und gilt als gewebeschädigend. Über die Bildung reaktiver Sauerstoffspezies (ROS) und inflammatorischer Zytokine ist oxidativer Stress an der Pathogenese vieler Erkrankungen mitbeteiligt, etwa respiratorischer (z. B. Asthma, COPD), kardiovaskulärer, onkologischer und chronisch-entzündlicher Erkrankungen1,2 (siehe Abb. 1). Um ROS zu neutralisieren, benötigt der Organismus Antioxidantien, zu deren effektivsten Vitamin C (Ascorbinsäure) zählt. Anhaltender oxidativer Stress führt zu einem Mehrverbrauch an Antioxidantien und kann einen Vitamin-C-Mangel induzieren. Ein Mangel leistet wiederum Entzündungen Vorschub, da Vitamin C physiologischerweise immunmodulatorische Eigenschaften besitzt4 und durch die Reduktion von erhöhten Zytokinen (z. B. erhöhtes CRP, TNF-a, Interleukine) überschießende Entzündungsreaktionen abfedern kann4,5. In Studien zu COVID-19 konnten antiinflammatorische Effekte jeweils bei unterschiedlichen Parametern nachgewiesen werden.6,7 Abb. 1: Oxidativer Stress und chronische Entzündungen (Quelle: Pascoe wissenschaftl. Broschüre3). × Allergische Manifestationen Auch bei Entzündungen des Respirationstraktes, so bei allergischem Asthma, allergischer Rhinitis und atopischer Dermatitis, stellt oxidativer Stress einen wichtigen pathophysiologischen Faktor dar8. Bei Kindern mit Asthma finden sich stark erhöhte Superoxide und Hydroxyl- Radikale sowie reduzierte freie Radikalfänger und ein Mangel an antioxidativen Enzymen.9 In Korrelation zu den erhöhten ROS-Konzentrationen wurden eine Abnahme der Lungenfunktion, erhöhte IgE-Spiegel und ein Anstieg mucinhaltiger Zellen im Atemwegsepithel beobachtet.9 Darüber hinaus werden noch weitere Symptome und Reaktionen durch ROS ausgelöst bzw. negativ beeinflusst (siehe Tab.). Oxidativer Stress beeinträchtigt weiters die Barrierefunktion von Haut und Schleimhaut. Dies könnte für die Entstehung allergischer Erkrankungen mit verantwortlich sein.8 Etwa besteht eine Assoziation zwischen der Schwere einer atopischen Dermatitis und der Schädigung durch ROS, was für die Annahme spricht, dass gestiegene ROS-Konzentration aufgrund der erhöhten Umweltbelastung in industrialisierten Regionen für die Schädigung des Stratum corneum mit verantwortlich sein könnten.10 Eine funktionierende Barrierefunktion ist unter anderem auf die Verfügbarkeit des Antioxidans Vitamin C angewiesen.4 Patientinnen und Patienten mit Psoriasis und atopischer Dermatitis weisen deutlich reduzierte kutane Vitamin- C-Spiegel auf.11,12 Auch bei Patientinnen und Patienten mit akuten oder chronischen allergischen Hautund Atemwegserkrankungen konnte ein Vitamin-C-Mangel beobachtet werden, mit durchschnittlichen Vitamin-C-Plasmaspiegeln deutlich im subklinischen Mangelbereich (< 0,34 mg/dL) und bei der Hälfte der Patientinnen und Patienten sogar im Skorbutbereich (< 0,2 mg/dL).13 Bei Pollenallergie dürften ROS ebenfalls eine Rolle spielen. Der oxidative Stress in den Atemwegen wird bei einer Pollinosis nicht nur durch Immun- und Entzündungszellen induziert, sondern auch durch die Pollenpartikel selbst. Fast alle Pollenarten besitzen das ROS-bildende Enzym NADPH-Oxidase, das mittels einer Antigen-induzierten allergischen Inflammation zu einer zusätzlichen Reizung der Schleimhäute und einer Intensivierung des allergischen Prozesses beiträgt (siehe Abb. 2).14 Vitamin-C-Plasmaspiegel bei Gesunden und Tumorpatient:innen2 © Quelle: nach: Mayland CR et al., Palliat Med 2005; 19: 17–20 × Ausgleich eines Vitamin-C-Mangels Neben der antientzündlichen und immunmodulatorischen Wirkung von Vitamin C gibt es auch Hinweise auf eine Histamin-senkende Potenz. Eine kontrollierte klinische Studie verglich Patientinnen und Patienten mit Allergien bzw. Infekten hinsichtlich der Auswirkungen von Vitamin C auf die Histaminspiegel. Insbesondere bei den Patientinnen und Patienten mit Allergie bewirkte die intravenöse Gabe von 7,5 g Vitamin C eine Senkung der zuvor erhöhten Histaminwerte um fast 50 Prozent (von 1,36 auf 0,69 ng/m2; p = 0,0007).15 Je höher die anfänglichen Histaminwerte waren, desto ausgeprägter war der Reduktionseffekt. Der Effekt der Behebung eines Vitamin-C-Mangels auf die Symptome allergischer Erkrankungen wird weiter erforscht. In einer nicht-interventionellen Langzeit-Beobachtungsstudie führte eine hochdosierte Vitamin-C-Therapie (wöchentlich 2–3 Infusionen für ca. 3 Wochen bei akuten bzw. für 12 Wochen bei chronischen Erkrankungen) zu einer signifikanten Reduktion der allergiespezifischen und der nicht-spezifischen Symptomatik. Diese Ergebnisse müssen noch durch randomisiert- kontrollierte Studien (RCT) überprüft werden, um eine klinische Relevanz von Vitamin-C als Begleittherapie bei Allergien zu bestätigen.13 In einer RCT mit kleiner Probandenanzahl konnte gezeigt werden, dass die Supplementierung mit Vitamin C in Asthmatikern zur Einsparung von Kortikoiden führte. Nach einer 16-wöchigen oralen Supplementation von 1 g Vitamin C/Tag (nicht jedoch in den Vergleichsgruppen mit 450 mg Magnesium/ Tag oder unter Placebo) konnte ein moderater, jedoch signifikanter Effekt auf den Bedarf inhalativer Kortikosteroide gezeigt werden (49 vs. 13 vs. 11 Mikrogramm Reduktion).16 Auch scheint der antioxidative Status generell Auswirkungen auf die Lungenfunktion zu haben. Höhere Vitamin- C-Plasmaspiegel sind mit einem besseren forcierten exspiratorischen Volumen (FEV1) assoziiert.17 Vitamin-C-Mangelzustände haben auf vielen Ebenen Auswirkungen auf den Organismus. Aufgrund der limitierten Resorption und der renalen Clearance sind über eine orale Aufnahme selbst mit extrem hohen Dosierungen von 6-mal täglich 3 g Vitamin C lediglich Blutspiegel von 0,22 mM (3,9 mg/dl) zu erreichen.18 Bei Mangelzuständen, die ernährungsmäßig nicht behoben oder oral substituiert werden können, lassen sich höhere Plasmaspiegel im potenziell therapeutischen Millimol-Bereich (> 2 mM = > 40 mg/dl) durch intravenöse Gabe erzielen3,18. Vitamin C-Injektopas® Fachkurzinformation Referenzen: 1. Ghalibaf MHE et al. The effects of vitamin C on respiratory, allergic and immunological diseases: an experimental and clinical-based review. Inflammopharmacology. 2023 Apr; 31(2):653-672 2. Chen L et al. „Inflammatory responses and inflammation-associated diseases in organs.“ Oncotarget. 2017 Dec 14;9(6):7204-7218 3. Pascoe wissenschaftl. Broschüre AT, 7. Auflage 2023 4. Carr AC, Maggini S. Vitamin C and Immune Function. Nutrients 2017;9(11):1211 5. Mikirova N et al. 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