Vorasidenib: "Practice-changing" bei Grad 2-Gliomen

Der orale IDH1/2-Inhibitor Vorasidenib verlängerte in der INDIGO-Studie im Vergleich zu Placebo das progressionsfreie Überleben und die Zeit bis zur nächsten Therapie bei Personen mit Grad 2 diffusen Gliomen. Die Ergebnisse werden laut Experten die klinische Praxis verändern. Grad 2 Gliome gehen mit einer schlechten Prognose einher und bisherige Therapieoptionen sind nicht kurativ. Häufig treten Mutationen in der Isocitratdehydrogenase (IDH) 1/2 auf, die zur vermehrten Produktion des Onkometaboliten 2-Hydroxyglutarat (2-HG) und u.a. einer epigenetischen Dysregulation führen. Vorasidenib ist ein oraler IDH1/2-Inhibitor, der durch seine Wirkweise die Konzentration von 2-HG in resezierten Grad 2/3 diffusen Gliomen um mehr als 90 % verringern konnte. Diese Reduktion war u.a. assoziiert mit einer niedrigeren Tumorzellproliferation sowie einer erhöhten Tumorinfiltration durch Lymphozyten. INDIGO ist eine globale, doppelblinde Phase-3-Studie, in die 331 Erkrankte (medianes Alter: rund 40 Jahre) mit Grad 2 IDH1/2-mutiertem Oligodendrogliom oder Astrozytom eingeschlossen waren. Die Teilnehmenden benötigten keine direkte Chemo- oder Radiotherapie. Sie erhielten 1:1 randomisiert einmal täglich Vorasidenib in 28-Tages Zyklen oder ein Placebo. Primärer Endpunkt war das progressionsfreie Überleben (PFS), wichtigster sekundärer Endpunkt die Zeit bis zur nächsten Intervention (TTNI). Frühe Wirksamkeit führte zur Entblindung Das mediane Follow-up der zweiten Interims-Analyse betrug unter Vorasidenib 14 Monate und unter Placebo 14,3 Monate. Wie Dr. Ingo K. Mellinghoff vom Memorial Sloan Kettering Cancer Center, New York, berichtete, wurde die Studie im März 2023 aufgrund der frühen Wirksamkeit entblindet, woraufhin die Mehrheit der Teilnehmenden in den Vorasidenib-Arm wechselte. Mit median 27,7 Monaten vs. 11,1 Monaten verlängerte sich das PFS, ermittelt durch ein unabhängiges und für die Behandlung verblindetes Komitee, unter dem IDH1/2-Inhibitor im Vergleich zum Kontrollarm (HR 0,39). Der PFS-Vorteil für Vorasidenib zeigte sich für alle untersuchten Subgruppen. Auch die TTNI verbesserte sich in der Interventionsgruppe signifikant; der Median wurde hier nicht erreicht und betrug unter Placebo 17,8 Monate (HR 0,26). Nach 24 Monaten belief sich die Wahrscheinlichkeit, keine weitere Therapie erhalten zu haben, auf 83,4 % vs. 27 %. Laut dem Referenten wurde Vorasidenib gut vertragen, das Sicherheitsprofil war „handhabbar“. Therapiebedingte Nebenwirkungen vom mindestens Schweregrad 3 entwickelten 22,8 % der Patientinnen und Patienten im Prüfarm und 13,5 % in der Kontrollgruppe. Am häufigsten kam es unter anderem zu Erhöhungen von Alanin-Aminotransferase (9,6 % vs. 0 %), Erhöhungen von Aspartat-Aminotransferase (4,2 % vs. 0 %) und Krampfanfällen (4,2 % vs. 2,5 %). Offene Fragen klären Diskutant Prof. Dr. Rimas Vincas Lukas, Northwestern University, bezeichnete die Ergebnisse als „practice-changing“. Als Kritikpunkt an der Studie nannte er die bisher nicht reifen Daten zum Gesamtüberleben (OS). Da die Überlebensraten sowohl bei Grad 2 Oligodendrogliomen als auch bei Astrozytomen aber nach zwölf Monaten rund 98 % betragen, sei es schwierig, das OS hier als Endpunkt für die Entwicklung neuer Medikamente zu nutzen. Fragen, die zukünftige Studien beantworten müssen, seien die nach Resistenzmechanismen und möglichen Kombinationsregimen. Auch die optimale Sequenz von IDH-Inhibitoren müsse man untersuchen; hier steht die Frage im Raum, ob eine durch alkylierende Chemotherapien verursachte Hypermutation den Vorteil, der durch die Salvage-IDH-Inhibition erreicht wird, abschwächt. basierend auf: ASCO Annual Meeting 2023, 2.-6.6.2023, Chicago (hybrid); Session: Mellinghoff IK. et al. ; Abstract LBA1; abrufbar unter https://meetings.asco.org/abstracts-presentations/219807

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