Der Bisamberg ist ein entomologisches und botanisches Kleinod, doch seine Abhänge dienen nicht nur als Biotope für Wildbienen und Orchideen, sie waren einst wichtige militärische Abwehrstellung und immer schon Aussichtsposten und Ausflugsziel, wie ein kleiner kulturhistorischer Streifzug beweist.
Bisamberg (358 m)
Martin Krenek-Burger
Der Kahlenberg nördlich von Wien ist bewaldet. Diese Diskrepanz sticht beim Vergleich alter und neuer Karten ins Auge. Der Leopoldsberg, der im 17. Jahrhundert noch „Kaleberg“ hieß, war aufgrund der jahrhundertelangen Beweidung und Waldnutzung „glatzert“. Auch die Verlängerung des Wienerwaldes jenseits des Stroms, der „Bisnberg“, wie der 358 m Seehöhe messende Hügel auf einem Stich von Matthäus Merian (1649) bezeichnet wurde, wies ein glattes Gepräge auf. Bis in die Zwischenkriegszeit war die Kuppe des Bisambergs in trockene Rasen und Viehweiden gehüllt, von Acker-Rainen durchzogen und von bunten Gebüschränder umkränzt.
Zwerg-Iris im Blühaspekt, Bisamberg gegen Wien
Martin Krenek-Burger
Heute dominieren Wimpernseggen und Hainbuchenwälder auf der Nordseite, Robinienhaine und Föhrenanpflanzungen auf der Anhöhe sowie Weinbau. Die letzten Wiesenreste fristen ein bedrohtes Dasein auf der steilen Westseite. Der Dichter Joseph von Eichendorff, welcher sich hier erging und den Bisamberg 1811 mit Ziel Seebarn überquerte, würde seinen Weg kaum wiedererkennen.
Kellergassen sind alte Hohlwege, Bisamberg
Martin Krenek-Burger
Was geblieben ist? Der bequeme Bisamberg ist heute wie damals ein Ort des Wanderns und des Müßiggangs. Im Gegensatz zu seinen schroffen Brüdern am anderen Donau-Ufer schmücken ihn weder Burg noch Aussichtsturm. Es gibt keine spektakuläre Bergstraße und nicht einmal ein Gipfelkreuz. Der Bisamberg protzt nicht mit seinen Attraktionen.
Adria-Riemenzunge auf den Alten Schanzen bei Stammersdorf
Martin Krenek-Burger
Kenner wissen ihn zu schätzen: Kulturwissenschaftler Matthias Marschik und Medizinhistorikerin Gabriele Dorffner widmen sich in ihrem Bisamberg-Buch zunächst den Gemeinden rund um den Berg, danach geht es hinauf zum Gipfel. Der Bisamberg hat einen breiten Rücken, der in Niederösterreich und Wien zu liegen kommt. In der Bundeshauptstadt heißt er Falkenberg und ist unter Kennern berühmt für einen der allerletzten Wuchsorte von Frauenschuh und Adria-Riemenzunge, zwei seltenen Erdorchideen ( Der Wiener Anteil wird vom Stadtwanderweg 5 perfekt erschlossen, Anm .).
Kraut-Immergrün bei Langenzersdorf.
Martin Krenek-Burger
Der Weg der Autoren führt vorbei an einzigartigen Landschaften, aber auch an zahlreichen Stätten militärischer Bedeutung. Auf dem Plateau angekommen, treffen sie nicht nur auf Kaiserin Elisabeth, sondern auch auf Politiker aller Couleurs, auf den Naturheilkundler Florian Berndl und auf die Sendeanlage Bisamberg, von der aus lange Zeit der Rundfunk- und Fernsehbetrieb ganz Österreichs gesteuert wurde.
Waldsteppen-Beifuß am Westhang.
Martin Krenek-Burger
Der Bisamberg und seine Nordabdachung gegen Hagenbrunn waren Verteidigungsanlagen in vielen Kriegen, etwa im Preußisch-Österreichischen Krieg von 1866, wo sie aber nicht gebraucht wurden, weil die Feinde nicht bis nach Wien kamen. Die Flurnamen „Schwedenschanzen“ oder „Alte Schanzen“ und „Rendezvousberg“ erinnern an die kriegerische Vergangenheit der für die Verteidigung Wiens strategisch wichtigen Anhöhe.
Weißsporn-Weißveilchen bei Langenzersdorf, Berggasse
Martin Krenek-Burger
Ein Mann namens Poso
Der Berg- und Ortsname Bisamberg wird in der mündlichen Überlieferung als „bis am Berg“ (d.h., bis auf den Berg) erklärt. Urkundlich taucht der Name 1108 erstmals auf. Ein Zeuge für den Augsburger Bischof nennt sich „de Pusinberge“, von Bisamberg. Der Namensgeber war aber nicht er, sondern ein Mann namens Poso, über den nichts weiter bekannt ist.
Marschik & Dorffner: Der Bisamberg. Der Transdanubische Wächter. Edition Winkler-Hermaden 2022.