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Ärzte Woche

12.09.2024 | COPD

COPD kombiniert stabilisieren

verfasst von: Ralf-Harto, Thomas Sgarbossa und Martin Witzenrath

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Ein zentrales Behandlungsziel bei der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung ist u. a. die Vermeidung von Exazerbationen. Neben der Basistherapie ist die medikamentöse Behandlung entscheidend, wobei auf die Kombination dreier großer Wirkstoffklassen zurückgegriffen wird. Die Wahl des geeigneten Inhalats richtet sich nach den Empfehlungen der GOLD-Initiative.

Ziel der COPD-Therapie ist die Verbesserung von Symptomen und Lebensqualität sowie das Verhindern von Krankheitsprogression und Sekundärmorbidität. Als wichtigste Maßnahme in der Basistherapie ist das Ausschalten von Noxen zu erwähnen. Vor allem die evidenzgestützte Raucherentwöhnung ist eine Schlüsselmaßnahme, um den Progress der Erkrankung zu verhindern. Aber auch andere Belastungen, zum Beispiel am Arbeitsplatz oder beim Kochen über dem offenen Feuer, sind anamnestisch zu überprüfen. So kann nicht nur die Krankheitsprogression deutlich gebremst werden, sondern auch Komorbiditäten, wie beispielsweise einem Bronchialkarzinom oder extrapulmonalen Komorbiditäten kann vorgebeugt werden.

Eine weitere nicht medikamentöse Intervention ist die Steigerung der körperlichen Aktivität. Schon die Zunahme von 600 Schritten pro Tag reduziert das Risiko für Hospitalisierungen. Eine pneumologische Rehabilitation kann die Aspekte einer Rauchentwöhnung und Lungensport mit einer ausgiebigen und nachhaltigen Patientenschulung verbinden und führt so zu einer Verbesserung der Symptome und Lebensqualität.

Das Risiko für Exazerbationen und Krankenhausaufenthalte kann mittels einer aktiven Immunisierung gegen z. B. Pneumokokken, RSV, das Influenzavirus, Pertussis und COVID-19 deutlich reduziert werden. Ebenfalls gehört die konsequente Behandlung von Komorbiditäten zur Basistherapie einer COPD.

Medikamentöse Intervention

Neben der Basistherapie ist die medikamentöse Behandlung bedeutsam in der Therapie einer stabilen COPD. Diese Interventionen können zu Verbesserungen der Lungenfunktion, Leistungsfähigkeit und Lebensqualität führen. Ebenfalls können die Anzahl von Exazerbationen und ihr Schweregrad reduziert werden.

Die bedeutsamste medikamentöse Intervention sind inhalative Bronchodilatatoren. Die Darreichungsform als Inhalat führt zu einer besseren Wirkung mit insgesamt weniger Nebenwirkungen im Vergleich zu einer systemischen Therapie. Allerdings ist bei einer großen Anzahl an Inhalatoren auf die korrekte Schulung und richtige Auswahl zu achten, da eine inkorrekte Anwendung häufig ist und zu schlechteren klinischen Ergebnissen führt.

Es lassen sich mehrere Gruppen dieser Inhalate einteilen:

  • Langwirksame Beta-2-Agonisten (LABA) binden an Beta-2-Rezeptoren und lösen eine Bronchodilatation durch die Entspannung glatter Muskelzellen aus. Durch eine zusätzliche Erhöhung der ziliären Schlagfrequenz wird der Abtransport von bronchopulmonalem Mukus gefördert.
  • Langwirksame muskarinerge Antagonisten (LAMA) reduzieren Bronchokonstriktion und Mukusproduktion durch die Inhibition der M1- und M3-Rezeptoren auf den glatten Muskelzellen und Becherzellen.
  • Inhalative Glukokortikosteroide (ICS) sind die dritte große Klasse an inhalativ verabreichten Medikamenten in der COPD-Langzeittherapie. Unter anderem durch einen antiinflammatorischen Effekt können ICS die Exazerbationsrate signifikant reduzieren und zu Verbesserungen der Lungenfunktion führen.

Empfehlungen nach GOLD

Die Auswahl der passenden Inhalatskombination orientiert sich an den Therapieempfehlungen der GOLD-Initiative. Berücksichtigt werden die Anzahl an Exazerbationen und der Schweregrad der Symptome nach der GOLD-Klassifikation. Patientinnen und Patienten mit sehr limitierten Symptomen (GOLD-Klassifikation A) können zunächst mit kurzwirksamen Beta-2-Agonisten (SABA) und kurzwirksamen Muskarin-Antagonisten (SAMA) als Bedarfsmedikation behandelt werden. Eine Dauertherapie wird empfohlen, sobald zwei bis drei Mal pro Woche oder häufiger von den Inhalaten Gebrauch gemacht werden muss.

Zunächst soll mit einer Monotherapie mit einem LABA oder LAMA begonnen werden. Bei Patienten in der GOLD-Klassifikation B, also mit einer stärkeren Symptomatik und wenigen bis keinen Exazerbationen, wird die Dauerbehandlung mit einem LAMA und LABA empfohlen. Durch diese Kombination wird eine synergistische Wirkung auf Lungenfunktion und Symptome erzielt. Ebenfalls kann so ein geringeres Exazerbationsrisiko erreicht werden. Wenn Exazerbationen im Vordergrund stehen (GOLD-Klasse E) wird auch eine LABA/LAMA-Kombination empfohlen.

Bei rekurrenten Exazerbationen sollte die Therapie mit ICS ergänzt werden. In der IMPACT-Studie konnten eine signifikante Reduktion der Exazerbationsrate und eine moderate Verbesserung der Lungenfunktion bei Häufig-Exazerbierenden mit einer Triple-Therapie gezeigt werden.

Für Risikopatienten einer Exazerbation konnte die ETHOS-Studie zeigen, dass eine Triple-Therapie mit LAMA/LABA/ICS mit ICS in doppelter Dosis einen positiven Effekt hat. All diese Verbesserungen müssen allerdings mit dem erhöhten Risiko einer Pneumonie unter ICS-Thera- pie abgewogen werden. Eine ICS sollte hinzugenommen werden, wenn ebenfalls ein Asthma in der Vorgeschichte der Patienten bekannt ist.

Eine weitere Entscheidungshilfe ist die absolute Anzahl von eosinophilen Granulozyten im peripheren Blut. In der IMPACT-Studie profitierten Patienten mit mindestens 150 eosinophilen Zellen/μl deutlich stärker von ICS in Kombination mit LABA und LAMA als COPD-Erkrankte mit einer eosinophilen Zellzahl von unter 150 Zellen/μl. Die größten Verbesserungen zeigten sich mit einer eosinophilen Zellzahl von über 300 Zellen/μl. Daher empfiehlt die aktuelle GOLD-Leitlinie eine Hinzunahme von ICS bei einer Eosinophilenzahl von über 300 Zellen/μl. Das Absetzen von ICS sollte nach zwei Jahren ohne moderate oder schwere Exazerbationen versucht werden.

Bronchitis und Problemkeime

Für Patienten mit häufig bestehenden Exazerbationen und einer ausgeprägten chronischen bronchitischen Komponente können neben Atemgymnastik und Lungensport auch die regelmäßige Anwendung von Atemdevices (z. B. Flutter-Ventile) hilfreich sein.

Die chronische Bronchitis besteht nach Definition der Nationalen Versorgungsleitlinie bei dauerhaftem Husten, in der Regel mit Auswurf, über mindestens ein Jahr. Hier kann auch Roflumilast versucht werden. Roflumilast wirkt als selektiver PDE-4-Hemmer antiinflammatorisch. In einer Studie konnte die Rate an Exazerbationen gesenkt werden und so sekundär eine bessere Lungenfunktion erreicht werden. Allerdings ist durch eine hohe Rate an gastrointestinalen Nebenwirkungen und neurologischen Beschwerden, wie zum Beispiel Schlafstörungen, mit einer großen Anzahl an Therapieabbrüchen zu rechnen.

Selektierte Patienten, meist mit einer Besiedlung von Problemkeimen wie Pseudomonas aeruginosa können auch von einer Langzeit-Antibiotika-Therapie mit Azithromycin oder inhalativen Antibiotika über drei Monaten profitieren, wobei die Risiken und Nebenwirkungen dieser Therapien genau mit dem Nutzen abgewogen werden sollten. Eine engmaschige Betreuung dieser Patienten ist wichtig. Im Falle von Azithromycin sind EKG-Kontrollen zum Ausschluss eines Long-QT-Syndroms und Hörtests gemäß den Vorgaben der Arzneimittelinformation notwendig. Auch sollte die Kostenerstattung vorab immer mit der Krankenkasse geklärt werden. Das betrifft auch weitere Medikamente, die z. B. primär zur Behandlung von Asthma eingesetzt werden und nicht speziell für die COPD zugelassen sind, wie z. B. Mepolizumab, Benralizumab, Dupilumab, Omalizumab oder Tezepelumab.

Zusammenfassend sind eine rechtzeitige Diagnose, die richtige Behandlung und eine gesunde Lebensweise entscheidend im Umgang mit der COPD. Mit mehr Bewusstsein, Fortschritte in der Forschung und einer gemeinschaftlichen intersektoralen Anstrengung kann das Leben der Betroffenen nachhaltig verbessert werden.

PD Dr. Ralf-Harto Hübner und  Thomas Sgarbossa sind an der Klinik für Pneumologie, Beatmungsmedizin und Intensivmedizin mit Arbeitsbereich Schlafmedizin an der Charité-Universitätsmedizin Berlin, Campus Benjamin Franklin, Deutschland, tätig.

Prof. Dr. Martin Witzenrath ist an der Klinik für Pneumologie, Beatmungsmedizin und Intensivmedizin mit Arbeitsbereich Schlafmedizin an der Charité-Universitätsmedizin Berlin, Charité Campus Mitte, Campus Virchow Klinikum, Campus Benjamin Franklin, Deutschland, tätig.

Der Originalartikel „COPD – Therapie in den Zeiten der Triple Therapie“ inklusive Literaturangaben ist erschienen in „wmw skriptum 5/2024“ © Springer Wien

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Dieser Podcast entstand mit freundlicher Unterstützung von A. Menarini Pharma GmbH - Ihr Partner in der Pneumologie.
AT-BRI-58-11-23




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Metadaten
Titel
COPD kombiniert stabilisieren
Publikationsdatum
12.09.2024
Zeitung
Ärzte Woche
Ausgabe 39/2024