Open Access
01.12.2013 | Positionspapier der ÖKG
Empfehlungen zur Struktur der Betreuung von Erwachsenen mit angeborenen Herzfehlern (EMAH Patienten) in Österreich – Update 2011
verfasst von:
Harald M. Gabriel, Helmut Baumgartner, Andreas Gamillscheg, Igor Knez, Robert Maier, Ina Michel-Behnke, Bert Nagel, Raphael Rosenhek, Jörg Ingolf Stein, Gregor Wollenek, Johannes Mair
Erschienen in:
Wiener klinische Wochenschrift
|
Ausgabe 23-24/2013
Für die Arbeitsgruppe „Angeborene und Erworbene Herzfehler im Jugend- und Erwachsenenalter“ der Österreichischen Kardiologischen Gesellschaft
Einleitung
Erwachsene Patienten/innen mit angeborenen Herzfehlern (EMAH) stellen im Gesamtspektrum der von „Erwachsenenkardiologen/innen“ zu betreuenden Patienten/innen eine kleine Gruppe dar und doch ist von einer Patientenanzahl von ca. 350.000 Personen in den D-A-CH (Deutschland-Österreich-Schweiz)-Ländern auszugehen. Die Probleme dieser PatientInnen unterscheiden sich in vielen Dingen grundlegend von jenen der sonst in der Erwachsenkardiologie zu betreuenden Patienten/innen. Eine adäquate Behandlung setzt daher besondere Kenntnisse und Erfahrungen des zuständigen Arztes voraus. Eine wesentliche Voraussetzung dafür, eine entsprechende Kompetenz aufzubauen und aufrechtzuerhalten, ist vor allem die ständige Beschäftigung mit dieser Materie und die regelmäßige Betreuung einer hohen Patientenzahl. Detaillierte aktuelle Behandlungsrichtlinien der D-A-CH AG für Erwachsene Patienten mit angeborenen Herzfehlern wurden unlängst auch im J Kardiol publiziert [
1], aktuelle Richtlinien der amerikanischen und europäischen Fachgesellschaften liegen vor [
2,
3]. Daher konzentrieren sich diese Empfehlungen auf die Strukturen der Versorgungseinrichtungen und die erforderlichen Qualifikationen der Leiter der Versorgungseinrichtungen für EMAH Patienten/innen in Österreich.
Nach internationalen Erfahrungen kann eine optimale Versorgung dieser Patientengruppe daher nur durch besonders dafür ausgerichtete Zentren für angeborene Herzfehler im Erwachsenenalter gesichert werden, die mit den jeweiligen betreuenden Kardiologen/innen bzw. Internen Abteilungen vor Ort entsprechend eng zusammenarbeiten. Ein Ziel der Arbeitsgruppe für angeborene und erworbene Herzfehler im Erwachsenenalter der Österreichischen Kardiologischen Gesellschaft ist es daher, auch in Österreich aktuelle Empfehlungen für entsprechende Strukturen der regionalen und überregionalen Versorgung auszuarbeiten und diese Richtlinien unter Internisten/innen mit kardiologischem Schwerpunkt bzw. Kardiologen/innen zu verbreiten. Dieses Update der erstmals im Jahre 2001 publizierten Österreichischen Richtlinien lehnt sich an international anerkannte Vorschläge an insbesondere an die rezenten deutschen Empfehlungen [
3‐
7] mit Adaptationen an die Situation in Österreich wo es notwendig war. Dabei erscheint eine Differenzierung in regionale und überregionale Versorgung der EMAH Patienten als sinnvoll.
Kriterien eines überregionalen Zentrums für angeborene Herzfehler im Erwachsenenalter
Prinzipiell ist hervorzuheben, dass die Betreuung eine enge Zusammenarbeit zwischen Kinder- und Erwachsenenkardiologen/innen zur Vorraussetzung hat und in einem Zentrum angesiedelt sein soll, das alle medizinischen Abteilungen zur Versorgung von Erwachsenen anbieten kann [
3]. Ein solches überregionales Zentrum zeichnet sich weiters durch eine eigene Abteilung für Kardiologie, Kinderkardiologie (beide mit erfahrenen interventionellen Kardiologen/innen, nach Möglichkeit inklusive Elektrophysiologie) und Herzchirurgie und Kardioanästhesie und Intensivmedizinern/innen mit Erfahrung in der operativen bzw. postoperativen Versorgung von kongenitalen Vitien aus. Zusätzlich sollen alle modernen Methoden der kardiovaskulären Bildgebung zur Verfügung stehen (z. B. kardiales MRI und CT mit state-of-the-art Technologie Geräten).
Regionale Versorgung von EMAH Patienten
In einer Klinikambulanz oder ambulanten Einrichtung zur regionalen EMAH Patientenversorgung sollte mindestens 1 Kardiologe/in in Zusammenarbeit mit einem Kinderkardiologen/in (falls vorhanden) mit speziellen Fähigkeiten, speziellem Training und spezieller Erfahrung in der Versorgung von EMAH Patienten vorhanden sein. Weiters ist besondere Erfahrung in der Echokardiographie von angeborenen Herzfehlern Voraussetzung. Die strukturellen Komponenten eines regionalen Zentrums richten sich nach den lokalen Ressourcen, Möglichkeiten und Notwendigkeiten, wobei ein hochwertiges Echokardiographiegerät, eine Ergometrieeinheit, das 24 h Blutdruckmonitoring und das Langzeit-EKG zur Grundausstattung gehören. Prinzipiell können in einem solchen Zentrum Erwachsene mit allen Formen von kongenitalen Herzfehlern basisversorgt werden, wobei durch die Zusammenarbeit mit einem überregionalen Zentrum die lokal nicht vorhandenen diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten kompensiert werden können.
Bei größerer geographischer Distanz zu einem überregionalen EMAH Zentrum ist der Aufbau einer regionalen EMAH Patienten/innen Versorgung im jeweiligem Bundesland anzustreben. Die enge Zusammenarbeit der Ärzte der überregionalen Zentren mit den lokal die EMAH Patienten betreuenden Ärzten/innen ist für eine gute Betreuung essentiell.
Erfordernisse für die Leitung eines klinikgebunden oder ambulanten Zentrums für angeborene Herzfehler im Erwachsenenalter
Diese Qualifikationen lehnen sich an die Deutschen Empfehlungen [
7] zum Erwerb der Zusatzqualifikation „Erwachsene mit angeborenen Herzfehlern“ (EMAH) an. Für neuauszubildende EMAH Kardiologen/innen empfehlen wir folgende Spezialausbildung:
Indikation zur Zuweisung in ein regionales oder überregionales EMAH Zentrum
Prinzipiell sollen alle Patienten mit angeborenen Herzfehlern an einem EMAH Zentrum betreut werden, ausgenommen davon sind:
-
Aortenklappenerkrankungen (ausgenommen komplexe Fehlbildungen sowie in der Kindheit chirurgisch oder katheterinterventionell behandelte Patienten/innen mit Aortenstenose)
-
komplett korrigierte Fehlmündung von Lungenvenen
-
korrigierte Pulmonalstenose ohne bedeutsame Restgradienten und bedeutsame Pulmonalinsuffizienz
-
leicht- bis mittelgradige Pulmonalstenose
-
Mitralklappenerkrankungen (ausgenommen Parachute- Klappe und ähnliche Anomalien)
-
Zustand nach komplettem Verschluss eines Ventrikelseptumdefektes (ohne Restshunt) bei sonst unauffälligem Befund
-
Zustand nach Komplettverschluss eines Ductus arteriosus
-
Zustand nach Verschluss eines Vorhofseptumdefektes (ohne Restdefekt)
Open Access
Dieser Artikel unterliegt den Bedingungen der Creative Commons Attribution Noncommercial License. Dadurch sind die nichtkommerzielle Nutzung, Verteilung, und Reproduktion erlaubt, sofern der/die Originalautor/en und die Quelle angegeben sind.
Open AccessThis article is distributed under the terms of the Creative Commons Attribution 2.0 International License (
https://creativecommons.org/licenses/by/2.0), which permits unrestricted use, distribution, and reproduction in any medium, provided the original work is properly cited.