Es lohnt sich, im Oktober in Sevilla zu sein! Auf einer interdisziplinären Fortbildung wird Aktuelles aus Dermatologie, Endokrinologie und Gynäkologie präsentiert – und das vor historischer Kulisse.
Ins Blaue blicken. Die Mosaikfliesen auf der Plaza de España, „Azulejos“ genannt, wurden vom Architekten Anibal Gonzales entworfen.
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Die Stadt Sevilla hat geschichtlich Hochinteressantes zu bieten und wird im Herbst Austragungsort einer interdisziplinären, von Prof. Johannes Huber, Prof. Markus Metka und Prof. Hubert Pehamberger geleiteten, Fortbildung sein. Nachfolgend gibt Johannes Huber einen kurzen Überblick über die Veranstaltung.
Endokrine Dermatologie, RNA-Biologie und Krebsforschung
Dass die Hormone der Eierstöcke Einfluss auf die Haut haben, darf als bekannt vorausgesetzt werden. Zum Beispiel ändert sich während der Schwangerschaft oft die Haut- und Haarqualität. Weiters können männliche Hormone Hautunreinheiten hervorrufen und in der Menopause klagen viele Frauen über immer dünner und trockener werdende Haut.
Diese unliebsamen Gegebenheiten haben in jüngerer Vergangenheit zur Entwicklung der endokrinen Dermatologie geführt. Seither werden Sexualsteroide auch lokal angewendet. Aktuell beforscht die Wissenschaft jedoch einen ganz neuen Aspekt der Verbindung zwischen Haut und Hormonen: die RNA-Biologie. Sogenannte „nicht translantierte RNA-Fragmente“ greifen dabei entscheidend in Ablesung und Steuerung des Genoms ein. Sie können auch detektiert werden, wie nachgewiesen wurde.
Derzeit sind bereits Tausende solcher RNA-Moleküle bekannt. Sie steuern einerseits gemeinsam mit den Sexualsteroiden den Menstruationszyklus, erfüllen andererseits aber auch in der Epidermis, im Corium und in der Subcutis zahlreiche Funktionen. Von praktischer Bedeutung ist zum Beispiel die Involvierung in Alterungsprozesse der Haut.
Bei der Tagung in Sevilla werden außerdem die immer wichtiger werdenden Inkretin-Effekte diskutiert: Substanzen – vor allem aus Nahrungsmitteln –, die über die Darmschleimhaut aufgenommen werden, haben bedingt durch die Magen-Darm-Passage eine andere Wirkung im Körper als bei intravenöser Zufuhr.
Zusätzlich gibt es auch News in der klassischen Dermatologie. Bezüglich STD werden diese von Prof. Angelika Stary präsentiert. Prof. Beatrix Volc-Platzer berichtet über genetische Einflüsse auf die Haut und Prof. Hubert Pehamberger hat Neues vom Melanom zu erzählen – genauer zur early recognition und Neuentwicklungen der Künstlichen Intelligenz. Einen Sondervortrag hält Prof. Heinz Ludwig, Internist, Hämatologe und Krebsforscher, über eine der bedeutendsten Innovationen in der Inneren Medizin: Die GLP-1-Inhibitoren. Sie haben die Behandlung von Diabetes sowie die Lebensqualität von stark übergewichtigen Menschen geradezu dramatisch verbessert.
Zu den wichtigsten Wirkungen zählen Blutzuckersenkung durch Stimulation der Insulinsekretion in Abhängigkeit vom Blutzuckerspiegel (!), die Hemmung der Glukagon-Erzeugung (Anm.: senkt die Glukoseproduktion in der Leber), die Förderung der Gewichtsreduktion durch Verzögerung der Magenpassage und stärkeres Sättigungsgefühl sowie positive kardiovaskuläre Effekte und günstige Beeinflussung der Nierentätigkeit. Die neuen Substanzen werden gut toleriert. Allfällige Nebenwirkungen wie Übelkeit oder Durchfall klingen mit der Zeit meistens ab. Diese GLP-1-Rezeptor-Agonisten werden täglich oder wöchentlich subkutan injiziert. Mittlerweile stehen auch orale Präparate zur Verfügung.
Visite la ciudad!
Abseits der strengen Wissenschaft hat die Stadt Sevilla besondere Bedeutung in der europäischen Geschichte. Prof. Eric Kandel nimmt in seinem Buch „Das Zeitalter der Erkenntnis“ auf diese Verbindung Bezug. Er vergleicht das Goldene Zeitalter des maurischen Spaniens, in dem Christen, Juden und Moslems friedlich zusammenlebten, mit dem Wien rund um 1900. Auch zu dieser Zeit bestand – leider nur kurz, aber zum Wohle der Stadt, – eine harmonische Koexistenz zwischen den verschiedenen Religionen.
Sevilla war außerdem jene Stadt, von der aus der Plan realisiert wurde, einen neuen Weg nach Indien zu finden. Allerdings aus einem Beweggrund, den nicht viele kennen. Simon Wiesenthal legte ihn in seinem Buch „Segel der Hoffnung“ anlässlich der 500-jährigen Jubiläums der Entdeckung Amerikas offen: Reiche jüdische Siedler hatten nachweislich die Expedition des Christoph Kolumbus großzügig finanziell unterstützt. Hauptsächlich deshalb, weil man hoffte, in Indien die dort vermuteten zehn verschollenen Stämme Israels zu finden.
Die mittelalterliche Tradition lokalisierte diese Stämme, die nach der Eroberung des Nordreiches Israel durch die Assyrer (722/21 v. Chr.) umgesiedelt wurden und seither als verschollen galten, am „Rande der Welt“. Irgendwo im Nordosten Asiens, abgeschnitten vom Rest der Welt. Sie zu finden, soll ein erklärtes Vorhaben der Expedition gewesen sein. Kolumbus hatte sogar Dolmetscher mitgenommen, um im Falle eines Erfolges mit diesen Menschen kommunizieren zu können. Zu diesen Übersetzern zählte Luis de Torres. Er sprach neben Spanisch auch Portugiesisch, Hebräisch, Aramäisch und etwas Arabisch. Als Besatzungsmitglied gab er als Erster in der Nacht vom 11. auf den 12. Oktober 1492 um 2 Uhr das Signal „Terra!“ („Land in Sicht!“). In Sevilla, in der Straße Pages del Corro, befindet sich sein Denkmal – am Mast stehend zeigt er mit dem ausgestreckten linken Arm auf das Land, das heute Amerika heißt.
Es gibt zahlreiche weitere Sehenswürdigkeiten, die sich die Teilnehmende an der Fortbildung „Wissenschaft auf Reisen“ keinesfalls entgehen lassen sollten.
Weiter Infos zur Anmeldung und dem Programm finden Sie hier: Wissenschaft auf Reisen XXXIII