Baron Alexander von Humboldt (1769-1859), hielt mit seinen Erkenntnissen nicht hinterm Berg, aus seiner Feder stammt die erste Infografik.
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Wenn Wissenschaftskommunikation keine lästige Pflicht sein soll, dann lohnt es vom Meister zu lernen! Humboldt hat seinerzeit alle Mittel genutzt, die ihm zur Verfügung standen, um die Öffentlichkeit auf dem Laufenden zu halten.
Gert Scobel ist als Autor, Fernsehmoderator und Philosoph hierzulande nicht vielen ein Begriff. Als er im Vorjahr die Lorenz-Oken-Medaille für exzellente Wissenschaftskommunikation erhielt, gab er ein Interview, in dem er viel über Alexander von Humboldt sprach. Dafür hatte er mehrere Gründe. „Erstens arbeitete Humboldt von Anfang an interdisziplinär. Zweitens hatte er das, was er unter Bildung verstand, in Theorie und Forschung eingelöst. Drittens war er der größte Wissenschaftskommunikator seiner Zeit, möglicherweise sogar einer der größten bis heute. Und er hat ein Thema behandelt, das mir sehr am Herzen liegt, nämlich die Frage des Umgangs mit Komplexität.“
Schaubild ging viral
Tatsächlich hat Humboldt als Wissenschaftler viele öffentliche Vorträge gehalten. Ist er noch ein Vorbild für die Forscher von heute? „Humboldt war der erste Youtuber. Ich weiß nicht, was genau er heute gemacht hätte, vielleicht hätte er gebloggt wie verrückt. Damals hat Humboldt alle Mittel genutzt, die ihm zur Verfügung standen. Humboldt hat übrigens die erste Infografik erstellt, die wirklich viral ging. Ich meine das berühmte Schaubild, in dem er Landschaften und Gebirgsprofile nach Klimazonen aufgeteilt hat. Das haben viele andere Forscher dann auch verwendet.“
Wissenschaftlern, die mehr in der Öffentlichkeit kommunizieren wollen, rät Scobel, sich genau zu überlegen, welche Inhalte sie kommunizieren wollen und wem gegenüber. „Mein Rat lautet, sich mit Kommunikatoren an einen Tisch zu setzen, sich auszutauschen und dann zu versuchen, mit der breiteren Öffentlichkeit auf unterschiedlichen Wegen in Kontakt zu treten.“
Wer lange im Journalismus tätig ist wie Scobel, kennt unterschiedliche Typen von Forschern oder Ärzten. Die einen, welche die Kommunikation selbst übernehmen, die anderen, die lieber eigene Influencer anheuern, die sich über Youtube oder Instagram an die Menschen wenden.
Scobel: „Ich halte es nicht für ausgeschlossen, dass Influencer ein möglicher Weg sind. Doch nicht alle können auf diese Weise gut kommunizieren und es kann jämmerlich schief gehen. Überhaupt hat Kommunikation es ja an sich, leichter auszusehen als sie ist. Als Faustregel würde ich sagen, dass Kommunikatoren Wissenschaftler brauchen, um verstehen und einordnen zu können, was gerade in einem bestimmten Fachgebiet passiert. Umgekehrt wird es vielen Wissenschaftlern ähnlich gehen: Sie brauchen meiner Ansicht nach den Austausch mit Journalisten, um besser zu verstehen, welche Themen sie auf welche Weise kommunizieren sollten.
Da Wissenschaftler vom Staat, von Bürgern bezahlt werden, ist es ihre Pflicht, Auskunft zu geben über das, was sie erkennen und was wichtig für die Allgemeinheit sein könnte. Ich finde es übrigens schade, dass über fehlgeschlagene Ergebnisse so wenig gesprochen wird. Das sollten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler viel häufiger machen. Denn ein Großteil der Wissenschaft besteht doch aus dem Lernen von Fehlern und Experimenten, die nicht funktionieren.“
Prof. Gert Scobel, Zentrum für Ethik und Verantwortung (ZEV)
Forum Wissenschaftskommunikation / Gesine Born