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14.02.2025 | Geschichte der Medizin

Treppauf treppab am Alsergrund

verfasst von: Von Michael Krassnitzer

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Die Gesellschaft der Ärzte hat ihren Sitz im Billrothhaus in der Alservorstadt. Die Vereinigung wurde 1837 gegründet und gehört damit zu den ältesten Medizin-Gesellschaften der Welt. Archivar Hermann Zeitlhofer führt durch das Haus. Er spricht über die Höhenflüge aber auch über die Abgründe der Wiener Medizin.

Von Beginn an vereinte die Gesellschaft der Ärzte (GdÄ) mit Franz Wirer, Theodor Billroth, Karl Landsteiner, Julius Wagner-Jauregg, Sigmund Freud, Ignaz Semmelweis und vielen mehr die bedeutendsten Mediziner ihrer Zeit. Auch Carl Freiherr von Rokitansky, Joseph Ritter von Škoda und Ferdinand von Hebra, die Begründer der „Zweiten Wiener Medizinischen Schule“, waren eng mit der „k. u. k. Gesellschaft der Ärzte zu Wien“, wie sie damals hieß, verbunden.

„Praktisch alle großen Namen der Wiener Medizin seit den 1840er-Jahren waren Mitglieder oder auch Funktionäre der Gesellschaft“, erläutert der Medizinhistoriker Dr. Hermann Zeitlhofer, Bibliothekar, Archivar und Ansprechpartner für medizinhistorische Fragen der Gesellschaft. „Viele dieser Persönlichkeiten präsentierten im Billrothhaus erstmals ihre bahnbrechenden Erkenntnisse der Öffentlichkeit.“

Als die Gesellschaft der Ärzte in Wien gegründet wurde, lenkte ein gewisser Klemens Wenzel Metternich die Geschicke des Landes. Die ersten Versammlungen der Mediziner, die im damals neuen, heute alten AKH praktizierten, wurden von der Obrigkeit misstrauisch beäugt. Damals bildete sich ein Lesezirkel, in dem Ärzte über Infektionskrankheiten diskutierten, beispielsweise die Verbreitung der Cholera durch verschmutztes Trinkwasser, sagte die frühere Präsidentin der GdÄ Prof. Dr. Beatrix Volc-Platzer in einer Folge des Springer-Podcasts „Hörgang“ (tinyurl.com/4uwsmyj3). 1837 gestattete Kaiser Ferdinand der Gütige den Verein. Die Wurzeln der Wiener Ärzte-Gesellschaft reichen aber noch tiefer in die Geschichte Österreichs zurück. Der erste Präsident, Johann Malfatti, ein gebürtiger Italiener, war noch von Kaiser Joseph II. nach Wien berufen worden. Er betreute Fürsten und Diplomaten während des Wiener Kongresses (1814/1815) und saß am Krankenbett Ludwig van Beethovens.

Das Billrothhaus in Wien 9, das von Ludwig Richter nach Vorschlägen von Billroth selbst errichtet wurde, ist seit 1893 der Sitz der Gesellschaft. Die Gesellschaft verstand und versteht sich als Ort des interdisziplinären Austauschs und der fachlichen Diskussion zu aktuellen medizinischen Problemen. Daraus entwickelte sich der Anspruch, Fortbildung auf Basis jeweils rezenter wissenschaftlicher Erkenntnisse und Forschungsergebnisse zu vermitteln. 1888 hatte die GdÄ die Wiener klinische Wochenschrift als ihr offizielles Organ gegründet.

Imposante Bibliothek

Die Bibliothek im Untergeschoss des Billrothhauses sollte jeder Medizinstudent in Wien einmal betreten haben. Sie beherbergt einen Schatz an medizinhistorischer sowie aktueller Literatur. Das Archiv zählt zu den größten privaten Büchersammlungen und den wertvollsten Fachbibliotheken der Welt. Ihre Bestände reichen bis ins 16. Jahrhundert und beinhalten auch Schriftstücke mit persönlicher Widmung von Vertretern der Zweiten Medizinischen Schule. GdÄ-Mitglieder haben aber auch Zugriff auf ca. 3.000 E-Journals im Volltext, darunter renommierte Fachzeitschriften wie Lancet , JAMA (Journal of the American Medical Association) oder NEJM (New England Journal of Medicine), sowie zu medizinischen Datenbanken.

Im Archiv werden außerdem historische Korrespondenzen mit Medizinern aus aller Welt und eine Sammlung an Printzeitschriften aufbewahrt – darunter seit 1823 lückenlos alle Ausgaben des Lancet .

Exklusive Reise durch die Geschichte der Wiener Medizin

All dies und noch viel mehr bietet die „Medical History Tour“. Dr. Zeitlhofer führt durch die historischen Räume des Billrothhauses und lässt die Geschichte der Wiener Medizin lebendig werden – von ihrer Blütezeit bis hin zu ihrem Niedergang durch den Nationalsozialismus. Die Jahre 1930 bis 1960 gelten als die kritische Zeit der Gesellschaft der Ärzte, die aktuell wissenschaftlich aufgearbeitet wird. Weitere Themen der Führung sind die Aufnahme der ersten weiblichen Mitglieder sowie ein kurzer Überblick seit 1945.


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Metadaten
Titel
Treppauf treppab am Alsergrund
Publikationsdatum
14.02.2025