Wenn Geld für Gesundheit ausgegeben wird, dann für Therapien.
Volkshilfe
Woran mangelt es armen Kindern in der Pandemie? Die Befragung von mehr als 500 Familien zeigt, dass Kleidung und Lebensmittel ganz oben auf der Liste stehen. Bei den Gesundheitsausgaben dominieren Therapiekosten.
Die Volkshilfe hat die Angaben von mehr als 500 Familien ausgewertet, die ein Jahr lang an der „Existenzsicherung für armutsbetroffene und armutsgefährdete Kinder und Jugendliche in der Pandemie“ teilnehmen. Rund 1.200 Kinder erhalten je 100 Euro im Monat und werden sozialarbeiterisch von der Volkshilfe begleitet. Unterstützt wird das Projekt durch das Sozialministerium.
Fast 90 Prozent dieser Familien planen Ausgaben im Bereich der Grundversorgung. Mehr als die Hälfte sagt, sie werden mit der zusätzlichen finanziellen Unterstützung Kleidung für ihre Kinder kaufen (54 %). Jede dritte Familie (33 %) wird Ausgaben für Lebensmittel decken. Und für ein Viertel der Familien (24 %) geht es um das Bestreiten der Wohnkosten. Der aktuelle Preisanstieg bei Nahrungsmitteln, Energie- und Mietkosten bedroht diese Gruppe direkt.
Jede vierte Familie im Projekt (26 %) wird die über das Projekt „Existenzsicherung“ verteilten Mittel für Schulsachen ausgeben. Dass vielen Kindern nach wie vor ein Computer, ein Drucker oder ein Internetanschluss fehlen – Infrastruktur, die wie selbstverständlich vorausgesetzt wird – , zeigt die Auswertung ebenfalls: Jede zehnte Familie im Projekt will hier investieren.
Mangel an Therapieplätzen
Geplante Ausgaben im Bereich Gesundheit werden von den wenigsten Familien genannt ( 10 % der Nennungen sind dem Bereich Gesundheit zuordenbar ). Der größte Posten sind hier Therapiekosten. Das zeigt die Lücken in der ansonsten guten Versorgung in Österreich auf und spiegelt den Mangel an kassenfinanzierten Therapieplätzen sowie der fehlenden Kostenübernahme bei manchen Therapien wider. „Dass es bei fast allen Familien im Projekt um die Finanzierung von elementaren Grundbedürfnissen geht, zeigt, wie dringend es eine Kindergrundsicherung in Österreich braucht. Damit es für die Kinder statt um ein Überleben endlich um ein Erleben geht“, sagte Erich Fenninger, Direktor der Volkshilfe. Michael Häupl, Präsident der Volkshife Wien, meint: „Kinderarmut ist eine Schande und vermeidbar. Jedes Kind, jeder Jugendliche hat, auch und gerade in Pandemiezeiten, das Recht auf eine unbeschwerte Kindheit und Jugend. Das muss die Bundesregierung mit dem Modell der Volkshilfe jetzt rasch umsetzen.“
Laut Statistik Austria ist jedes 5. Kind in Österreich arm. Eine Kinderkostenanalyse, die im vergangenen Dezember im Auftrag des Sozialministeriums vorgestellt wurde, ergab, dass „es sich für viele in bestimmten Konstellationen nicht mehr ausgeht“, wie Sozialminister Wolfgang Mückstein (Die Grünen) ausführte. Das betrifft vor allem Alleinerziehende.
Alleinerziehende im Minus
In Haushalten, in denen zwei Erwachsene mit ihren Kindern leben, betragen die monatlichen Kosten pro Kind durchschnittlich 494 Euro. Davon können 328 Euro durch Familienleistungen abgedeckt werden. Lebt eine alleinerziehende Person mit ihren Kindern, fallen pro Kind im Monat durchschnittlich Kosten von 900 Euro an. Das liegt daran, dass die Kinder in diesen Haushalten im Durchschnitt älter sind und die Kosten für Wohnen und Energie sich auf weniger Personen aufteilen. Was vom Staat zurückkommt, ist mit 321 Euro hingegen nahezu ident wie in einem Haushalt mit zwei erwachsenen Verdienern.
Im Unterschied zu Österreich steht die Kindergrundsicherung in Deutschland im Regierungsübereinkommen. „Die Kindergrundsicherung ist kein neues Label auf alten Leistungen, sondern ein Paradigmenwechsel“, sagt Familienministerin Anne Spiegel (Die Grünen).
Volkshilfe