Hintergrund
Primäre IMID | Stichprobe (n) | Inzidenz jeglicher sekundärer IMID (pro 1000 Personenjahre) | % mit ≥ 1 sekundären IMID | Hazard Ratio der sekundären IMID | ||||||||||
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Fälle | Kontr. | Fälle | Kontr. | Fälle | Kontr. | Alle | AS | AI/HS | PsA | PsO | RA | UV | CED | |
AS | 6352 | 4.059.296 | 105,2 | 3,3 | 26,0 | 1,0 | 31,4 | – | 3,3 | 50,8 | 8,6 | 63,2 | 54,9 | 16,0 |
AI/HS | 14.136 | 8.447.796 | 17,6 | 3,2 | 5,2 | 0,9 | 5,4 | 4,4 | – | 2,7 | 6,7 | 4,6 | 5,3 | 5,6 |
PsA | 8406 | 5.380.715 | 234,1 | 3,6 | 47,2 | 1,1 | 62,2 | 71,4 | 10,5 | – | 163,2 | 91,5 | 10,0 | 7,3 |
PsO | 115.141 | 74.228.131 | 33,4 | 2,6 | 10,2 | 0,8 | 13,0 | 5,8 | 8,5 | 197,3 | – | 7,9 | 4,5 | 4,1 |
RA | 103.036 | 68.808.782 | 46,3 | 2,7 | 13,1 | 0,8 | 16,8 | 78,5 | 8,1 | 46,9 | 7,2 | – | 8,2 | 7,6 |
UV | 34.422 | 22.166.447 | 32,7 | 3,4 | 9,7 | 1,0 | 9,6 | 89,3 | 6,9 | 5,5 | 4,2 | 11,1 | – | 8,7 |
CED | 68.535 | 42.371.796 | 23,1 | 3,1 | 7,2 | 1,0 | 7,5 | 13,4 | 8,0 | 2,3 | 5,0 | 7,4 | 10,2 | – |
Exemplarische immunmediierte Erkrankungen
Gastroenterologie: Morbus Crohn und Colitis ulcerosa
Klinik, Anamnese und Diagnostik
Bildgebung
Extraintestinale Manifestationen und Therapie
Interdisziplinäres Management von CED mit sekundären IMID
Voraussetzungen zur Überweisung von IMID-Patienten zum Gastroenterologen
Symptome | Chronische Diarrhö (>4 Wochen) |
Und/oder | |
Abdominalschmerzen | |
Andere anamnestische Hinweise: – Blutige Diarrhö oder Blut im Stuhl – Nächtlicher Durchfall – Gewichtsverlust – Fieber – Wachstumsretardierung bei Kindern – Sekundäre Amenorrhö – Perianale Fistel/Abszesse in der Anamnese – Positive Familienanamnese für CED | |
Laborbefunde, die bei Verdacht auf CED noch vor der Zuweisung zum Gastroenterologen in jedem Fall erhoben werden sollten | Blutbild (Hinweisend: Thrombozytose, Anämie, Leukozytose) |
Serumparameter: erhöhtes CRP, erniedrigtes Albumin | |
Calprotectin im Stuhl | |
Stuhlkultur zum Ausschluss enteropathogener Bakterien inkl. Clostridium difficile |
Dermatologie: Acne inversa, Erythema nodosum, Pyoderma gangraenosum, Psoriasis
Klinik, Anamnese und Diagnostik
Bildgebung
Extradermale Manifestationen und Therapie
Voraussetzungen zur Überweisung von IMID-Patienten zum Dermatologen
Symptome und diagnostische Kriterien | – Tief sitzende Knoten und/oder Fibrose – Typische Lokalisationen: v. a. Axillae und Leisten – Chronizität und Rückfälle (>2 in 6 Monaten) |
Andere anamnestische Hinweise: – Dieselben Symptome bei Familienmitgliedern – Patient ist Raucher – Die Läsionen treten wieder an derselben Stelle auf | |
Laborbefunde, die bei Verdacht auf HS noch vor der Zuweisung zum Dermatologen in jedem Fall erhoben werden sollten | n/a Blickdiagnose; Biopsien erfolgen nicht routinemäßig |
Symptome und diagnostische Kriterien | – Druckempfindliche, rote, subkutane Knoten – Typischerweise auf den Streckseiten der unteren Extremitäten |
Andere anamnestische Hinweise: – Infekte, Medikamente – Weitere Beschwerden, z. B. im Bereich der Gelenke, Augen, Schleimhäute, Gastrointestinaltrakt | |
Laborbefunde, die bei Verdacht auf EN noch vor der Zuweisung zum Dermatologen in jedem Fall erhoben werden sollten | n/a Blickdiagnose; Eine histologische Diagnostik ist nur in unklaren Fällen notwendig Vorherige Abklärung hinsichtlich Paraneoplasie (v. a. Leukämien und Lymphome) Ausschluss einer Sarkoidose |
Symptome und diagnostische Kriterien | Hauptkriterien: – Auftreten von primär sterilen, schmerzhaften Ulzerationen mit lividen, unterminierten Wundrändern, die ohne Therapie zu Chronizität neigen – Ausschluss differenzialdiagnostisch relevanter Erkrankungen: – Ulzeration aufgrund arterieller oder venöser Gefäßerkrankungen – Leukozytoklastische Vaskulitis – Ulzerative Form der Necrobiosis lipoidica – Bakterielle Pyodermien – M. Behçet – Livedovaskulitis – Nekrotisierendes Erysipel |
Nebenkriterien: – Histopathologie mit PG vereinbar – Vorhandensein einer relevanten, assoziierten Systemerkrankungen (i.e.L. CED, Arthritiden, Paraproteinämien, maligne, hämatologische Erkrankungen) – Auslösbares Pathergiephänomen; Vorhandensein kribriformer Narben – Schnelles Ansprechen auf eine systemische immunsuppressive Therapie (Glukokortikoid, ca. 2 Wochen) Diagnosesicherung: Erfüllung von 2 Haupt- und 2 Nebenkriterien Ausschluss von Differenzialdiagnosen besonders wichtig | |
Laborbefunde, die bei Verdacht auf PG noch vor der Zuweisung zum Dermatologen in jedem Fall erhoben werden sollten | n/a Blickdiagnose; Eine histologische Diagnostik nur in unklaren Fällen Vorherige Abklärung hinsichtlich Paraneoplasie (v. a. Leukämien und Lymphome) |
Symptome und diagnostische Kriterien | – Erythematosquamöse Plaques an den typischen Lokalisationen (Extremitätenstreckseiten, v. a. Ellenbogen, Kniescheiben, der behaarte Kopf und die Lumbosakralregion) |
Andere anamnestische Hinweise: – Symmetrisches Auftreten – Dieselben Symptome bei Familienmitgliedern | |
Eine subtile Anamnese (z. B. Medikamente), weiterführende Diagnostik und/oder eine bioptische Abklärung kann bei solitären Plaques, Sonderformen, Psoriasisvarianten im Kindesalter oder weniger typischem Befallsmuster erforderlich sein | |
Laborbefunde, die bei Verdacht auf Psoriasis noch vor der Zuweisung zum Dermatologen in jedem Fall erhoben werden sollten | n/a Blickdiagnose; Biopsien erfolgen nicht routinemäßig |
Rheumatologie: rheumatoide Arthritis, Spondylarthritis und Psoriasisarthritis
Klinik, Anamnese, Diagnostik und Bildgebung
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Die distale Arthritis ist durch Manifestationen an den distalen Interphalangealgelenken charakterisiert.
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Die asymmetrische Oligoarthritis zeigt sich in Beteiligung von 1–4 Gelenken.
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Die symmetrische Polyarthritis zeigt Manifestationen ähnlich der rheumatoiden Arthritis.
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Die Arthritis mutilans ist eine seltene, sehr schwer destruierende Verlaufsform.
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Die Spondylarthritis hat in diesem Fall vorrangig axiale Beteiligung.
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aktuelle (2 Punkte) oder anamnestische Psoriasis oder Psoriasis in der Familienanamnese;
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psoriatisch veränderte Nägel;
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negativer Rheumafaktor;
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aktuelle oder anamnestische Daktylitis;
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radiologische Veränderungen.
Bildgebung
Extraartikuläre Manifestationen, Therapie und Monitoring
Interdisziplinäres Management von chronisch-rheumatischen Erkrankungen mit sekundären IMID
Voraussetzungen zur Überweisung von IMID Patienten zum Rheumatologen
Symptome | Patienten mit entzündlichen Rückenschmerzen |
Patienten mit synovitisch geschwollenen Gelenken und/oder entzündlichen Gelenksschmerzen | |
Patienten mit entzündlichen Sehnenansatzbeschwerden | |
Laborbefunde, die bei Verdacht auf AS, PsA, RA noch vor der Zuweisung zum Rheumatologen in jedem Fall erhoben werden sollten | Keine spezifischen Laborbefunde erforderlich, jedoch Dokumentation der Grundkrankheit und des bisherigen Verlaufs wünschenswert. Im Einzelfall können CRP, BSG, RF antiCCP und HLA-B27 hilfreich sein |
Ophthalmologie: Uveitis
Klinik, Anamnese und Diagnostik
Bildgebung
Extraophthalmologische Manifestationen, Therapie und Monitoring
Voraussetzungen zur Überweisung von IMID-Patienten zum Ophthalmologen
Symptome | Unklare akute oder rezidivierende Augenrötungen und -schmerzen (v. a. einseitig, asymmetrisch) |
Unklare Sehstörungen | |
Laborbefunde, die bei Verdacht auf Uveitis noch vor der Zuweisung zum Ophtalmologen in jedem Fall erhoben werden sollten | Keine spezifischen Befunde nötig; (Verdachts‑)Diagnose, bisherige Therapie und Verlauf sollten dokumentiert sein |
Interdisziplinäres Management von IMID-Patienten – praxisrelevanter Leitfaden zur Überweisung an andere Fachrichtungen
Zuweisung zum Gastroenterologen
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Zunächst sollte bei allen Patienten mit IMID auch eine Anamnese auf gastrointestinale Symptome erfolgen.
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Hauptsymptome einer CED sind Diarrhö und Bauchschmerzen, bedeutsam sind dabei die nächtliche Symptomatik (Unterscheidung zum Reizdarmsyndrom) sowie eine Chronizität, d. h. ein Bestehen der gastrointestinalen Symptomatik über mehr als 4 Wochen, da Durchfälle, die weniger als 4 Wochen bestehen, zum überwiegenden Teil infektiös verursacht sind.
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Vor einer Überweisung zum Gastroenterologen sollten Laborparameter, wie Calprotectin, CRP, Albumin, allgemeines Blutbild und Stuhlkulturen, bestimmt werden, die hinweisend auf eine CED sein können (siehe auch Tab. 2).
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Insbesondere hat die Bestimmung des fäkalen Calprotectins in den letzten Jahren zunehmende Bedeutung in der nichtinvasiven Abklärung von CED bekommen: Bei signifikant erhöhten Werten (≥150 µg/l) und typischen Symptomen (≥4 Wochen) sollte in jedem Fall eine Überweisung zum Gastroenterologen erfolgen.
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Bei normalen Calprotectinwerten (≤50 µg/l) und fehlenden – CED-verdächtigen – Symptomen sollte bei persistierenden Beschwerden nach 3–6 Monaten zumindest eine Kontrolle mit nochmaliger Bestimmung des Calprotectins erfolgen.
Zuweisung zum Dermatologen
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Bei schwerem oder progredientem Erythema nodosum bzw. Pyoderma gangraenosum trotz adäquat behandelter Grundkrankheit sollte eine Überweisung zum Dermatologen erfolgen. Wünschenswert wäre eine vorherige Abklärung hinsichtlich Paraneoplasie (vor allem Leukämien und Lymphome) sowie der Ausschluss einer Sarkoidose. Es sind keine weiteren Vorbefunde erforderlich.
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CED-Patienten sollten zumindest einmal im Jahr hinsichtlich einer HS befragt werden.
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Bei Verdacht auf Pyoderma gangraenosum sollte vor einer chirurgischen Intervention unbedingt ein Dermatologe hinzugezogen werden.
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Obwohl die Psoriasis mittels Blickdiagnose klassifiziert werden kann, ist es zweifellos sinnvoll, die Diagnose von einem Dermatologen bestätigen zu lassen.
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Bei Verdacht auf eine TNF-α-Inhibitor-induzierte Psoriasis sollte der Patient dem Dermatologen zur Sicherung der Diagnose zugewiesen werden.
Zuweisung zum Rheumatologen
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Zum Rheumatologen überwiesen werden sollten Patienten mit entzündlichen Rückenschmerzen, Patienten mit synovitisch geschwollenen Gelenken und/oder entzündlichen Gelenksschmerzen sowie Patienten mit entzündlichen Sehnenansatzbeschwerden. Aus rheumatologischer Sicht sind hier allerdings keine Vorbefunde erforderlich, wobei Entzündungswerte und eine konventionelle Röntgenuntersuchung der betroffenen Region wünschenswert sind. Ideal wäre eine gute, überblicksartige Dokumentation des Verlaufs und der Therapie der Grunderkrankung.
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Eine Zuweisung zum Rheumatologen sollte dann erfolgen, wenn eine symptomatische oder progrediente Spondylarthritis trotz adäquat behandelter Grundkrankheit vorliegt. Befunde, die dem Rheumatologen im Optimalfall vorzulegen wären, sind Magnetresonanztomographie der LWS und des Beckens.
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Eine Zuweisung zum Rheumatologen sollte auch dann erfolgen, wenn eine symptomatische oder progrediente periphere Arthritis trotz adäquat behandelter Grundkrankheit vorliegt.
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Schließlich sollte jeder Patient mit Psoriasis, der eine fragliche oder klinisch nachgewiesene Arthritis aufweist, zu einem Rheumatologen überwiesen werden.
Zuweisung zum Ophthalmologen
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Symptomlose rheumatologische Patienten mit IMID sollten einmal im Jahr zum Ophthalmologen zur Kontrolle gehen.
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Eine Zuweisung zum Ophthalmologen sollte bei unklaren akuten oder rezidivierenden Augenrötungen und -schmerzen (v. a. einseitig, asymmetrisch) oder unklaren Sehstörungen (hier ist zu klären, ob die Ursache rheumatologisch, allergisch, infektiös oder medikamentös ist) erfolgen. Vorbefunde sind nicht erforderlich; wünschenswert wäre die Angabe von Grundkrankheit und erfolgter Therapie.
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Die Zuweisung zu einem spezialisierten ophthalmologischen Zentrum ist bei schwerer, symptomatischer, chronischer oder progredienter Uveitis oder Skleritis sinnvoll. Interdisziplinäres Management und Stellen der Therapieindikation sind in diesen Fällen von besonderer Bedeutung.