Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.
Sara (Name geändert) ist das dritte Kind gesunder Eltern, die beiden Geschwister sind ebenfalls gesund. Es ist keine Konsanguinität in der Familie bekannt. Schwangerschaft und Geburt waren bei Sara unauffällig, ebenso die Säuglingszeit.
Erste Beschwerden und Befunde
Im Alter von 20 Monaten fiel den Eltern bei Sara ein „aufgeblähter Bauch“ auf, und es erfolgte die erstmalig Abklärung einer Hepatosplenomegalie. In den letzten Monaten habe Sara vermehrt respiratorische Infekte gehabt, gedeihe ansonsten sehr gut und habe keine weiteren Beschwerden.
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Die ersten Laboruntersuchungen zeigten bei unauffälligem Blutbild, Nierenfunktions- und Entzündungsparametern und Elektrolyten Auffälligkeiten der Leberfunktionsparameter (Transaminasen; Abb. 1) mit Gerinnungsparametern im Referenzbereich. Die EBV-Serologie war unauffällig.
Abb. 1
Laborparameter der Patientin im Alter von 20 Monaten
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Die Sonographie des Abdomens zeigte eine Hepatosplenomegalie. Die Leber reichte 5 cm unter den Rippenbogen und zeigte einen konvexbogigen Unterrand. Die Milz reichte 4 cm unter den Rippenbogen. Zahlreiche flüssigkeitsgefüllte, dilatierte Darmschlingen mit reger Peristaltik. Zahlreiche mesenteriale Lymphknoten mit einem maximalen Querdurchmesser von ca. 1 cm. Keine freie Flüssigkeit. Unauffällige Darstellung der Nieren und, soweit einsehbar, des Pankreas. Kein Hinweis für eine Raumforderung.
Weitere Abklärung
Drei Wochen später erfolgte die weitere Abklärung bei weiterhin progredienter Hepatosplenomegalie. Zur Abklärung einer hämatologisch-onkologischen Erkrankung erfolgte eine Knochenmarkpunktion, in der sich Speicherzellen im Ausstrich des Knochenmarkblutes zeigten. Zusätzlich zeigte sich laborchemisch eine deutlich erhöhte Chitotriosidase und Lyso-Gb1, beides Marker für eine lysosomale Speichererkrankung. Die genetische Untersuchung bezüglich eines möglichen Morbus Gaucher zeigte allerdings einen negativen Befund.
Diagnosefindung
Nach Ausschluss einer hämatologisch-onkologischen Erkrankung und dem genetischen Ausschluss eines Morbus Gaucher wurde zur ursächlichen Klärung der Hepatosplenomegalie eine Panelanalyse „V. a. lysosomale Speichererkrankung“ veranlasst, die den Befund einer homozygot vorliegenden Mutation im LIPA-Gen (Lipase A) ergab und damit die Diagnose lysosomale saure Lipase Defizienz (LAL-D) sicherte (Infobox 1).
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Zur Bestätigung der Diagnose auf enzymatischer Ebene wurde die Bestimmung der LAL-Aktivität in der Trockenblutkarte aus dem Neugeborenenscreening in Wien nachgefordert, die erniedrigt war (0,02 nmol/Stanze/Stunde, Referenz: 0,1–2,3).
Therapeutisches Vorgehen
Zwölf Wochen nach der Diagnose LAL‑D erfolgte die erste Infusion mit dem Enzym Sebelipase (Kanuma®). Als Enzymersatztherapie reversiert Sebelipase die Cholesterinesterspeicherung. Die rekombinante Sebelipase alfa entspricht dem körpereigenen Enzym, das nicht oder nur unzureichend aktiv ist. Sie reduziert die Lipidakkumulation, indem sie Cholesterinester und Triglyceride in den Lysosomen hydrolysiert. Das Arzneimittel ist seit 2015 zugelassen. Es wird als intravenöse Infusion in dem Dosierungsrahmen von 0,5–2 mg/kgKG alle 2 Wochen über etwa 2 h verabreicht.
Verlauf seither
Seither hat Sara die Infusionen regelmäßig ohne Unterbrechung erhalten. Die Laborparameter haben sich stabilisiert, die Leberfunktionsparameter sind im Referenzbereich, Gesamt- und HDL-Cholesterin nähern sich diesem zunehmend an (Abb. 2 und 3). Die Aktivität der Chitotriosidase im Plasma ist von initial 6600 nmol/h/ml auf rund 1000 nmol/h/ml gesunken (Referenzbereich: 10–167 nmol/h/ml).
Abb. 2
Verlauf Transaminasen. Roter Pfeil Beginn der Enzymersatztherapie
Abb. 3
Verlauf Gesamt- und HDL-Cholesterin. Roter Pfeil Beginn der Enzymersatztherapie
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Die Entwicklung des Kindes und das Gedeihen sind altersentsprechend (Abb. 4), ebenso der familiäre Alltag.
Abb. 4
a Körperlänge, b Gewicht, y‑Achse: cm bzw. kg, x‑Achse: Alter in Jahren
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Infobox 1
Die LAL‑D ist eine Cholesterinesterspeichererkrankung, die in der schweren Form (Morbus Wolman) beim Säugling frühzeitig zum Tod führt, in der milderen Form durch eine Hepato(spleno)megalie mit Hepatopathie (Erhöhung der Transaminasen) und Dyslipidämie auffällt (Erhöhung des Gesamtcholesterins mit erniedrigter HDL-Cholesterin-Konzentration; Abb. 5).
Abb. 5
Lysosomale saure Lipase-Defizienz (LAL‑D). a (Quellen: links: LAL‑D schwere Verlaufsform (aus [1]. rechts: Leberpräparat bei milderer Verlaufsform (Nachdruck aus [2] mit Genehmigung von Elsevier. Referenz 1: [3], Referenz 2: [4], Referenz 3: [5]). b Pathophysiologie von LAL-D – aufgrund des Fehlens der LAL fehlt intracellulär das Signal, dass ausreichend Cholesterin vorhanden ist und die endogene Cholesterinsynthese wird „angekurbelt“ [5]. c Auf LAL‑D hinweisende Laborbefunde aus dem „Routinelabor“ = erhöhte Transaminasen, erhöhte Gesamt-Cholesterin-Konzentration bei niedriger HDL-Cholesterin-Konzentration. Diese Konstellation sollte auch zu einem Ausschluss einer LAL‑D Defizienz führen, die mittels Enzymbestimmung im Trockenblut erfolgen kann
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Die LAL-Defizienz ist eine seltene, autosomal-rezessiv vererbte Cholesterinesterspeichererkrankung. Aufgrund des Enzymmangels können Cholesterinester nicht im Lysosom abgebaut werden. Das dadurch fehlende intrazelluläre HDL-Cholesterin führt zu einer überschießenden endogenen Cholesterinproduktion. Die klinischen Symptome sind eine Hepato(spleno)megalie mit chronischer Leberschädigung, Dyslipidämie mit erhöhtem Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen und Arteriosklerose.
Einhaltung ethischer Richtlinien
Interessenkonflikt
D. Karall gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Für diesen Beitrag wurden von der Autorin keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien. Für Bildmaterial oder anderweitige Angaben innerhalb des Manuskripts, über die Patient/-innen zu identifizieren sind, liegt von ihnen und/oder ihren gesetzlichen Vertretern/Vertreterinnen eine schriftliche Einwilligung vor.
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