Die Haut des Kabeljau hat viele Vorteile für die Wundheilung. So viele, dass der Grazer Chirurg Lars-Peter Kamolz seit Kurzem ein neuartiges Medizinprodukt aus Fischhaut als Wundverband einsetzt. Beileibe nicht die einzige Innovation an der Universitätsklinik für Chirurgie der Med Uni Graz, die Schlagzeilen macht.
Die Haut des isländischen Kabeljaus dient als Wundauflage. Das Besondere an dieser Fischhaut ist, dass das Wasser im Norden Islands so sauber ist, dass im Fisch und seiner Haut kaum Schadstoffe angereichert sind. In den Reinraumlaboren der isländischen Biotech-Firma Kerecis werden die Fischhäute schonend gereinigt und so präpariert, dass sie keimfrei sind. Es entsteht ein steriler Wundverband, der langsam von körpereigenem Gewebe ersetzt wird. Das isländische Produkt kommt nicht nur bei Verbrennungen, sondern auch anderen komplexen Verletzungen wie bei Kriegsopfern aus der Ukraine mit keimbesiedelten, entzündeten Wunden zum Einsatz, um diese für eine spätere Hauttransplantation vorzubereiten.
Kerecis
Der Hörgang ist ausgerückt, um mit dem Verbrennungsspezialisten Kamolz über seine Arbeit zu sprechen, und darüber, was ihn und seine Kollegen von den Schönheitschirurgen unterscheidet.
Ein weiterer Grund für unser Gespräch: Immer mehr Menschen überleben schwere und schwerste Verbrennungen. Lag die 50-Prozent-Überlebenswahrscheinlichkeit in den 1950er- und 1960er-Jahren bei 30 bis 35 Prozent verbrannter Körperoberfläche, so hat man heute selbst bei 80 Prozent verbrannter Körperoberfläche eine fifty-fifty-Chance zu überleben. Warum das so ist liegt an Innovationen wie der Fischhautmatrix und daran, dass Graz neben Wien ein Zentrum für Schwerstbrandverletzte ist.
Prof. Dr. Lars-Peter Kamolz, Leiter der Klinischen Abteilung Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie der Med Uni Graz
Joanneum Research