05.01.2021 | Neurologie
Neuropalliative Care bei Neurofibromatose
Erschienen in: psychopraxis. neuropraxis | Ausgabe 1/2021
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Die Neurofibromatosen Typ 1 und Typ 2 sind eine genetisch, klinisch und pathophysiologisch heterogene Gruppe von hereditären Tumorsyndromen. Aufgrund einer Inzidenz von 1:3000 (NF1, 96 %) bzw. 1:33.000 (NF2, 4 %) gehören sie zu den sogenannten „seltenen Erkrankungen“ mit einem chronisch progredienten Krankheitsverlauf. Die Vererbung erfolgt monogen autosomal-dominant von verschiedenen Tumor-Suppressor-Genen (NF1: Neurofibromin, NF2: Schwannomin). Die Spontanmutationsrate ist hoch (ca. 50 %), genetische Mosaike kommen vor. Auch die Genotyp-Phänotyp-Korrelation ist variabel. Dementsprechend sind der Schweregrad und die Prognose der Erkrankungen sehr unterschiedlich. Aus neuropalliativer Sicht leiden Neurofibromatosepatienten mit einem schweren Verlauf unter sehr großen und/oder bösartigen Tumoren des Nervensystems (Gehirn und Rückenmark, Meningen, Hirnnerven, Spinalwurzeln und periphere Nerven) und auch anderen Organsystemen, angeborenen Fehlbildungen, Knochenveränderungen (z. B. Wirbelsäule, Tibia), Pigmentstörungen, chronischen Schmerzsyndromen, kognitiven Beeinträchtigungen und psychiatrischen Störungen (z. B. Aufmerksamkeitsdefizit‑/Hyperaktivitätsstörung [ADHS], depressive und ängstliche Symptome durch multiple psychosoziale Belastungsfaktoren). Patienten mit einer Neurofibromatose bedürfen daher einer individuellen, ganzheitlichen und interdisziplinären Betreuung in spezialisierten neuroonkologischen Zentren. Dabei stehen die Früherkennung von Krankheitsmanifestationen und Symptomen und die Koordination multidisziplinärer Behandlungsstrategien im Vordergrund. Dadurch sollen eine langfristige Steigerung der individuellen Lebensqualität und eine Reduktion der Mortalität erreicht werden.
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