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Ärzte Woche

03.10.2024

Seit ich deinen Namen kenn ...

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...bist du mir teuer. Keiner weiß, wie die Gletschermumie des Eismannes wirklich geheißen hat. Ötzi jedenfalls nicht. Wie menschliche Überreste sinnvollerweise benannt werden sollen? Dazu gibt es einen neuen Vorschlag.

Ötzi kennt jeder, den Eis-Mann vom Tisenjoch nicht. Dabei handelt es sich um dieselbe Person. Wenn wir heute über die Steinzeit sprechen, stehen meist die Menschen mit ihren persönlichen Geschichten im Vordergrund. Das geht, weil die Archäologie Einblicke liefert, durch welche menschliche Überreste gewissermaßen wieder lebendig werden. „Dennoch bezeichnen Archäologen steinzeitliche Menschenfunde meist nur mit Nummern“, sagt Prof. Dr. Christina Sanchez-Stockhammer, Professorin für Englische und Digitale Sprachwissenschaft an der Technischen Universität Chemnitz.

„Menschen haben aber üblicherweise Namen – das gehört zum Menschsein irgendwie mit dazu“, erläutert die Sprachwissenschaftlerin. Die früheren Namen von Skeletten und Mumien aus der Steinzeit seien jedoch nicht überliefert, da es aus dieser Zeit keine Schrift gibt.

Wäre es in diesem Fall sinnvoll, einen Personennamen zusätzlich zur Fundnummer zu geben? Und wenn ja, welchen? Das wollten Sanchez-Stockhammer sowie eine Kollegin und ein Kollege aus der Archäologie herausfinden und führten eine breit angelegte Online-Umfrage durch, für die sie Menschen unterschiedlichen Alters und Hintergrunds befragten. „Je etwa zwei Drittel der 319 Befragten fanden das bisherige System zwar gut, waren aber sogar noch ein bisschen mehr dafür, Namen zu vergeben“, führt Prof. Dr. Philipp W. Stockhammer, Professor für Prähistorische Archäologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München, aus.

Im Deutschen folgen bereits verwendete Namen für frühe Menschenfunde wie „Ippsi“ oder „Kilti“ oft dem Muster des berühmten Gletschermanns Ötzi. „Solche verniedlichenden Formen auf Grundlage der ersten Silbe des Fundortnamens lehnten viele unserer Befragten jedoch als respektlos ab“, sagt Dr. Kerstin P. Hofmann, Erste Direktorin der Römisch-Germanischen Kommission des Deutschen Archäologischen Instituts in Frankfurt am Main. Auch stößt das „Ötzi-Prinzip“ an seine Grenzen, wenn am selben Ort Namen für mehrere steinzeitliche Personenfunde benötigt werden. „Da haben wir ein umfassenderes System entwickelt und beispielsweise die erste Silbe des Fundortnamens ‚Haunstetten‘ mit verschiedenen Namensendungen kombiniert“, berichtet Sanchez-Stockhammer. Das Ergebnis sind in diesem Fall Namen wie „Hauna“, „Haunrid“, „Haunika“.

Keltische Namen gefällig?

Die Namenlosigkeit endet in der Antike. Die noch bis November laufende Kelten-Ausstellung in Mistelbach bietet eine Auswahl der wenigen bekannten Namen der Eisenzeit. Asterix der Gallier oder Schnäuzelchen (Kosename von Majestix) oder Minchen (Gutemine) sind nicht darunter. Und die häufige Endung -rix bedeutet das gleiche wie das Lateinische „rex“, erfährt man dort.

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Titel
Seit ich deinen Namen kenn ...
Publikationsdatum
03.10.2024
Zeitung
Ärzte Woche
Ausgabe 42/2024