Gesunde Vorhaben im Jahr der Schlange.
Thomas Kainrath
Was war es denn diesmal? Mit dem Rauchen aufzuhören? Gesünder zu essen? Sich mehr zu bewegen? Weniger zu arbeiten? Überhaupt zu arbeiten? Oder mehr buddhistische Gelassenheit an den Tag zu legen, dass es egal ist, ob man nun zu viel oder zu wenig arbeitet, sofern man pro Woche drei Kilo abspeckt.
40 Prozent aller Menschen starten mit guten Vorsätzen ins neue Jahr. Eine Zahl, von der Parteien am Wahltag nur träumen können. Insofern wäre es vermutlich klug, eine politische Bewegung zu gründen, in der sich all jene Menschen, die einen Vorsatz gefasst haben, gut aufgehoben fühlen. Ich würde sie wählen, die „Vorsätzlichen“, deren Programm darin besteht, Schuldige zu finden, die dafür verantwortlich sind, dass die Vorsätze auch dieses Jahr nicht geklappt haben.
Vor Kurzem hat auch das Chinesische Neujahr begonnen, zu einer Zeit, da wir hierzulande die meisten Vorsätze schon in den Wind geschossen haben. 2025 wird übrigens das „Jahr der Schlange“ begangen. Ein Tierkreiszeichen, das als Symbol für Weisheit gilt. Und die Symbolik erschließt sich sofort: Denn für viele stellt das neue Jahr eine beliebte Zäsur dar, wo man das Alte, wie eine Schlangenhaut, abstreifen und zurücklassen kann, um neu zu beginnen. Schlangen haben allerdings den Vorteil, dass sie sich alle paar Monate häuten und damit jedes Mal aufs Neue den Beschluss fassen können, die Beute im nächsten Quartal nicht mehr so hinunterzuschlingen. Unsere neue 2025-Haut ist hingegen bereits jetzt verraucht, verstresst und vercholesterint, obwohl das Jahr noch gar nicht so richtig losgelegt hat.
Bevor Sie sich nun, ob Ihrer butterweichen Willensstärke, schämen, werfen Sie einen Blick auf die Statistik, die zeigt: Sie sind damit in guter Gesellschaft. Laut einer rezenten Umfrage scheitert mehr als die Hälfte aller Vorhaben bis zum 31. Jänner. Bei drei Prozent werden die Vorsätze bereits nach wenigen Stunden gebrochen.
Dabei ist es keine mangelnde Disziplin, sondern eine kapitale Fehleinschätzung der Situation. Denn wenn es um Gewohnheiten geht, haben Gedanken keine große Macht. Und gerade deshalb sind Gewohnheiten sonst so überaus praktisch: Wir müssen uns keine Gedanken darüber machen, abends die Zähne zu putzen, beim Linksabbiegen zu blinken oder aus Gewohnheit ein Päckchen Chips zu den Nachrichten zu knabbern. Ja, wir müssen uns nicht einmal dazu überwinden. Das sind Automatismen, die uns helfen, das Gehirn für andere Dinge frei zu bekommen, statt ständig mit dem Zahnarzt, dem Polizisten oder unserem Gewissen zu hadern.
So werde ich meinen lieb gewonnenen Keks zum Kaffee gegen ein paar Leinsamen tauschen. Und ich werde Ihnen berichten, ob das in diesem Leben noch einmal zur lieben Gewohnheit geworden oder mir der neu gelernte Automatismus bereits nach einem Tag auf den Keks gegangen ist (den ich dummerweise zuvor bereits gegen Leinsamen eingetauscht habe). So leicht wie eine Schlange kann ich dann doch aus meiner Haut nicht raus.