01.12.2014 | originalarbeit
„Wie träumen, wenn ich nachts nicht schlafen kann?“ Zur aktuellen Bedeutung der Träume für die Praxis der Psychoanalyse
Erschienen in: Psychotherapie Forum | Ausgabe 3-4/2014
Einloggen, um Zugang zu erhaltenZusammenfassung
Ein gegenüber der freudschen Tradition anderer und häufig auch verminderter Umgang mit Träumen in der klinischen Arbeit innerhalb des psychoanalytischen Mainstreams ist schon seit längerer Zeit zu beobachten. Dafür sind sowohl fachinterne als auch externe Faktoren verantwortlich zu machen. In Zusammenhang mit einem allgemeinen Mentalitätswandel unter den Bedingungen einer auf Genießen ausgerichteten materialistisch-kapitalistischen Gesellschaftsordnung und unter dem Einfluss von aktuellen biologistisch orientierten Wissenschaftsparadigmen (Stichwort: Neurowissenschaften) ist es zu einer Schwerpunktverschiebung vom Traum zum Träumen und damit von der Trauminterpretation zur naturwissenschaftlichen Traumforschung als neuronalem Verrechnungsvorgang gekommen, was auch das psychoanalytische Dispositiv mit seinem spezifischen Diskurs nicht unbeeinflusst gelassen hat. Die Gegenbewegung einer psychologisch-empirischen Traumforschung hat allerdings dazu geführt, dass im psychoanalytischen Therapiekontext der Traum den Status eines Königsweges zum Unbewussten verloren hat und dass er weniger als ein zu deutender Text, sondern vielmehr als Beziehungsdefinition zwischen Analytiker und Analysiertem innerhalb eines intersubjektivistischen Übertragungskonzepts betrachtet wird. Damit werden ich-psychologische Positionen neu besetzt, die analog zur Traumforschung unter szientistischen Laborbedingungen den grundsätzlich irrationalen und enigmatischen Traum „entzaubern“ und danach trachten, das spontane Traumgeschehen einer bewussten Manipulation zu unterziehen. Mit Lacans Programm einer Rückbesinnung auf Freud und auf die Quellen der Psychoanalyse wird hingegen ein Umgang mit dem Traum gefördert, der ihm zum Wohle der Behandlung wieder eine privilegierte Position innerhalb des analytischen Materials zuweist und bei dessen Interpretation die Signifikantenfunktion der Traumelemente stärkere Beachtung findet.
Anzeige