01.06.2023 | Kardiologie | AKTUELL
Pflegeambulanz nach Herzinfarkt
Die Spezialambulanz am AKH Wien/Klinische Abteilung für Kardiologie bietet Raum und Zeit für die umfassende Beratung, um Folgeereignisse zu vermeiden.
Erschienen in: PRO CARE | Ausgabe 5/2023
Hong Qin ist Pflegeexpertin der Pflegeambulanz Kardiologie und Initiatorin der Spezialambulanz.
Photo: © MedUniWien/AKH Wien
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Obwohl moderne interventionelle Behandlungen die Sterblichkeit aufgrund koronarer Herzkrankheit reduziert haben, zählt die Erkrankung weltweit zu den häufigsten Todesursachen. Laut Statistik Austria verursachten Herzinfarkt und instabile Angina Pectoris 2021 etwa 12.500 Sterbefälle in Österreich. Das kardiovaskuläre Risiko von Patientinnen und Patienten nach einem akuten Koronarsyndrom ist weiterhin hoch, wenn die notwendigen Präventionsmaßnahmen im Alltag nicht umgesetzt werden, wie Prof. Dr. Walter Speidl von der Klinischen Abteilung für Kardiologie von AKH Wien und MedUni Wien berichtet.
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Die neue Spezialambulanz bietet nun den Rahmen, um Patientinnen und Patienten verstärkt über die Bedeutung von Maßnahmen zur Sekundärprävention nach einem akuten Koronarsyndrom für den Therapieerfolg zu informieren. Gleichzeitig werden sie beraten, wie sie diese dauerhaft in ihrem Alltag integrieren können. „Die neu etablierte Pflegeambulanz zielt darauf ab, die Selbstmanagementkompetenz der Patientinnen und Patienten zu fördern und den Therapieerfolg zu verbessern, indem der Lebensstil reflektiert wird und die Bereitschaft zur Teilnahme an einer kardiologischen Rehabilitation sowie das Einhalten der medikamentösen Therapie gesteigert wird“, so Hong Qin, Pflegeexpertin der Pflegeambulanz Kardiologie und Initiatorin der Spezialambulanz. Die Leistungen der Pflegeambulanz Kardiologie stehen Patientinnen und Patienten zur Verfügung, die am Universitätsklinikum AKH Wien stationär behandelt werden. Auf Wunsch können auch deren Bezugspersonen das Angebot in Anspruch nehen. Die Beratungsgespräche erfolgen vor der Entlassung und können auch nach der Entlassung telephonisch oder im Rahmen eines Ambulanzbesuches fortgesetzt werden.
Patientinnen und Patienten werden unmittelbar nach dem akuten kardialen Ereignis in Einzelgesprächen umfassend über die Funktion des Herzens und die Einnahme der Medikamente informiert. Bei Bedarf werden sie darin geschult, wie sie ihren Blutdruck selbst messen und sich subkutane Injektionen verabreichen können. Auch über weiterführende Behandlungen und Therapien nach der Entlassung werden die Patientinnen und Patienten beraten. Bei Bedarf unterstützen die Pflegeexpertinnen und -experten bei Terminvereinbarungen und Zuweisungen zu weiteren Einrichtungen sowie zu einem Rehabilitationsaufenthalt. Ein Thema ist auch der persönliche Beitrag des Patienten und der Patientin zum Therapieerfolg durch gesundheitsförderndes Verhalten im Alltag wie regelmäßige körperliche Aktivität, gesunde Ernährung und den Verzicht auf Nikotin und Alkohol.
„Nach einem plötzlich auftretenden lebensbedrohlichen Ereignis wie einem Herzinfarkt befinden sich Patientinnen und Patienten oftmals in einem Schockzustand. Überforderung mit der Situation, Unsicherheit und Angst, dass sich das Ereignis wiederholen könnte, sind zu beobachten. Aber auch eine fehlende Krankheitseinsicht hemmt bei manchen Patientinnen und Patienten die weitere Therapie“, so Qin. Die Pflegeambulanz bietet Betroffenen einen Rahmen, in dem auf Fragen und Unsicherheiten individuell eingegangen wird und die Stärkung der Gesundheitskompetenz unmittelbar nach einem akuten kardialen Ereignis möglich ist.
Die Etablierung der Pflegeambulanz Kardiologie geht auf das Projekt „Kardiologisches Beratungsgespräch — Pflege für Patientinnen und Patienten und Angehörige“ zurück, das 2018 an der Klinischen Abteilung für Kardiologie von AKH Wien und MedUni Wien etabliert und im Zeitraum von Ende April 2019 bis September 2020 evaluiert wurde. Die im Fachjournal HeilberufeScience von Springer publizierten Ergebnisse zeigten, dass Patientinnen und Patienten das Angebot, im geschützten Setting eines Einzelgesprächs von Pflegeexpertinnen und -experten informiert und beraten zu werden, annehmen und das Kardiologische Beratungsgespräch zum Therapieerfolg und zur Stärkung der Krankheitsbewältigung beitragen kann.
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