Sextoys gibt es heutzutage in allen Formen, Farben und unterschiedlichen Oberflächen.
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Sextoys spenden Lust, doch ist ihr Gebrauch auch mit Risiken behaftet. Dazu zählen Weichmacher in Dildos ebenso wie der unsichere Datentransfer ferngesteuerter Vibratoren.
Die Medizinische Kontinenzgesellschaft Österreich (MKÖ) widmet sich in erster Linie Tabuthemen, etwa dem unwillkürlichen Verlust von Harn und Stuhl oder chronischen Schmerzen. Auch Sexualstörungen haben einen festen Platz in den wissenschaftlichen Programmen der MKÖ. Unter dem Titel „Sextoys: the good, the bad and the ugly“ beleuchtete ein gut besuchtes Seminar auf der MKÖ-Tagung 2018 die Risiken der Sexspielzeuge.
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Sicherheit
Sextoys unterliegen nicht den strengeren Vorschriften für Medizinprodukte. So können manche Fabrikate z. B. Weichmacher für Kunststoffe (Phthalate) enthalten, die mit dem Hormonhaushalt interferieren könnten – solche Substanzen sind beispielsweise bei Kinderspielzeug verboten. Bei elektrisch betriebenen Geräten ist die Gefahr von Stromstößen oder Problemen durch defekte Batterien gegeben. Fragen nach der Widerstandsfähigkeit der Produkte bei Kontakt mit Gleit-, Reinigungs- oder Desinfektionsmitteln sowie nach der Beschaffenheit der Oberflächen – glatt, rissig oder beschädigt – sind für eine sichere Anwendung essenziell. Bei der Mitnahme von Sextoys auf Reisen ist zu beachten, dass es Länder gibt, in denen solche Spielzeuge gesetzliche verboten sind und deren Besitz mit teilweise beträchtlichen Strafen bedroht ist, etwa in Indien, Malaysia, Japan und einigen Bundesstaaten der USA.
Infektionen
Prinzipiell sind bei der Verwendung von Sextoys Infektionsrisiken wie bei jeder penetrativen sexuellen Aktivität nicht auszuschließen. Glatte, widerstandsfähige Oberflächen, etwa aus gehärtetem Glas oder Kunststoff, sind leicht zu reinigen, zu desinfizieren und notfalls auch zu sterilisieren. Bei raueren und weicheren Materialien ist jedoch Vorsicht geboten. Auf der sicheren Seite ist man jedenfalls, wenn man auch bei Dildos und Vibratoren Kondome verwendet. Bislang sind in der Literatur, jenseits der gängigen sexuell übertragbaren Erkrankungen – Herpes, Syphilis, Chlamydien, Gonorrhö und Pilzinfektionen, aber auch HIV und Hepatitis – keine Übertragungsrisiken mit anderen Erregern bekannt. Es ist aber vernünftig, die Empfehlungen für „safer sex“ auch auf den Bereich der Sextoys auszuweiten, besonders, wenn diese gemeinsam mit anderen Personen verwendet werden.
Verletzungen
Abhängig von der Bauweise der verschiedenen Produkte, hat das Risiko von Verletzungen eine breite Palette. Wiewohl man annehmen sollte, dass der gesunde Menschenverstand hilfreich genug wäre, um die gröbsten Unfälle zu verhindern, ist dieser durch die Hitze sexueller Erregung manchmal limitiert. Am gefährlichsten dürfte es sein, wenn mit völlig ungeeigneten, weil zweckentfremdeten Gegenständen, z. B. Spraydosen, hantiert wird. Wenn jene dann mit dem Deckel zuerst eingeführt werden, kann dieser mit seinen scharfen Kanten in einem Hohlorgan verbleiben und einigen Schaden anrichten, v. a. wenn aus Schamgefühl erst spät ärztliche Hilfe gesucht wird. Im Seminar wurde von Frauen erzählt, die sich auf Basis derartiger Verletzungen rektovaginale Fisteln zuzogen. Aber auch mit an sich geeigneten Sextoys muss man vorsichtig sein, besonders bei der Erstanwendung.
„Lost devices“
Einen Spezialfall stellen transanal verwendete Geräte dar. Haben diese mit ihrem größten Umfang einmal den Analkanal nach oben passiert, können sie nur mehr schwer ohne ärztliche Hilfe geborgen werden. Auch hier gilt, dass die Folgen mitunter gravierender ausfallen, wenn Alltagsgegenstände – etwa Glasflaschen, schlanke Vasen, Spraydosen u. a. – zur Verwendung kommen (Abb. 2). Es wurde aus der abdominalchirurgischen Praxis von Fällen berichtet, in denen eine endoskopische Bergung unmöglich war und diese durch Öffnung des Darms von abdominal her erfolgen musste.
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Abb. 2: Spraydose im Rektum. Die Bergung des Objekts erforderte eine Laparotomie.
M.Wunderlich
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Privatsphäre
Die Raffinesse moderner Sextoys wird immer größer, und viele der elektrisch betriebenen vibrierenden, pulsierenden und neuerdings auch streichelnden Geräte lassen unterschiedliche, persönlich festlegbare Programmierungen dieser speziellen Eigenschaften zu. Die Steuerung erfolgt zunehmend über das Smartphone, was für Anwendende praktisch und die Industrie nützlich ist. Denn über den Datenstrom der Nutzer wird offensichtlich, was Kunden gerne haben und was weniger. Der Schutz dieser Daten ist jedoch nicht immer gewährleistet, das Risiko besteht, dass unerwünschte Informationen in falsche Hände gelangen.
Tipps für Anwender:
Am besten ist es, ein Sextoy neu zu kaufen, sich darüber vor Gebrauch genauestens zu informieren (Handhabung, Reinigung, Wartung) und bei der Erstanwendung vorsichtig zu sein.
Bei Verwendung von penetrativen Sextoys und solchen mit rauer Oberfläche (besonders bei Benutzung gemeinsam mit anderen) ist man mit Kondomen auf der sicheren Seite.
Sextoys sollte man vor der Anwendung genau auf Oberflächenbeschaffenheit und Defekte überprüfen.
Für die anale Anwendung gibt es Sexspielzeuge mit einem Fortsatz, der das unbeabsichtigte Hochrutschen ins Rektum verhindert.
Vor dem Kauf von Sextoys ist eine professionelle Beratung angezeigt. Dies sollte Betroffenen im Rahmen der Konsultation unbedingt empfohlen werden.
Prof. Dr. Engelbert Hanzal ist Mitarbeiter des Kontinenz- und Beckenbodenzentrums (Klinische Abteilung für Allgemeine Gynäkologie und Gynäkologische Onkologie) sowie Oberarzt an der Universitätsklinik für Frauenheilkunde der MedUni Wien.
Sexualberaterin Martina Signer und Engelbert Hanzal beim Seminar über Sextoys auf der Jahrestagung der Medizinischen Gesellschaft für Kontinenzhilfe 2018 in Linz.
Die weibliche Sexualität ist dem Manne seit jeher ein Rätsel. Ihre Lust deutete er lange als Hysterie, die Ärzte durch spezielle Massagen kurierten. Bis es einem zu viel wurde und er den Vibrator erfand.
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