01.09.2023 | PFLEGE & WISSENSCHAFT
Cochrane Pflege Forum
Spülung/Block von vollständig implantierten Gefäßkathetern mit 0,9% NaCI oder Heparin: Einfluss auf die Katheterokklusion
Erschienen in: PRO CARE | Ausgabe 6-7/2023
Bei Patientinnen und Patienten mit bösartigen Tumorerkrankungen werden im Rahmen der Therapie häufig vollständig implantierte Gefäßkatheter eingesetzt. Diese ermöglichen einerseits die Verabreichung von Zytostatika, Analgetika sowie parenteraler Ernährung, andererseits bleiben den Betroffenen vielfache Gefäßpunktionen erspart, was zu einer hohen Akzeptanz der Portsysteme führt. Das Katheter-Management zielt darauf ab, die Funktionsfähigkeit des Katheters langfristig sicher zu stellen. Daher ist neben den hygienischen Aspekten besonders auf die Durchgängigkeit des Systems zu achten. Als häufigste nicht infektiöse Komplikation wird eine Okklusion des Katheters beschrieben. Davon betroffen sind etwa 25 Prozent aller Portsysteme. Unterschieden wird hierbei zwischen einem teilweisen und vollständigen Katheterverschluss. Um eine Okklusion zu vermeiden, werden die Katheter gespült/geblockt. Hier kommen neben physiologischer Kochsalzlösung (0,9 % NaCl) auch Lösungen mit Heparin zum Einsatz (1, 2, 3).
Photo: © Darko Novakovic/drx — Fotolia
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Eine beschleunigt erstellte Evidenzsynthese (Rapid Review) bildet die Grundlage und beschäftigt sich mit der Fragestellung ob bei Patientinnen und Patienten mit onkologischen Erkrankungen ohne aktive Zytostatika-Therapie die Spülung/der Block des vollständig implantierten Gefäßzugangs mit physiologischer Kochsalzlösung zu einer häufigeren Okklusion des Gefäßzugangs im Vergleich zum Block mit Heparinlösung führt.
Als Basis wurde eine systematische Literaturrecherche in den Datenbanken/Suchoberflächen CINAHL via EBSCO, JBI EBP Database, Ovid MEDLINE® und Cochrane Library durchgeführt. Berücksichtigt wurden alle Studien in Englisch und Deutsch, die bis zum 10. November 2022 gefunden wurden. Die Studien schlossen erwachsene Personen mit onkologischen Erkrankungen ohne aktive Zytostatika-Therapie im Setting Krankenhaus mit ein. Intervention war die Spülung/der Block des vollständig implantierten Gefäßzugangs mit physiologischer Kochsalzlösung versus Block mit Heparinlösung. Als Endpunkt wurde die teilweise oder komplette Okklusion des vollständig implantierten Gefäßzugangs festgelegt.
In dem vorliegenden Rapid Review konnten zwei relevante randomisiert-kontrollierte Studien (RCTs) miteinbezogen werden. Diese schlossen insgesamt 1.232 Patientinnen und Patienten auf Abteilungen für Onkologie in Italien und Belgien ein. Das Durchschnittsalter der untersuchten Personen lag zwischen 55 und 58 Jahren. In den Studien wurde die Spülung/der Block von vollständig implantierten Gefäßkathetern mit physiologischer Kochsalzlösung im Vergleich zu Heparinlösungen bei onkologischen Patientinnen und Patienten untersucht. Die Studien unterscheiden sich vor allem in Bezug auf Spülintervalle, Heparin-Dosierung und Untersuchungsdauer. Eine teilweise Okklusion des Katheters wurde definiert als Möglichkeit, Flüssigkeiten leicht/frei zu injizieren, aber kein Blut aspirieren zu können. Bei einem vollständigen Verschluss war weder die Spülung noch die Aspiration möglich (4, 5).
Teilweise Okklusion. Die beiden RCTs untersuchten die Spülung/den Block vollständig implantierter Gefäßkatheter mit physiologischer Kochsalzlösung im Vergleich zur Spülung mit 0,9 % NaCl und Block mit einer Heparinlösung. In beiden Studien zeigt sich kein eindeutiger Vorteil für eine der verwendeten Flüssigkeiten. Unsere Metaanalyse der zwei Studien zeigte bei Spülung/Block mit physiologischer Kochsalzlösung bei 14,9 Prozent (92 von 617 Patientinnen und Patienten) eine teilweise Katheter-Okklusion, bei der Spülung mit 0,9 % NaCl und Block mit Heparinlösung entstand diese bei 13,5 Prozent (83 von 615 Patientinnen und Patienten) binnen 180 beziehungsweise 252 Tagen. Das Ergebnis ist allerdings nicht präzise und statistisch nicht signifikant (4, 5).
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Vollständige Okklusion. In einer Studie wurde eine vollständige Okklusion berichtet. Bei der Spülung/dem Block mit physiologischer Kochsalzlösung entwickelte eine Person von 213 eine vollständige Okklusion. Der vollständige Verschluss trat am 22. Tag nach der Implantation auf (4). In der Gruppe mit Heparinlösung entwickelte keine und keiner von 217 Patientinnen und Patienten einen vollständigen Katheter-Verschluss.
Die Studienergebnisse zeigen keinen wesentlichen Unterschied bei der Anwendung Spülung/Block mit physiologischer Kochsalzlösung versus Spülung mit 0,9 % NaCl und Block mit Heparinlösung im Hinblick auf die Entstehung einer Katheter-Okklusion bei vollständig implantierten Gefäßkathetern im onkologischen Setting. Aufgrund von Verzerrungen in der Berichterstattung sowie der fehlenden Verblindung ist die Aussagekraft der Studien eingeschränkt, das Vertrauen in das Ergebnis ist moderat. Es ist davon auszugehen, dass zukünftige gut durchgeführte Studien die vorliegenden Einschätzungen der Intervention beeinflussen werden.
Das „Cochrane Pflege Forum“ ist eine Serie in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Cochrane Zentrum und dem Cochrane Zentrum Österreich. Es zeigt in regelmäßigen Abständen den aktuellen Stand der Forschung in Form von Zusammenfassungen von Cochrane Reviews auf. Dabei werden unterschiedliche pflegerische Themen aufgegriffen. Ziel der Serie ist es, den Pflegekräften Forschungsergebnisse schneller und direkter zur Verfügung zu stellen.
Magdalena Wurm, BScN, DPGKP an der Onkologie/Interne am Ordensklinikum Linz (bis April 2023) bzw. aktuell im Forensisch-therapeutischen Zentrum Asten (Justizanstalt Asten). Masterstudentin Advanced Nursing Practice, IMC Fachhochschule Krems
In der knapp zweijährigen Beschäftigung auf einer onkologischen Station und dem gehäuften Umgang mit implantierten Gefäßkathetern, wie zum Beispiel Port-a-Caths und PICC Lines, konnten keine gravierenden Okklusionen bemerkt werden.
Der pflegerische Standard zum Handling und dem Erhalt der Durchgängigkeit der Gefäßsysteme sah eine Spülung bzw. Block mit 0,9% NaCl vor. Auch bei der intravenösen Verabreichung von z. B. parentaler Ernährung, Blutprodukten oder nach der venösen Blutabnahme wurde nur mit 0,9% NaCl gespült/geblockt, in diesem Fall mit 20ml 0,9% NaCl. Im Einzelfall wurde bei einem Verdacht auf eine Okklusion zuerst die Nadelgröße der verwendeten Portnadel kontrolliert und im Bedarfsfall erneuert, danach mit Vitamin-C-Lösung oder selten mit Heparin geblockt.
Die Resultate des Rapid Reviews können nachvollzogen werden und spiegelten sich auch so im Stationsalltag wider. Der Bedarf an neuen Studien kann unterstrichen werden, da es oftmals Unstimmigkeiten in der Kollegenschaft gab — so riefen unter anderem Kolleginnen und Kollegen anderer Fachabteilungen an, um zu erfragen, ob der Hausstandard einen Heparinblock beim Entfernen der Portnadel vorsieht und nach Auskunft über den Standard dieser oftmals hinterfragt wurde, da viele Kolleginnen und Kollegen davon ausgingen, dass Heparin ein „Wundermittel“ in Bezug auf das Vermeiden von Okklusionen sei.